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Gaza: Nirgendwo ist man sicher – und nirgendwo kann man hin

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Gaza: Seit der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten am 1. Dezember sind Berichten zufolge 700 Palästinenser getötet worden. Genf (IPS). Der siebentägige Waffenstillstand brachte eine Atempause; die Geiseln wurden mit ihren Familien […]

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Wasser in 2023: „Europa ist keine Insel der Seligen“

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Wasser: 2,2 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Auch Dürren und Überschwemmungen zeigen, wie sehr Wasser zum wichtigen Faktor der Weltpolitik geworden ist. (KNA). Wasser ist in diesem […]

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Hunger auf Rohstoffe. China weitet Beziehungen zu Taliban aus

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China ist eines der wenigen Länder, das seine Beziehungen zur Talibanregierung in Afghanist an ausbauen will. Es hofft, die riesigen natürlichen Ressourcen besser nutzen zu können und gleichzeitig seine eigene […]

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Baerbock reist in den Irak – Bagdad: Energie und Investitionen Thema

Baerbock Diplomatie Irak

Der Irak will aus der politischen und wirtschaftlichen Krise kommen. Nun besucht Außenministerin Baerbock das Land. Auch die Verbrechen der Terrormiliz IS/Daesh dürften Thema sein.

Bagdad (dpa/iz). Außenministerin Annalena Baerbock reist an diesem Dienstag in den Irak. Nach Angaben des irakischen Außenministeriums wird sich die Grünen-Politikerin in der Hauptstadt Bagdad mit Ministerpräsident Mohammed Schia al-Sudani sowie ihrem Kollegen Fuad Hussein treffen. Deutschland und der Irak wollten bei dem Besuch ihre bilateralen Beziehungen stärken und eine intensivere Zusammenarbeit in den Bereichen Energie und Investitionen erörtern, hieß es in Bagdad weiter. Das Auswärtige Amt in Berlin wollte sich dazu zunächst nicht äußern.

Baerbock in Bagdad

Nach Jahren des Krieges gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) steht Iraks neuer Regierungschef Al-Sudani unter Druck, sein Land aus einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise zu führen. Im Irak leben rund 30 Prozent der Menschen in Armut, seit 2019 kommt es immer wieder zu Massenprotesten im Land.

Die CDU-nahe Konrad Adenauer-Stiftung bescheinigt Al-Sudani in ihrem jüngsten Länderbericht von Anfang März eine gemischte Bilanz nach 100 Tagen im Amt. „Dem geschickten und gekonnten Navigieren (…) durch die Untiefen der irakischen Politik“ stünden wenige Ergebnisse seines innenpolitischen Reformkurses entgegen. Außenpolitisch positioniere sich der Irak mit einem neutralen Kurs, der eine Diversifizierung seiner Beziehungen und eine Annäherung an europäische Staaten einschließe, allen voran Deutschland und Frankreich.

Bundestagssitzung am 8. Dezember zur Wahl und Vereidigung des Bundeskanzlers. (Foto: Deutscher Bundestag, Tobias Koch)

Al-Sudani war im Januar bei Scholz

Regierungschef Al-Sudani hatte im Januar in Berlin seinen Antrittsbesuch bei Kanzler Olaf Scholz (SPD) absolviert, nachdem er im Oktober nach monatelangen Machtkämpfen eine Regierung gebildet hatte. Scholz machte sich damals auf der Suche nach Ersatz für russisches Gas für eine Energiepartnerschaft mit dem Irak stark.

Kaum ein Land ist so abhängig von Öleinnahmen wie der Irak. Das Land ist nach Angaben der Internationalen Energieagentur fünftgrößter Erdölproduzent. Über ein 2022 eröffnetes LNG-Terminal exportiert Irak auch Gas. Zugleich leidet das Land unter einer notorisch schlechten Stromversorgung mit häufigen Ausfällen. Diese sind neben der schlechten Wirtschaftslage und Korruption einer der Gründe für die Massenproteste, die den Irak seit 2019 in Wellen erschütterten.

Nachdem sich der Irak in der UN-Generalversammlung bei der ersten Resolution zur Verurteilung des russischen Einmarsches in die Ukraine im März 2022 noch enthalten hatte, stimmte Bagdad entsprechenden UN-Resolutionen im Oktober und Ende Februar zu.

Foto: Bundeswehr, Sebastian Wilke

Bundeswehr unterstützt Irak im Kampf gegen Terrormiliz IS

Die Terrormiliz IS kontrollierte noch vor einigen Jahren große Gebiete im Irak und in Syrien. Die Dschihadisten sind zwar mittlerweile militärisch besiegt, IS-Zellen sind im Irak und in Syrien aber weiter aktiv und verüben Anschläge. Der sunnitische IS betrachtet Schiiten als Abtrünnige und verübt immer wieder Anschläge auch auf Angehörige dieser Richtung des Islams. Deutsche Soldaten unterstützen den Irak im Kampf gegen den IS.

Als die IS-Dschihadisten 2014 die Region um das Sindschar-Gebirge im Nordirak überrannten, töteten und verschleppten sie Tausende Menschen. Viele Frauen wurden versklavt. Die Vereinten Nationen sprachen von Völkermord an der ethnisch-religiösen Minderheit der dort lebenden Jesiden. Kurdische Kämpfer vertrieben den IS schließlich aus der Region. Der Bundestag erkannte die Verbrechen des IS im Januar offiziell als Völkermord an.

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Peking ist vorsichtig: Taliban setzen voll auf Hilfe aus China

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Die Taliban sprechen von ihren „Freunden“ in China, die Afghanistan wiederaufbauen wollten. Zwar tritt Peking in das Machtvakuum, das die USA hinterlassen haben. Aber Investitionen erfordern Sicherheit. So ist China vorsichtig. Kann es den Taliban überhaupt trauen? Von Andreas Landwehr

Peking (dpa/iz). Die Hoffnungen der Taliban auf baldige wirtschaftliche Hilfe aus China zum Wiederaufbau Afghanistans könnten enttäuscht werden. Nach ihrer Machtübernahme in Kabul setzen die Militanten auf den großen Nachbarn, der die „Gotteskrieger“ schon früh als die neuen Herrscher des Landes diplomatisch aufgewertet hatte. „China ist unser wichtigster Partner und bedeutet für uns eine grundlegende und außergewöhnliche Chance, denn es ist bereit, zu investieren und unser Land neu aufzubauen“, sagte ihr Sprecher Sabiullah Mudschahid der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“.

Mit Chinas Hilfe planen die Taliban ein Comeback des schwer angeschlagenen Afghanistans. In dem Land gebe es „reiche Kupferminen, die dank der Chinesen wieder in Betrieb genommen und modernisiert werden können“, sagte der Sprecher. Der Wert der Bodenschätze in Afghanistan wird tatsächlich auf eine Billion US-Dollar geschätzt. Nur fehlt es an Investitionen und Infrastruktur, um den Reichtum auch zu bergen – vor allem aber mangelt es an der nötigen Sicherheit.

Erstmal verspricht Peking nur humanitäre Nothilfe und Impfstoffe gegen die Pandemie in einem Wert von 200 Millionen Yuan, umgerechnet 26 Millionen Euro. China ist diplomatisch aktiv, das von den USA nach ihrem Rückzug hinterlassene Machtvakuum auszufüllen. Außenminister Wang Yi spricht mit den Nachbarländern. Afghanistan ist am Donnerstag auch wichtiges Thema des Brics-Gipfels mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, Russlands Wladimir Putin und den anderen Staats- und Regierungschefs aus Indien, Brasilien und Südafrika.

Die Erwartungen der Taliban, China könnte den Wiederaufbau maßgeblich mitfinanzieren, wirken aber unrealistisch. So hat Peking die Milliardeninvestitionen in seine Infrastrukturinitiative der „Neuen Seidenstraße“ (Belt and Road Initiative) zum Aufbau neuer Handelswege schon heruntergefahren. Auch verweisen Experten in China auf die schlechte Sicherheitslage in Afghanistan und beäugen die Taliban misstrauisch.

Selbst früher, vor dem Ausbruch der Pandemie, als die Lage vergleichsweise stabil war, gab es keine größeren Investitionen Chinas. Zwei große chinesische Projekte in Afghanistan sind schon damals nicht ans Laufen gekommen. So erhielt 2008 ein Unternehmen aus China einen auf drei Milliarden US-Dollar geschätzten Zuschlag für die Entwicklung einer der größten Kupferlagerstätten weltweit in Mes Aynak. Und 2011 wollte ein chinesischer Konzern die Ölfelder am nördlichen Grenzfluss Amudarja erschließen. Nichts ist passiert.

„Deswegen denke ich, dass China gerade jetzt, wo es nicht nur potenziell, sondern tatsächlich Instabilität in fast allen Bereichen in Afghanistan gibt, nicht viel investieren wird“, sagt Professor Shi Yinhong von der Pekinger Volksuniversität. „Afghanistan hat jetzt drastische Veränderungen durchgemacht“, sagt der Experte. „Es gibt weder angemessene Sicherheit, noch lässt sich über nachweisliche und vergleichsweise langfristige, vernünftige Stabilität sprechen.“

Schon im befreundeten Pakistan, wo China im Rahmen der „Seidenstraße“ rund 60 Milliarden US-Dollar in Infrastruktur für den China-Pakistan Wirtschaftskorridor investiert hat, gebe es „feindliche Kräfte“, die chinesische Unternehmen und Personal attackiert haben, hebt der Professor hervor. Auch die Taliban an sich seien „komplex“, sagt Shi Yinhong auf eine Frage nach rivalisierenden Gruppen.

Ob China den Taliban überhaupt trauen kann? „Die chinesische Regierung hofft darauf, aber sie ist nicht naiv“, sagt der Professor. So haben die neuen Herrscher in Kabul versprochen, niemandem zu erlauben, vom Boden Afghanistans aus chinesische Interessen zu gefährden. Gemeint sind Extremisten und Unabhängigkeitskräfte, die China in seiner angrenzenden Region Xinjiang fürchtet – dem ehemaligen Ostturkestan. Dort gehen die Chinesen gegen muslimische Uiguren vor, haben Hunderttausende von ihnen in Umerziehungslager gesteckt.

Es hat schon eine gewisse Ironie: Während China in Xinjiang mutmaßliche Extremisten bekämpft, stellt es sich in Afghanistan an die Seite militanter Islamisten, die die Chinesen als ihre „Freunde“ preisen. Aber von echtem Vertrauen ist in Peking wenig zu spüren. „Ohne Beweise oder Prüfung über eine beträchtliche Zeit kann niemand glauben, dass die Taliban, die in der Vergangenheit untrennbar mit der ostturkestanischen Bewegung verbunden waren, so schnell und definitiv ihr Versprechen halten werden, das sie Chinas Regierung gegeben haben“, sagt Shi Yinhong.

Aber Peking ist pragmatisch. Denn es geht nicht nur um Xinjiang, sondern auch darum, dass Afghanistan ein Nährboden für Terrorismus und eine Quelle der Unsicherheit für Chinas Interessen in ganz Zentralasien und in Pakistan werden könnte. Selbst wenn China echte Sorgen über die Bereitschaft der Taliban habe, ihre Versprechen einzuhalten, seien die Beziehungen und der potenzielle Gewinn für Peking „einfach zu wichtig, um ignoriert zu werden“, glaubt der Sicherheitsexperte Derek Grossmann von der Rand Corporation. „Ähnlich wichtig ist das Risiko, die Taliban damit zu verärgern, ihnen verspätet die Anerkennung und Legitimation zu geben, die sie ersehnen, was Chinas Sicherheitsinteressen gefährden könnte.“

Taliban stellen Übergangskabinett vor

Die Taliban hatten betont, dass sie eine Regierung nicht nur aus ihren eigenen Mitgliedern bilden werden. Mit den ersten Besetzungen werden sie dieser Ansage nicht gerecht. Überraschend ist, wer Premierminister wird.

Kabul (dpa/iz). Die Taliban haben Teile eines Übergangskabinetts für Afghanistan vorgestellt. Demnach wird der öffentlich wenig bekannte Mullah Mohammed Hassan Achund amtierender Vorsitzender des Ministerrats, was dem Amt eines Premierministers gleichkommt. Das erklärte Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Kabul.

Die Ernennung Achunds als Regierungschef gilt als Überraschung. Er ist eines der Gründungsmitglieder der Taliban, war zuletzt im Führungsrat, der Rahbari Schura, und gilt als enger Vertrauter des Taliban-Führers Haibatullah Achundsada. Achund, der in Afghanistan Mullah Hassan genannt wird, hielt bereits während der ersten Taliban-Herrschaft wichtige Posten: UN-Angaben zufolge war er Außenminister und Gouverneur der Provinz Kandahar, aus der er stammt. Achund gilt als gemäßigt. Seit 2001 steht er im Zusammenhang mit den Handlungen und Aktivitäten der Taliban auf einer UN-Sanktionsliste.

Die Taliban hatten nach massiven militärischen Gebietsgewinnen Mitte August die Macht in Afghanistan übernommen. Der bisherige Präsident Aschraf Ghani war kurz davor aus dem Land geflohen. Seit ihrer Machtübernahme bemühen sich die Islamisten um eine gemäßigtere Außendarstellung als zu Zeiten ihrer Schreckensherrschaft zwischen 1996 und 2001. Es besteht dennoch weiter die Sorge, dass die militante Gruppe ihre Herrschaft auf Unterdrückung und drakonischen Strafen gründen könnte.

Taliban-Sprecher Mudschahid sagte, man habe sich darauf geeinigt, ein Übergangskabinett zu ernennen und bekanntzugeben, „um die notwendigen Regierungsarbeiten durchführen zu können“. Insgesamt besetzten die Taliban 33 Posten. Die Besetzung der verbleibenden Führungspositionen von Ministerien und Institutionen werde man sukzessive bekanntgeben, sagte Mudschahid weiter.

Zu einem von zwei Stellvertretern Achunds wurde Mullah Abdul Ghani Baradar ernannt, der bisherige Vizechef der Taliban. Er wurde nach seiner Freilassung aus pakistanischer Haft im Jahr 2018 das öffentliche Gesicht der Gruppierung und unterzeichnete 2020 für die Taliban das Abkommen mit den USA unter anderem über ein Ende des US-geführten Militäreinsatzes in Afghanistan. Er telefonierte auch mit dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump.

Die Ernennung von Achund zeige, „wie wenig wir im Westen über die Taliban wissen und ihre Entscheidungen voraussagen können“, sagte der Afghanistan-Experte Thomas Ruttig von der Kabuler Denkfabrik Afghanistan Analysts Network. Vor der Bekanntgabe waren die allermeisten Beobachter davon ausgegangen, dass Mullah Baradar Regierungschef wird.

Andere Personalien sind weniger überraschend. Mullah Jakub, der älteste Sohn des langjährigen, verstorbenen Taliban-Chefs Mullah Omar, wird Verteidigungsminister. Er soll etwa Mitte 30 sein und als Taliban-Vizechef die Milizen gesteuert haben. Siradschuddin Haqqani, der dritte Vizechef der Taliban und Chef des berüchtigten Haqqani-Netzwerkes, wird Innenminister. Es wird für einige der grausamsten Anschläge in Afghanistan verantwortlich gemacht. Die USA suchen den etwa Mitte-40-jährigen Haqqani mit einem siebenstelligen Kopfgeld.

Als Aufsteiger innerhalb der Taliban-Reihen sehen Beobachter Amir Chan Motaki. Er war Bildungs- und Informationsminister während der Taliban-Herrschaft 1996 bis 2001 und wird nun Außenminister. Er gilt als eine der versöhnlichsten Figuren innerhalb der Bewegung und leitete bislang die Aussöhnungskommission der Taliban. Mit Abdul Hak Wasik wird ein ehemaliger Guantánamo-Häftling Chef des Geheimdienstes.

Ein Frauenministerium findet sich bisher nicht auf der veröffentlichten Liste. Dafür wurde ein Ministerium für „Einladung, Führung, Laster und Tugend“ eingeführt, das die Afghanen vom Namen her an das Ministerium „für die Förderung der Tugend und die Verhütung des Lasters“ erinnern dürfte. Diese Behörde hatte während der ersten Taliban-Herrschaft von 1996 bis 2001 Menschen zum Gebet gezwungen oder Männer dafür bestraft, wenn sie keinen Bart trugen.

Kritik an der Zusammensetzung des Kabinetts folgte prompt. Die Islamisten hatten zuletzt immer wieder betont, eine „inklusive Regierung“ ernennen zu wollen. Kurz nach ihrer Machtübernahme hatten sie regelmäßig andere Politiker des Landes wie etwa den Ex-Präsidenten Hamid Karsai oder den bisherigen Leiter des Hohen Versöhnungsrates, Abdullah Abdullah, zu Gesprächen getroffen. Ihrer Ankündigung wurden sie nun aber nicht gerecht: Bei allen bisher bekannten Besetzungen handelt es sich um Taliban-Mitglieder.

Auch ethnisch geht es bisher einseitig zu. Der Afghanistan-Experte der Denkfabrik International Crisis Group, Ibraheem Bahiss, schrieb auf Twitter, soweit er dies beurteilen könne, seien bis auf zwei Tadschiken und einen Usbeken alle Postenträger Paschtunen. Mitglieder der Minderheit der Hasara etwa fehlen völlig.

Die Frage der Inklusivität ist relevant, da viele westliche Regierungen davon abhängig machen, ob sie die künftige Regierung anerkennen und das Land, das massiv von ausländischen Hilfsgeldern abhängig ist, unterstützen werden. „Mit so einem Taliban-Kabinett wird die Welt Afghanistan nicht mal mit einem Dollar helfen“, schrieb ein afghanischer Journalist auf Twitter.

Der ehemalige Gouverneur von Balch, Mohammed Atta Nur, kritisierte die Zusammensetzung unter anderem für einen Mangel an Professionalität und Frauen. Sie widerspreche zudem dem Geist der gültigen Verfassung des Landes.

Die Ankündigung zur Übergangsregierung erfolgte nur Stunden, nachdem die Taliban in der Hauptstadt Kabul in die Luft feuerten, um Hunderte Demonstranten auseinanderzutreiben. Die Menschen waren gegen eine mutmaßliche Einmischung Pakistans in Afghanistan auf die Straßen gegangen. Indirekt kritisierten sie aber auch die Islamisten. Die Taliban hatten zudem mehrere Journalisten für mehrere Stunden festgenommen.

Krise im Sahel verschärft sich weiter

In Mali, Burkina Faso und Niger gab es in den vergangenen zwölf Monaten mehr als 1.000 Anschläge auf Zivilisten. Mehr als zwei Millionen Menschen sind auf der Flucht; und die Gewaltspirale dreht sich weiter.

Cotonou (KNA). Die Zahlen sind alarmierend. Nach Informationen der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wurden zwischen Januar und Juli allein im Westen des Niger mehr als 420 Zivilisten ermordet. „Die bewaffneten Islamisten führen einen Krieg gegen die Zivilbevölkerung“, sagt Corinne Dufka, Sahel-Leiterin der Organisation; „sie töten, plündern und zerstören Leben“. Besonders betroffen ist die Region Tillaberi, die an Burkina Faso und Mali grenzt. Erst am vergangenen Wochenende starben dort 19 Personen; eine Woche zuvor waren es 37. Für Hilfsorganisationen wird die Arbeit immer schwerer.

Der schwerste Anschlag der vergangenen Wochen in Burkina Faso fand Mitte August zwischen Arbinda und Gorgadji statt, als mutmaßliche Dschihadisten einen Konvoi angriffen und 80 Menschen ermordeten. Unter den Opfern waren Soldaten, Zivilisten und Mitglieder von Selbstverteidigungsmilizen. Die katholische Bischofskonferenz sprach von einem „Akt der Barbarei“.

In Mali war zuletzt die Region Gao, die an den Niger grenzt, besonders betroffen. Angriffe auf die Gemeinde Ouatagouna mit mehr als 50 Toten bezeichnete die Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen für Mali (Minusma) als eine „Verletzung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts“ und forderte eine Untersuchungskommission. Die Minusma ist derzeit mit knapp 13.000 Soldaten im Land; dazu kommen eine Reihe weiterer Militäroperationen wie Barkhane mit 5.100 Soldaten. Die französische Mission zur Terrorbekämpfung soll bis 2023 halbiert werden, da der überwiegend militärische Ansatz als gescheitert gilt. In Mali, aber auch in Frankreich hatten das Experten lange vor der Entscheidung von Präsident Emmanuel Macron betont.

Die Region mit rund 65 Millionen Bewohnern ist schließlich trotz der starken Militärpräsenz seit 2013 immer instabiler geworden. Nach Einschätzung des Welternährungsprogramms WFP sind heute 13,4 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen; knapp 2,1 Millionen sind in ihren Heimatländern auf der Flucht. Aktuell werden häufig Bauern beim Bewirtschaften ihrer Felder angegriffen. Das führt dazu, dass vielerorts Flächen brachliegen, was die schlechte Versorgungslage zusätzlich verschärft.

Betroffen ist auch das Bildungssystem. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung im Zentralsahel liegt bei 16,2 Jahren. Schon vor der Krise war Schulbesuch besonders auf dem Land keine Selbstverständlichkeit, vor allem nicht für Mädchen. Die wenigen Schulen waren schlecht ausgestattet, die Klassenräume mit 70 bis 80 Schülern völlig überfüllt. Seit 2017 haben sich im Sahel Anschläge auf Schulen versechsfacht, wie der im Februar gewählte nigrische Präsident Mohamed Bazoum kürzlich vor dem Weltsicherheitsrat betonte. Im Sahel sind daher knapp 5.000 Bildungseinrichtungen geschlossen; mehr als 700.000 Kinder haben keinen Unterricht; 20.000 Lehrer können nicht arbeiten. „Jede Schule, die geschlossen wird, ist ein Fenster, das sich schließt“, so Bazoum.

Das kann die Gewalt zusätzlich anheizen. Mitglieder der verschiedenen Terrorbewegungen wie der Gruppe für die Unterstützung des Islam und der Muslime (JNIM) und dem Islamischen Staat in der größeren Sahara (EIGS) verbreiten zwar eine salafistische Ideologie. Sie verbieten Feiern, den Gebrauch von Französisch, zwingen Frauen, sich zu verschleiern und planen Experten zufolge, ein Kalifat zu errichten. Doch auch Perspektivlosigkeit treibt junge Menschen in die Arme von Terroristen. Die US-Hilfsorganisation Catholic Relief Service sieht zudem Arbeitslosigkeit und entrechtete Jugendliche als ursächlich für die Gewalt an.

Neben einer Verbesserung der wirtschaftlichen Perspektiven mahnt die Denkfabrik International Crisis Group (ICG) mit Sitz in Brüssel außerdem bessere Regierungsführung an. Auch das Fehlen von Regierungshandeln hat letztlich dazu geführt, dass sich Terrorgruppen ausbreiten und große Teile der Bevölkerung ihr Vertrauen in den Staat verloren haben.

Wie gehen junge Syrer in Deutschland mit dem Krieg um?

(iz). Wenn sich Medien mit dem Syrienkonflikt befassen, ist dies meist eine Schlammschlacht politischer Überzeugungen oder eine kalte Darlegung von Daten und Fakten, weswegen ich mich hier nun mit etwas […]

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Die Gefahr der Paranoia

Prof. Manfred Schneider lehrt Ästhetik und Literarische Medien am Lehrstuhl für Neugermanistik an der Ruhr-Universität Bochum. In seinem neuen Buch „Das Attentat. Kritik der paranoischen Vernunft“ befasst er sich mit der Psychologie des Attentäters, der Rolle des Attentats in der heutigen Zeit und der Reaktion von Politik und Gesellschaft darauf, sowie mit dem Wesen der Paranoia. Wir sprachen mit Prof. Schneider über die Thesen des Buches.
Islamische Zeitung: Herr Prof. Schneider, wie kamen Sie dazu, ein Buch über Attentäter zu schreiben?
Manfred Schneider: Ich möchte zurückfragen: Wie kann man im Augenblick kein Buch über Attentate schreiben? Es vergeht ja fast kein Tag ohne Nachrichten von Attentaten, versuchten Attentaten, Warnungen vor Attentaten oder von politischen Maßnahmen, um Attentate zu verhindern. Oder von Selbst­mordattentaten, vor allem im Nahen Osten oder Afghanistan. Es ist also augenscheinlich ein großes Thema. Ich bin ein Beobachter der politischen Ereignisse, und ich muss sagen, dass für mich persönlich das Attentat auf John F. Kennedy 1963, als ich ein junger Student war, ein einschneidendes Ereignis war, und prägend war auch später die Geschichte der RAF im Deutschland der 70er Jahre mit den vielen Attentaten und politischen Morden. Das brachte mich zu der Vorstellung, die sich heute bewahrheitet – nämlich dass Attentate ein Mittel des Politischen geworden sind, das wir nicht mehr loswerden.
Islamische Zeitung: In Ihrem Buch findet sich eine Widmung mit einem Nietzsche-Zitat – „nicht der Zweifel, die Gewissheit macht wahnsinnig“. Ist es diese radikale Subjektivität, welche Ideologen aller Couleur verbindet?
Manfred Schneider: Das Zitat soll einen Akzent setzen, dass der Wahnsinn der Paranoia, den ich allerdings nicht als klinischen Wahnsinn beschreiben will, eine Gestalt der Gewissheit ist. Eine Gestalt extremer Gewissheit und unerschütterbarer Überzeugung. Zugleich ist sie eine Form der Rationalität. Es gibt eine sehr interessante Bestimmung der Paranoia von einem Psychiater des 19. Jahrhunderts, der sagt, der Paranoiker sei jemand, der alles verloren hat außer seiner Vernunft. Das heißt, diese extreme Gewissheit ist eine Haltung zur Welt, ob sie nun politisch, wissenschaftlich oder religiös ist, die nur aus Überzeugung besteht, die nicht das Element des Zweifels, der Skepsis oder auch die Fähigkeit, den entgegengesetzten Standpunkt wenigstens zu denken, mehr kennt. Das sind die Gewissheitshaltungen, die ich in dem Buch ausdrücklich in Frage stelle. Von solchen versteinerten Überzeugungen geht sehr viel ideologisches Unheil aus.
Islamische Zeitung: Ihr Buch ist ja auch eine Geschichte des Attentäters. Haben die modernen Medien, hat die Medienwelt, in der wir leben, auch die Verhaltensmuster des Attentäters ­verändert?
Manfred Schneider: Es ist eine der Hauptthesen meines Buches, dass die modernen Medien, seien es Zeitungen, Fotografie, Kino, TV, die Nachrichten aus der Politik verbreiten, den Attentäter mit hervorbringen. Das Paradoxe ist, dass der Attentäter eigentlich die Medien verachtet, weil sie in seinen Augen lügen, die Dinge verstellen, die Bilder fälschen, die wahren Tatsachen abschirmen; andererseits will er aber selbst in den Medien erscheinen. Er wünscht sich, dass sein Bild als das wahre Bild eines Helden, eines Befreiers, eines Opfers von allen gesehen wird. Eigentlich ist dieser Wunsch, gesehen zu werden, ganz alt; es gab ihn bereits vor den modernen Medien. Aber die modernen Medien haben diese beiden Seiten: An ihnen hängt einmal die Vorstellung, dass sie lügen, und gleichzeitig will der Attentäter selbst als das wahre Bild, als Bild der Wahrheit in den Medien erscheinen. Das ist ein Phänomen der Moderne.
Islamische Zeitung: Sie beschreiben auch das Verhältnis des einzelnen Attentäters und seiner so hilflosen wie destruktiven politischen Tat zum Macht­apparat. Warum wird diese Figur heute wichtiger, und ist sie gar bereits integrierter Teil unseres modernen politischen Lebens geworden?
Manfred Schneider: Ein großes Problem unseres politischen Lebens ist unser Umgang mit der Macht. Wir wissen natürlich, welche Macht es in der Welt gibt und dass sie sich in den Händen weniger Leute befindet, in den Händen von Politikern, Militärs, Polizei, von Unternehmern, aber eben auch von Medien, Zeitungen, Fernsehen und so weiter. Tatsächlich aber ist das Problem, dass man die Macht nicht sehen kann. Das, was wir von der Politik und von der Macht sehen, wie zum Beispiel diese kluge, aber doch unscheinbare Kanzlerin oder diesen Armeechef oder jenen Intendanten – wir können uns nicht vorstellen, dass diese Alltagsmenschen über solche Macht verfügen. Das Schauspiel, das uns die Politik und die Mächtigen bieten, steht für uns in einem Missverhältnis zu der ungeheuren Macht, von der wir wissen und die wir bisweilen spüren, wenn die Dinge für uns selbst schief laufen. Und das ist die Quelle des Verdachts, der irgendwie in uns allen lebendig ist, nämlich dass hinter den Kulissen doch etwas ganz anderes gespielt wird, dass ganz andere Mächte im Hintergrund wirken, obwohl wir ja eigentlich als Volk, als Demokraten selbst die Macht sind und sie verkörpern. Von daher ist der Attentäter wie ein Delegierter dieser Beunruhigung durch die Macht, die uns umtreibt. Obwohl er von uns nicht beauftragt ist, handelt er als unser Delegierter, der diese Macht, die ganz fern von uns, unsichtbar und verdachtsbeladen ist, für einen Augenblick sichtbar macht.
Islamische Zeitung: Wir haben gerade wieder in Stockholm die Tat ­eines muslimischen Attentäters erlebt. Wie können wir verhindern, dass unsere Gesellschaft angesichts dieser an­dauernden Bedrohungen „paranoid“ wird?
Manfred Schneider: Da liegt eine große, um nicht zu sagen gewaltige Verantwortung auf uns allen. Das kollektive Verständnis einer Gesellschaft kann schnell umschlagen in eine paranoide Auffassung vom Grund oder der Ursache bestimmter Übel, mit denen sie es zu tun hat. Es gibt einmal diesen primitiven Denkmechanismus, der für die Ursache von Übeln Sündenböcke sucht. Das ist gewissermaßen alltäglich. Gefährlich und paranoid wird es, wenn eine einzige Ursache und womöglich eine einzige Personengruppe für sämtliche Übel verantwortlich gemacht wird. Früher waren dies einmal die Linken, noch früher waren es die Juden, heute sind neue Gruppen aufgetaucht, wie Migranten, Muslime oder Hartz IV-“Faulpelze“, denen diese störenden, unangenehmen und gefährlichen Dinge, mit denen wir zu kämpfen haben, zugerechnet werden. Es geht darum, zu sehen, dass wir es bei Attentätern zumeist mit besessenen, aus der Bahn geratenen Einzeltätern zu tun haben – auch dann, wenn sie einmal in einer Gruppe auftreten. Das dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren.
Islamische Zeitung: Wo würden sie die Trennlinie zwischen „normaler“ Angst und Paranoia ziehen?
Manfred Schneider: Angst ist nicht Paranoia, auch wenn sie sehr intensiv ist. Paranoia ist eine Einstellung, die – wenn auch aus Angst heraus – für bedrückende Erlebnisse, Sorgen, politische Probleme eine einzige Figur, einen einzigen Grund, eine einzige Ursache sieht und dann möglicherweise Gewalt mobilisiert, um diese Ursache zu beseitigen. Natürlich sind Menschen in unterschiedlicher Weise ängstlich, das ist eine Erfahrungstatsache. Die Angst schlägt eben in Paranoia um, wenn für dieses Übel eine einzige Ursache gesehen wird. Die politischen und sozialen Übel heutzutage sind jedoch immer komplex und schwierig und setzen sich aus vielen Teilaspekten und Teilproblemen zusammen, und die Vereinfachung, diese auf einen einzigen Grund zu reduzieren, ist paranoisch.
Islamische Zeitung: Häufig wird hinter dem gegenwärtigen Terrorismus ein weltweites Komplott von ­“Islamisten“ vermutet. Ist das aus ­Ihrer Sicht ein reales Bild?
Manfred Schneider: Nein, das ist in meinen Augen eine völlige Verzerrung. Natürlich gibt es mehr oder weniger prominente Angehörige des Islams, die Krieg gegen „Ungläubige“, gegen den Westen oder gegen Feinde des Islams predigen. Und es stimmt natürlich auch, dass diese häufig Stichworte für Einzelattentäter liefern, von den Männern des 11. September bis hin zu diesem armseligen Mann, der sich kürzlich in Stockholm in die Luft gesprengt hat. Aber wenn man richtig hinschaut, sind es zumeist ohnmächtige Großsprecher, die nicht als Teil eines großen Verschwörer-Rings agieren. Diese Komplott-Theorie ist eine vor allem in den USA kultivierte Vorstellung, für die es in meinen Augen keine Anhaltspunkte gibt, so schlimm bisweilen einzelne Aktionen auch sind, die im Namen des Islams begangen werden.
Islamische Zeitung: Kann Paranoia auch politisch genutzt werden?
Manfred Schneider: Ja, natürlich. Das Lehrstück dafür hat die amerikanische Regierung nach dem 11. September aufgeführt, indem sie eine ganze Gesellschaft in einen paranoiden Zustand versetzt hat. Das kam in vielen Details zum Ausdruck und war wirklich Besorgnis erregend. Das hat sich in den letzten Jahren aber wieder entspannt. Ein anderes Beispiel, das uns die deutsche Geschichte bietet, ist der Antisemitismus im Dritten Reich, bei dem sich sowohl Wissenschaftler als auch Politiker und ein großer Teil der Bevölkerung auf eine vollkommen absurde, abwegige, unhaltbare Theorie von der „jüdischen Rasse“ eingeschworen hatten und sich zu diesen schrecklichen Taten ermächtigt sahen. Den Hintergrund dafür bildete das Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Politik, und da heißt es eben besonders aufmerksam zu sein.
Islamische Zeitung: In Ihrem Buch klingen Zweifel an, ob es das Schicksal als Erklärungsmodell überhaupt gibt. Schicksalsglaube ist natürlich ein wichtiger Teil der Religionen. Sind diese Religionen – aus Ihrer Sicht – insofern „paranoid“?
Manfred Schneider: Das würde ich in dieser Form natürlich nicht behaupten. Wenn ganze Völker oder Gesellschaften Elemente einer solchen religiösen Vorstellung zu ihrer Überzeugung erheben und viele Menschen daraus ihre Weltsicht beziehen, dann ist es ein Element der Kultur selber. Andererseits neigen Sekten dazu, paranoide Vorstellungen zu entwickeln. Und die ausgeprägte Paranoia ist stets religiös. Zum anderen zeigen ja die großen Weltreligionen, dass sie ungeheure Auslegungsspielräume bieten und erlauben, an eine feste Bestimmung des Schicksals zu glauben oder auch den Glauben an die Freiheit eröffnen. Das war ja in der christlichen Ära der Gegensatz zwischen protestantischer und katholischer Religiosität. Von daher sind Religionen nicht grundsätzlich paranoide Systeme. Wobei man auch sehen muss, dass Paranoia eine Einstellung ist, die Erlösungsfunktion auf einzelne lebendige Personen verlegt. Wenn es wie zum Beispiel in der jüdisch-christlichen Tradition ein Messias ist, ein Gottgesandter, ein Dritter, der dies übernimmt, dann ist das etwas anderes, als wenn einzelne, lebendige Menschen auftreten und selbst die Messiasfunktion beanspruchen. Das ist der Unterschied.
Islamische Zeitung: Lieber Prof. Dr. Schneider, vielen Dank für das ­Gespräch.

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Interview mit dem Rechtsanwalt Tariq Ali über die gewalttätigen Ausschreitungen in verschiedenen englischen Städten

(iz). Nachdem sich die meisten Unruhen in Großbritannien gelegt haben, machen sich die Betroffenen nicht nur ans Wegschaffen der Trümmer und an den Wiederaufbau eventuell zerstörten Eigentums, sondern suchen nach […]

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