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Das gute Leben

(iz). Goldener Herbst. Wir brechen gerade mit den Kindern durchs zugängliche Unterholz, um noch die letzen, guten Brombeeren zu erwischen, die von sächselnden Ausflüglern übersehen wurden. Vorher hatten wir Glück. Das exquisite Café im einzigen Schlosspark der Gegend war – gegen die regionale Gewohnheit – trotz Nachsaison bereits am Morgen geöffnet. Die Kinder schauten mit großen Augen, als die Schwarzwälder Kirschtorte (mit etwas Glück ohne Alkohol) scheinbar nur für uns angeschnitten wird.

Und morgen? Da hoffen wir auf ebenso gutes Wetter, um mit lieb gewonnenen Nachbarn die Steaks und Hähnchenschenkel zu brutzeln, die in einer fernen Großstadt von einem muslimischen Schlachter der Wahl erworben wurden. Dazu Bauernbrot vom Nachbarn, Pfälzischer Kartoffelsalat und selbstgemachte Salsa. Und vielleicht setzt sich auch der Kollege durch, der endlich mal die Trockenmarinade ausprobieren will, von der amerikanische BBQ-Afficionados schwärmen.

Zugegeben, das ist eine beinahe idealtypische Verkettung glücklicher Umstände. Und sollte allein schon aus Liebe zum Cholesterinspiegel, im Falle eines angejahrten Publikums, in Maßen genossen werden. Aber, das wussten schon die Alten – beinahe alles ist eine Frage des richtigen Maßes. Es geht um nichts weniger als das gute Leben.

Vielleicht ist es auch nur ein alltäglicher Versuch, den eher skeptischen Aphorismus eines Denkers zu widerlegen, dass es nichts Richtiges im Falsche gäbe. Über das, was dieses gute Leben sein kann, oder soll, herrscht allerdings alles andere als Einheit. Und es wäre vermessen, hier eine behaupten zu wollen. Und es muss sich auch nicht im Weichzeichnerlicht kitschiger Sonnenuntergänge abspielen. Es ist an vielen Orten zu finden: auf dem Spaziergang im Feld, in gut sortierten Antiquariaten, Plattenläden, in der Familie, beim gemeinsamen Essen in der Moschee oder auch im Tea-Room eines Hotels an der Hamburger Außenalster.

Wir alle sind aufgewachsen mit dem schalen Hedonismus der Werbebranche, die uns die Glück versprechenden Angebote der Warenwelt anpreist. Das ist keine Anklage, sondern logische Konsequenz unserer Elterngeneration. Diese wurde mit dem Wunsch erzogen, sie solle es „einmal besser haben“ als die Vorfahren.

Zugegeben, bei immer mehr Menschen ganz unterschiedlicher Natur zieht das Marketing nicht mehr so wie früher. Sie wollen mehr. Daher entstehen auch immer häufiger Sparten auf dem Markt der Möglichkeiten, mit denen natürlich Ansprüche von Konsumenten marktgerecht bedient werden sollen. Allerdings drückt sich in neuen Angeboten – ob Bio, Slow-Food oder Fairtrade – vielleicht doch der Wunsch aus, tatsächlich anders zu leben.

Einige Sensible, die oft von Profanität und Vulgarität abgestoßen sind, suchen ihr Heil manchmal im Eskapismus der individualisierten Geisteswelten. Andere vollziehen hingegen – nicht selten radikale – Volten, die sie in die (Ab-)gründe diverser Ideologien führen. Ironischerweise bewirkt konsequenzlose Hypermoral, wie es Thomas Edinger in „Der wunde Punkt“ beschreibt, nur selten, dass sich das Verhalten oder gar der Kritiker selbst ändert. Haben wir noch genug „Wahnsinn“ (Nietzsche) in uns, um uns überhaupt von reinen Ideen begeistern zu lassen? Es hat den Anschein, dass wir derzeit nicht in einer Phase leben, in der sich Leute von Büchern und abstrakten Ideen derart transformieren lassen, wie es einst bei „Walden oder Leben in den Wäldern“ (Henry David Thoreau) der Fall war. Bestenfalls reicht es gerade noch für eine säurearme Ernährung oder eine Extrarunde im Fitnesscenter, um sich schlanker – und damit besser – zu fühlen.

Bleiben wir kurz noch bei den Ideologen, die derzeit ja – brennpunktartig – ein bisschen Morgenluft verspüren. Und unangenehm auffallen. Außer kruder Handwerksarbeit, wie jüngst auf einer Demo vorgeführt, haben sie kaum Praktisches vorzuweisen. Und auch die Frontfiguren – auf allen Seiten des politischen und ideologischen Spektrums – machen nicht den Eindruck, dass sie trotz der Heftigkeit ihrer Rhetorik irgendwie ein beeindruckendes Lebensmodell hätten. Da ist die konservative Politikerin, die eine außereheliche Beziehung bekannt gibt und die Familie auflöst. Oder der gewendete Populist, der sich vor familienbedrohenden Tendenzen eines angeblichen Kartells fürchtet, aber selbst keine Kinder hat.

Das ist, weiß Gott, keine politische Präferenz. Um das gute Leben zu finden, muss man suchen. Und es braucht den Anderen, denn alleine macht das Ganze nur selten Spaß. Aber auch aus prosaischeren Gründen. Von Momenten der Eingebung und Momenten der individuellen Erfahrung abgesehen, ist das eine Kunst, die sich erlernen lässt. Dafür muss man Zeit mit anderen verbringen, die sich beherrschen.

Zugegeben, ich bin kein Fachmann. Endlose Stunden vorm Computer und gelegentliche Ausflüge in die Abgründe des Fast Foods sind der ­Gegenbeweis. Hatte aber zumindest das Glück, als Kind während der diversen Urlaube bei den Großeltern ein Stück guten Lebens erleben zu dürfen. Da waren die magischen Sommerabende, die mit entfernten Cousins (irgendwie war man verwandt) in Fantasieschlachten und – bei Regen – auf unzähligen Heuböden verbracht wurden.

Es gab den niederdeutsch-wortkargen Opa, der uns – ganz unpä­dagogisch – grundlegende Verrich­tungen wie Garten umgraben, die Hühner füttern und Ausmisten lehrte. Und „Omma“ war es, die uns zu Blumen, Kräutern und wunderbarer Hausmannskost führte. Das war weiß Gott kein ausgebauter Lifestyle-Hof, bei dem ein kinderloses Ehepaar der Stadt „entflieht“, um dann in einem sterbendem Dorf zu hocken, wo ihre sozialen Kontakte sich in überschaubaren Maßen halten. Die alten Herrschaften hatten als beinahe Kleinbauern jahrzehntelang herumzukrauten und mussten noch in rüstigen ­Jahren im Haus herumwerkeln. Trotzdem gab es etwas, ein Geheimnis, das ihrem Dasein das gewisse Etwas verlieh. Eine, durch ihre Umstände fast schon erzwungene, Realität, für deren Nachbau viele bereit sind, sehr viel Geld und Zeit aufzuwenden.

Mindestens ebenso wichtige Lehrmeister sind – hier wird sich mancher wundern – Muslime in aller Welt. Gewiss, Mediendebatte, Geopolitik und ein gelegentlicher Hang zur drögen, penetranten Hypermoral lassen diesen Schluss nicht immer auf den ersten Blick zu. Selbst die Ruinen vergangener, muslimischer Hochzivilisationen sowie die tradierte Lebensart vieler, lassen erfahrbaren, dass das gute Leben nicht im Widerspruch zu Spiritualität und Simplizität stehen muss.

Im Gegenteil, in aller Welt begreifen gerade die feinen Menschen, dass beides verbunden sein kann. Da können wir von den Katzen lernen, die geduldig, beinahe unbeteiligt, warten, bis ihr Ziel ins Blickfeld gerät. Und das Gesuchte findet sich nicht zwingend dort, wo es angepriesen wird. Vor mehr als 15 Jahren hatte ich das Glück, in einer kleinen Dreizimmerwohnung die Augen öffnende Erfahrung zu machen, dass Kaffee mehr sein kann, als die Vakuumpackung eines handelsüblichen Produzenten aufzureißen und ihn durch eine überhitzte Krupps-Maschine zu ruinieren.

Die verbindende Klammer zur Erfahrung des guten Lebens ist vielleicht, dass es den Anderen braucht, mit dem man es teilen kann.

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Die Normalisierung des Ausnahmezustandes

(iz). Das im Bundestag verabschiedete, reformierte Infektionsschutzgesetz ist keine Mar­ginalie. Immerhin soll das Gesetz die massivsten Eingriffe in substantielle Grundrechte der Nachkriegsgeschichte legitimieren. Das Vorhaben hat aber nichts mit einem „Ermächtigungsgesetz“ zu tun, wie es in polemischen Vergleichen mit der deutschen NS-Vergangenheit immer wieder vorgetragen wird, sondern das Gesetz liefert schlicht die in der Verfassung verlangte, notwendige Ermächtigungsgrundlage für künftige Grundrechtseingriffe. Damit hat die Legislative eine Grundlage geschaffen, wie mit der aktuellen Pandemie und langfristig mit neuen Krisen umgegangen werden soll. Noch kann niemand absehen, wie lange diese Form des geregelten „Ausnahmezustands“ besteht oder wie häufig diese Lage künftig ausgerufen wird.

Eigentlich sollte sich die Gesellschaft möglichst objektiv mit rational vorgetragener Skepsis gegenüber dem Vorhaben beschäftigen. Der FDP-Vorsitzende Lindner formulierte solche streitbaren Einwände in einem SPIEGEL-Interview wie folgt: „Der Vorschlag der Großen Koalition ist nämlich unverändert ein Blankoscheck. Es ist nicht klar definiert, welche Freiheitseinschränkungen in welcher Lage angemessen sind. Der Handlungsspielraum der Regierung beim Eingriff in Grundrechte ist also zu groß.“ Der Auftritt einiger Proleten am Tag der Entscheidung, eingeladen von der AfD-Bundestagsfraktion, hat die Aufmerksamkeit von der Kritik am Gesetzgebungsverfahren aber schnell abgelenkt.

Die politische Debatte über das wichtige Gesetz, getrieben von täglichen Meldungen über steigende Infektionszahlen, ist tatsächlich auffallend kurz ausgefallen. Die Eile des Gesetzgebers fällt mit einer anderen Kritik an der staatlichen Strategie zusammen: Seit diesem Frühjahr hatten bereits führende Virologen darauf hingewiesen, dass steigende Infektionszahlen im Winter zu erwarten sind und nicht etwa eine Überraschung darstellen. Die Diskussion über die Befugnisse der Regierung in der Krise hätte schon viel früher beginnen müssen. Es ist längst an der Zeit, sich grundsätzlich zu fragen, wie weit der Staat in derartigen Krisen gehen darf. Diese Grenzen verschieben sich stetig, auch wenn die Schäden für die Kultur, die Ökonomie und die ­Demokratie offensichtlich sind.

Dabei darf man die Pandemie nicht nur isoliert betrachten. Die neuen erhabenen Objekte der Ideologie (Žižek), man denke an Begriffe wie Sicherheit, Klima oder Gesundheit, haben dem Staat bereits eine ganze Reihe von neuen ­Befugnissen erteilt. Dabei gibt es im systemischen Zusammenspiel der Eingriffe schon längst keine Tabus mehr. Es gibt in diesem Kontext keine Sphäre des ­bürgerlichen Lebens mehr, die nicht von staatlicher Regulierung betroffen ist. „Gedanken, Körper, Glauben, Wohnzimmer und soziales Leben“ sind längst Objekte staatlichen Zugriffs. Im Rahmen dieser Gesamtschau erklärt sich letztlich die Skepsis gegenüber der staatlichen Fürsorge – insbesondere ihrer Verhältnismäßigkeit – in Zeiten der Pandemie. Diese Vorbehalte haben allerdings nichts damit zu tun, die Gefährdungen der Klima­erwärmung, die Gefährlichkeit des Virus oder die Herausforderungen des Terrorismus einfach zu leugnen.

Wann wird der Begriff der „Gesundheitsdiktatur“ von der Polemik zur Zustandsbeschreibung? Die Schriftstellerin Juli Zeh stellt sich in ihren Büchern, zum Beispiel in ihrem 2009 erschienenen Roman „Corpus Delicti“, genau dieser Frage. Im Juli hat sie in einem fiktiven Interview weitere Hintergründe zu ihrem Thema aufgezeigt. Zeh sorgt sich um die Dynamik künftiger Biopolitik, die sich zunehmend um die Unterscheidung von Kranken und Gesunden drehen wird. Die Quellen ihres Denkens finden sich in dem Werk des Philosophen Giorgio Agamben („Homo Sacer“) oder auch im Klassiker „Zauberberg“ von Thomas Mann. In seinem Jahrhundertwerk ­beschreibt der Schriftsteller die Zustände in einem Sanatorium, das die Krankheit in den Mittelpunkt der Existenz seiner Bewohner rückt. Zeh zitiert unter anderem aus der Einführung in den Zauberberg des Nobelpreisträgers. Mann beschreibt darin eine Einsicht des Antihelden des Romans, Hans Castorp, der, wie Mann erklärt, begreifen musste, dass „alle höhere Gesundheit durch die tiefen Erfahrungen von Krankheit und Tod ­hindurchgegangen sein muss (…)“.

Zeh wendet sich gegen Denksysteme, die einen bestimmten Wert absolut setzen und zum Beispiel „totale Gesundheit“ erreichen wollen. Das Leben, erinnert Zeh, kennt bis zum Tod keinen Stillstand und keine Symmetrie. „Jedes politische Programm“, schreibt sie mahnend, „jede Methode, die das verkennt, trägt das ­Potenzial zur Eskalation in Richtung ­totalitärer Strukturen in sich. Denn wer das Unerreichbare anstrebt, wird es immer verbissener, immer radikaler, immer verachtender anstreben, je weiter er auf seinem Weg gekommen ist“.

Sind wir also doch auf dem Weg in ­eine Gesundheitsdiktatur? Hier gibt es schwerwiegende Gegenargumente, zumindest wenn man sich Diktatur als eine politische Situation vorstellt, in der der Staat, die Bürger zu bestimmten Handlungen einfach zwingt. Die Politik weist diesen Vorwurf jedenfalls scharf zurück. So betont der Gesundheitsminister immer wieder, dass es, zum Beispiel, „keine Impfpflicht in dieser Pandemie geben wird.“ Dennoch dürfte eine Rückkehr in die alte Normalität nach der Krise illusionär sein. Vor allem der Impfausweis und damit der ausdrückliche Nachweis, „gesund zu sein“, wird sich kaum vermeiden lassen. Die „Welt“ relativiert ­daher das Szenario der Wahlfreiheit des Bürgers mit einer passenden Überschrift: „Impfausweise können eine Rolle beim Einlass spielen.“

Das Argument ist klar: Die Pflicht zur Impfung muss gar nicht eingeführt werden, weil unter anderem die Privatwirtschaft eine Realität schaffen könnte, die ein Leben ohne Impfausweis und damit ohne Impfung de facto unmöglich ­machen wird. Es sei denn, man will auf den Besuch von Veranstaltungen, den Einstieg in das Flugzeug oder die Teilnahme am Konzert verzichten. Die neue Biopolitik wird auf diese Weise sichtbar unterscheiden: zwischen Menschen, die eine Gefahr darstellen, und denen, die Gefährder sind. Auch bei diesem Thema sind die Mehrheitsverhältnisse bereits absehbar. Die Hoffnung auf das Ende der Pandemie ist groß und ein großer Teil der Bevöl­kerung würde vermutlich auch diese neue Normalität mittragen. Der Staat muss in diesem Fall diese Realität nicht erzwingen, sondern die Gesellschaft fügt sich quasi freiwillig oder ruft selbst danach.

Fakt ist, eine ausführliche Debatte über die Argumente der rationalen Skeptiker ist heute schwerer geworden. Die spektakulären Demonstrationen gegen die Covid-Maßnahmen haben dazu einen wichtigen Beitrag geleistet. Die Proteste sind vermischt mit der Präsenz diverser Gruppen, die teilweise aus der Hexenküche der Ideologien stammen: Rechte, Verschwörungstheoretiker und Wirrköpfe. Die rationalen Argumente oder Sorgen der Bewegung sind dadurch in der öffentlichen Wahrnehmung längst verdrängt. Viele BürgerInnen, die in erster Linie die Verhältnismäßigkeit der staatlichen Maßnahmen kritisierten, fanden sich im Lager der sogenannten „Covid-Leugner“ wieder. Extremisten aller Couleur erfüllten die Funktion, Bilder zu liefern, die die Trennlinien zwischen rationaler Skepsis, Gewalt und irrationalen Verschwörungstheorien aufzulösen drohen. Neben der Angst gegenüber den Folgen der Pandemie, die in der Bevölkerung weit verbreitet ist, trat die Furcht vor den Ideologien. Im Ergebnis erscheint so eine wirkungsmächtige Dialektik in Form von zwei Polen die sich bis heute unversöhnlich gegenüberstehen: wissenschaftliche, demokratische Rationalität gegen gewalttätige, undemokratische Irrationalität.

In diesem Sinne präsentiert sich die aktuelle Politik, die sich auf die Ergebnisse der Wissenschaft beruft, als einzig mögliche, rationale Bezugsgröße. Doch längst ist auch ein Streit über die vermeintliche Objektivität der Wissenschaftler ausgebrochen: Wer bestimmt die Forschung, die Wissenschaft und was ist ihr Verhältnis zum ökonomischen und politischen ­Interesse? Dabei dürften die Gewinne der Pharmaindustrie auch ihren Einfluss auf das Meinungsbild und die Wissenschaft weiter erhöhen. Unter anderem finanzieren diese Akteure häufig auch die wissenschaftlichen Studien, die für die Beur­teilung der Gefährlichkeit des Virus und die Bestimmung der Effizienz staatlicher Maßnahmen maßgebend sind.

Wie immer wir die Lage letztendlich beurteilen. Der ehemalige Außenminister Joschka Fischer hat in einem Interview mit FOCUS-Online eine Perspektive angeboten, die in jedem Fall nachdenklich stimmen sollte. „Ein mikroskopisch kleines Virus hat mit Blick auf die Weltwirtschaft, die großen staatlichen Mächte mit all ihrem Militär und ihrer Technologie, die große Illusion zum Platzen gebracht, dass die fortgeschrittensten menschlichen Gesellschaften die Natur kontrollieren könnten. Das Gegenteil ist der Fall.“

Die Unterscheidung zwischen rationaler Skepsis und irrationalen Verschwörungstheorien bleibt im Rahmen der Einschätzung staatlicher Maßnahmen in der Pandemie-Bekämpfung ein wichtiger Faktor. Unterscheidet man das nicht, ­entsteht eine Schnittmenge, die alle Skeptiker unter einem Stichwort wie „Covidioten“ zusammenfasst. Dann kann man eigentlich alle Eingriffe in elementare Grundrechte nur noch passiv abwinken.

Seit März haben führende Virologen genau das heutige Szenario, also steigende Infektionszahlen, für den ­Winter vorausgesagt. Nichts daran ist überraschend.

Noch immer wird die Debatte, meist unter hysterischen Vorzeichen, im Wochentakt geführt. Gibt es keine grundsätzliche Strategie oder ist das die ­Strategie?

Es fehlt an einer eindeutigen Bestimmung der ethischen und rechtlichen Grenzen staatlicher Maßnahmen. Ähnlich wie im Kampf gegen den Terrorismus geht es nicht darum, die Gefahr zu leugnen, sondern grundsätzlich zu ­fragen: Wie weit kann man gehen, ohne das grundsätzliche Verständnis von ­Demokratie und Freiheit zu verändern?

Wann ist also der Punkt erreicht, wo eine Bevölkerung sagen muss: bis hierher und nicht weiter?

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Die Normalisierung des Ausnahmezustandes

(iz). Das im Bundestag verabschiedete, reformierte Infektionsschutzgesetz ist keine Mar­ginalie. Immerhin soll das Gesetz die massivsten Eingriffe in substantielle Grundrechte der Nachkriegsgeschichte legitimieren. Das Vorhaben hat aber nichts mit einem […]

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Ein neues Bauhaus

„Rechte Populisten bieten in dieser Hinsicht nur ihre trostlose These über die ­angebliche Feindlichkeit und Nicht-Integrierbarkeit der Muslime an. Es sind die Muslime selbst, die die ­europäischen Gesellschaften vom Gegenteil […]

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Fliegende Teppiche

„Nötig ist hier also eine philosophische Überlegung, die dem wissenschaftlichen Streit und dem Aufprall der Meinungen einen sinnvollen Rahmen gibt. Unsere Vorstellungen über die Welt schöpfen wir niemals nur aus uns selbst. Wir sind in einer komplexen Welt mehr denn je auf subjektive Berichte und wissenschaftliche Erkenntnisse Anderer angewiesen.“

(iz). Sie kennen den Spruch: „Man soll bitte auf dem „Teppich bleiben“! Das Sprichwort gilt als eine gut gemeinte Aufforderung für all diejenigen, die aus emotionalen Gründen, zum Beispiel aus Angst, die Bodenhaftung zu verlieren drohen. Diese Redewendung kann auch angebracht sein, wenn jemand einfach auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden muss. Geläufig ist auch der Spruch bestimmte Dinge nicht einfach unter den „Teppich zu kehren“.

Angesichts der aktuellen Debatten um eine drohende 2. Welle der Infektionszahlen sind diese umgangssprachlichen Formulierungen eine willkommene Erinnerung Maß und Mitte zu bewahren. Schon Heinrich Heine hatte einen zeitlosen Rat in diesem Kontext anzubieten: „Angst ist bei Gefahren das Gefährlichste“. Man ist also gut beraten, die ­aktuelle Lage weiterhin nüchtern und aufmerksam zu beobachten. Nicht jeder Welle folgt notwendigerweise ein Tsunami und die steigenden Infektionszahlen erklären sich unter Anderem auch aus den Massentests, über deren Sinn sich Fachleute bis heute streiten.

Fakt ist: Moderne Zeiten sind immer Krisenzeiten. Slavoj Zizek hat unlängst daran erinnert, dass alle Krisen des 21. Jahrhunderts, die unsere Finanzen, die Umwelt oder die Geopolitik betreffen, dem Grunde nach ungelöst sind. Im Grunde ändert sich nur noch der Fokus unserer Aufmerksamkeit. Im Moment sind offensichtlich alle Scheinwerfer auf die Pandemie gerichtet. Das Mediens­pektakel steigert so den Eindruck über die Proportionalität der Gefahr beinahe automatisch ins Unermessliche.

Mitte August hat der Virologe Streeck eine nachdenkliche Rede im Dom von Münster gehalten. Mit der aktuellen ­Hysterie über eine mögliche 2. Welle kann der Professor wenig anfangen. Schon vor Monaten hatte der Wissenschaftler das zu erwartende Szenario in Form einer „Dauerwelle“ beschrieben und lokale Ausbrüche und steigende ­Infektionszahlen als eine wahrscheinliche Entwicklung angekündigt.

Professor Streeck forderte in Münster die Gesellschaft auf nicht nur eine sachliche Risikoeinschätzung zu betreiben, sondern auch eine ethische Debatte über die Verhältnismäßigkeit künftiger Maßnahmen zu führen. Die Vision einer ­risikolosen Gesellschaft ist dabei in jedem Fall eine Utopie. Allein an Wespenstichen sterben in Deutschland jährlich 14.000 Menschen. Streeck beklagte, dass wir, statt mit dem Virus leben zu lernen, eine „Politisierung des Virus“ betreiben, mit der Folge der mangelnden Auseinan­dersetzung mit den unterschiedlichen ­Interpretationen der Gefahrenlage.

Wie viele andere vernünftige Bür­gerInnen relativiert Streeck nicht etwa die Gefahren des Virus. Im Ausnahmefall kann eine Infektion auch für jeden Einzelnen eine tödliche Gefahr darstellen. Es bleibt natürlich das verbindliche Ziel, eine Überlastung der Gesundheitssysteme in der Pandemie zu vermeiden. Allein Extremisten fordern daher, dass der Staat keinerlei Maßnahmen ergreifen sollte. Der Weg zu dem Ziel effizienter Gesundheitsvorsorge ist allerdings, wenn man genauer hinschaut, durchaus strittig.

Die Philosophie der angeblichen Alter­nativlosigkeit und die Markierung aller kritischen Stimmen als „irrational“ ist wenig hilfreich. Rüdiger Suchsland beschreibt auf TP-Online dieses klassische Framing, das heißt, oft ohne Überleitung, Kritiker als „Corona-Relativierer“ pauschal zu verunglimpfen. Ist denn jemand, der nachfragt, sofort ein Relativierer?

Immer wieder wird auch den öffentlich-rechtlichen Medien vorgeworfen auf ihren Kanälen nur wenig echte Kritik zuzulassen und sich stattdessen auf die extre­men Ränder der kritischen Bewegung zu konzentrieren. Die Kritik an der Pandemie-Berichterstattung der Fernsehsender in den letzten Monaten hat darüber hinaus auch grundsätzliche Züge. „Sondersendungen wurden zum Normalfall und gesellschaftlich relevante Themen jenseits von Covid-19 ausgeblendet: Es war eine Verengung der Welt“, erklärte der Medi­enforscher Dennis Gräf dem Evangelischen Pressedienst.

Die mangelnde Objektivität der Medien zeigte sich auch bei den zahlreichen unterschiedlich motivierten Demonstrationen der letzten Monate. Immer wieder wurde vom Ausbruch neuer, großer ­Infektionswellen durch gute oder böse Demonstranten gewarnt, das Ausbleiben dieser Phänomene dagegen nur noch am Rande erwähnt.

Zumindest widersprüchlich erscheint in diesem Zusammenhang das Verbot größerer Kundgebungen anläßlich der Terroranschläge von Hanau. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh schrieb hierzu auf Twitter: „Wir verlieren auf Dauer Glaubwürdigkeit und jedes Vertrauen der Angehörigen der Opfer, wenn Corona-Leugner ohne Masken und Abstand aufmarschieren, Corona-Partys stattfinden, S-Bahnen aus allen Nähten platzen, aber die Gedenkdemo von ­Hanau abgesagt wird.“

Zu den bedenklichen Erkenntnissen der Pandemie gehört nicht nur die Mängel unserer Debattenkultur, das regel­mäßige Auftreten von Widersprüchen, sondern auch die Unmöglichkeit aus den Perspektiven der verschiedenen Parteiungen so etwas wie eine objektive Wirklichkeit zu definieren. Tatsächlich handelt es sich hier um eine sehr grundsätzliche Problematik. Aus psychologischer Sicht phantasiert sich der Mensch ganz gerne eine Realität zusammen, in der es sich gut leben lässt. Je nach Gemüt bevorzugt der Eine die Über-, der andere die ­Untertreibung gegenüber Gefahren, die sich nur schwer objektiv fassen lassen. Hat der Philosoph Nietzsche etwa Recht, wenn er behauptet, dass es überhaupt nur Perspektiven, aber keine Wahrheit gäbe? Und: Auf welcher Grundlage kann hier eine offene Gesellschaft überhaupt noch sinnvoll diskutieren?

Vor einigen Jahren hat Gert Scobel zu diesem Thema ein Buch mit einem interessanten Titel verfasst: „Der fliegende Teppich. Eine Diagnose der Moderne.“ Der Philosoph entfaltet in seinem lesenswerten Text eine paradox wirkende Argumentation rund um die Metapher des fliegenden Teppichs. Denn, so Scobel, das Bodenlose unserer Existenz und die komplexe Zahl aller möglichen Fälle zwingt uns alle auf dem Teppich zu ­bleiben. Die Idee einer vollständig ­objektivierten Wirklichkeit ist für den Philosophen eine Illusion. „Es geht ­darum, zu wissen, dass an dem Prozess der uns entscheidend dabei hilft, auf die Beine zu kommen und uns im Alltagsleben zu erheben, notwendig Fiktionen beteiligt sind.“

Scobel sieht in einem „fiktiven Realismus“ den Ausweg, einer Haltung, die sich stets bewusst ist, dass die eigene Positionierung auch notwendigerweise fiktive Elemente in sich trägt, übrigens völlig unabhängig davon, ob wir einer Mehrheits- oder Mindermeinung folgen. Nur auf dieser Grundlage macht es ­überhaupt Sinn andere Meinungen zur Kenntnis zu nehmen.

Nötig ist hier also eine philosophische Überlegung, die dem wissenschaftlichen Streit und dem Aufprall der Meinungen einen sinnvollen Rahmen gibt. Unsere Vorstellungen über die Welt schöpfen wir niemals nur aus uns selbst. Wir sind in einer komplexen Welt mehr denn je auf subjektive Berichte und wissenschaftliche Erkenntnisse Anderer angewiesen. Unser Bewusstsein, dass unsere Meinung auf unzählige Einflüsse von Außen angewiesen ist, relativiert unseren eigenen Wahrheitsanspruch. Wallace Stevens verweist auf dieses Problem jeder Erkenntnis mit seiner berühmten Aussage: „Die erste Idee war nicht unsere eigene.“

In der Pandemie zeigt sich dieses Phänomen an einem einfachen Grundsatz der Erfahrung, den wir alle immer wieder erleben: je überzeugter und ideologischer eine Meinung vorgetragen wird, desto häufiger sind fiktive Elemente in diese Rede integriert. Das Dilemma führt so in den Kern der Bodenlosigkeit unserer Existenz. Unsere fliegenden Teppiche und damit unsere Perspektiven entfernen sich, wenn wir in unserer Selbstwahrnehmung ehrlich sind, einerseits schnell von jeder Bindung an eine Realität, andererseits sind wir immer auch darauf angewiesen unsere Vorstellung von Realität mit neuen Fiktionen zu verknüpfen.

Natürlich erkennen wir das Phänomen des fliegenden Teppichs auch längst in der Politik. Der bayrische Ministerpräsident Söder, um nur ein Beispiel zu nennen, ist ein Meister dieses Fachs. Unter dem Eindruck guter, persönlicher Umfragezahlen ist seine Rede an die Landeskinder immer wieder mit fiktiven und realen Elementen durchsetzt. Sein Credo ist einfach: bis die „heimtückische“ Pandemie überwunden ist und im Rahmen seiner Fiktion der möglichen Folgen, deren Gehalt er von Dritten übernimmt, soll sich das Land hinter ihm versammeln, möglichst ohne jeden politischen Streit und ohne reale Kritik. Die Sehnsucht nach einer starken Hand, die für uns alle Probleme löst und uns durch die Krise führt, ist eine der Verführungen des Politischen im Krisenmodus.

Aber: auch die Politik wird immer wieder von der Kraft des Realen eingeholt. Nur kurz nach der forschen Rede des Politikers ließen sich die Versäumnisse der bayrischen Gesundheitspolitik bei den Massentests an der bayrischen Grenze nicht mehr unter den Teppich kehren. Über Monate hatte, wie uns jetzt bewusst wird, die Politik verpasst eine Strategie zu entwickeln, wie man mit Millionen Urlaubern an der Grenze zu verfahren hat. Auch der Politiker muss wie jeder Bürger immer wieder neu lernen: je höher der Flug auf dem fliegenden Teppich, desto tiefer der mögliche Fall.

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Hanau und die Folgen

„Natürlich ist es zu begrüßen, dass der Kampf gegen Rechts eine Klammer ­darstellt, die Menschen parteiübergreifend zusammenführt. Allerdings darf diese Gemeinsamkeit nicht darüber hinwegtäuschen, dass es an einer positiven Vision über das künftige Zusammenleben fehlt. Die Gräben verlaufen nicht nur zwischen Links und Rechts, Ost und West, sondern auch zwischen Arm und Reich.“

(iz). Es ist keine imaginäre Gefahr. Die schrecklichen Morde in Hanau sind real, furchtbar und erschütternd. Für Millionen Mitbürger­Innen in unserem Land, die – mit dem berühmtem Immigrationshintergrund, aber auch Menschen, die Moscheen oder Synagogen besuchen, ein Kopftuch oder eine Kippa tragen – waren diese Nachrichten nicht wirklich über­ra­schend. Das ist an sich schon schockierend und erklärt sich aus den Er­fahrungen unserer Minderheiten im Land, die das vergiftete Klima in Form von Angriffen und Alltagsrassismus am eigenen Leib spüren. Jetzt scheint die politische Klimakatastrophe immerhin in das öffentliche Bewusstsein gerückt zu sein. Das Ziel ist klar: Es gilt, die dumpfe Dialektik gegen den vermeintlich Anderen zu entlarven und die ­Enthemmung der Sprache in der Öffentlichkeit zurückzudrängen.

Parallel zur spürbaren Empörung über die kaltblütigen Morde von Hanau ­verschärfen sich die Debatten über die Einordnung des Extremismus. Nach der sogenannten „Hufeisentheorie“ haben extremistische Kräfte am linken und rechten Rand mehr miteinander gemeinsam als mit der demokratischen Mitte. Dieses alte Bild hat heute aus ­verschiedenen Gründen ausgedient. Zunächst ist mit dem Terror von Muslimen in Europa ein Akteur auf die politische Bühne getreten, der zur Polarisierung der Gesellschaft leider auf neue Weise beigetragen hat und die Problematik des Extremismus erweitert.

Zudem zeigen die Erfahrungen der letzten Jahre spätestens seit den NSU-Morden, dass die Gefahr von Rechts eine andere, gefährlichere Dimension hat als die Gefahr des linkem Extre­mismus. Die Erinnerungen an die Er­fahrungen mit des RAF-Terrors in den 1970er Jahren sind dagegen längst historisch eingeordnet und verblassen. Heute gelten daher neue Lehrsätze: Nicht jeder stramme Konservative ist ein Terrorist, aber immer mehr Terroristen sind rechts! Über diese neue Gefahrenlage besteht in diesen Tagen ein breiter Konsens.

Eine weitere Folge der antiquierten Idee der Hufeisentheorie, ist, dass die demokratische Mitte im Grunde nichts mit den extremistischen Umtrieben im Lande zu tun hat, nicht mehr zu halten ist. Dies zeigt sich – neben dem gesamtgesellschaftlichen Problem des Antise­mitismus – gerade auch im Umgang mit der muslimischen Minderheit im Land. Die hitzigen Diskussionen über das ­Phänomen des Islam in Deutschland und die wachsende Zuwanderung seit 2015 hat natürlich in erster Linie zum Erstarken der AfD geführt.

Mehr oder weniger ausdrücklich ist die Dialektik gegen den Islam eine der ideologischen Hauptpfeiler der rechten Populisten. Ihre Rhetorik gegen Ausländer, Flüchtlinge und Muslime führt hart an die Linie, nach der nur noch Gewalt Steigerung verspricht. Wenn man aber nach der alten Hufeisentheorie die AfD im rechten Extremismus verortet, übersieht man gerne, dass sich das anti-muslimische Ressentiment auch in den Parteien wiederfindet, die sich heute als die neuen Demokraten, links von der AfD definieren. Allein von der CDU sind in der Thüringen-Wahl 2019 etwa 17.000 Wähler von der imaginären Mitte flugs zur AfD gewandert.

Reflektiert man zudem die Rolle ­unserer Leitmedien im Umgang mit dem Islam in Deutschland, findet sich ein weiteres Indiz, wonach sich eine wachsende, pauschale Islamfeindlichkeit in der ganzen Gesellschaft erfolgreich verbreiten konnte. Das Kalkül mancher Medien ist so banal wie gesellschaftspolitisch gefährlich: Die harte Kritik am Islam verkauft sich besser als eine ausgewogene und sachliche Berichterstattung. Signifikant ist hier, um nur ein Beispiel zu nennen, dass der Islam und die Muslime in den Medien nur mit ­Tätern assoziiert werden, nie aber mit den Opfern, die heute vom Terror ­betroffen sind. Die erschossenen Bürger von Hanau werden zu „Fremden“ oder – wie es in einem Bericht der Tages­schau heißt – zu „Menschen, die sich in Sisha-Bars aufhalten, mit migrantischem Hintergrund“. Ihre religiöse Identität spielt hier nicht zufällig keine Rolle.

Diese Begriffsverwirrungen erklären sich auch aus der Schwierigkeit der ­Parteien, Islam und die Muslime überhaupt als Teil der deutschen Gesellschaft anzuerkennen. Fatal wirkt auch der Eindruck, dass sich das Bekenntnis zum Islam und das Engagement in einer ­demokratischen Partei ausschlössen. Wen wundert es im Ergebnis, dass sich viele Muslime frustriert von einer ­Gesellschaft abwenden und beklagen, dass man auch, wenn man in Deutschland geboren ist und seit Generationen hier lebt, noch immer als Bürger 2. Klasse angesehen wird?

Natürlich hat der Begriff der Mitte jenseits des abstrakten Theorienstreites noch immer seine praktische Daseinsberechtigung. Die Abneigung gegenüber Extremen, die Dialogfähigkeit und die Bereitschaft zur Differenzierung machen die Substanz dieser Haltung aus. Die ­absolute Mehrheit aller Muslime sieht sich in der Tradition dieser Tugenden.

Darüber hinaus gehört hierher auch die Möglichkeit gesunder Selbstkritik und der Respekt gegenüber den Gefahren der politischen Dialektik gegen den Feind. Die Erfahrung zeigt, dass sich allzu schnell Eigenschaften, die man dem Gegner zuschreibt, sich in den ­eigenen Reihen und im eigenen Sprachgebrauch wiederfinden.

Wer sich zum Beispiel – zu Recht – dagegen wehrt, dass „die“ Muslime pauschal als Terroristen verunglimpft werden, sollte angesichts des rechten Terrorismus auch nicht von „den“ Deutschen sprechen.

Wenn heute Extreme, Wahn und ­Terror die gesellschaftliche Realität mit ausmachen, gilt es auch über den Nährboden dieser Phänomene nachzudenken. Natürlich ist es zu begrüßen, dass der Kampf gegen Rechts eine Klammer darstellt, die Menschen parteiübergreifend zusammenführt. Allerdings darf diese Gemeinsamkeit nicht darüber hinwegtäuschen, dass es an einer positiven Vision über das künftige Zusammenleben fehlt. Die Gräben verlaufen nicht nur zwischen Links und Rechts, Ost und West, sondern auch zwischen Arm und Reich. Die Zukunft der Demokratie ist nicht nur durch den politischen Extremismus bedroht, sondern auch durch die Innovationen der Finanztechnik und der Dynamik der digitalen ­Revolution. Es ist jedenfalls kein Zufall, dass der „ökonomische Extremismus“, die Finanzkrise und das Thema der ­Gerechtigkeit längst kaum mehr diskutiert werden.

Die Muslime in Deutschland sind in jedem Fall aufgerufen Maß und Mitte in diesem Land aktiv mitzugestalten. Jede andere Minderheit sollte sich unserer Solidarität immer sicher sein. Die mögliche Falle ist ebenso klar: wir dürfen nicht in die gleiche Rhetorik des „Wir gegen die Anderen“ verfallen. Wir müssen konstruktive Kritik an uns aushalten, aber auch polemische Ideologie gegen den Islam entlarven. Am Ende muss es uns um die Stiftung eines ­Wir-Gefühls gehen. Wir sind Teil des Ganzen. Trotz Hanau, oder gerade auch deswegen.

Eine der Folgen der Ereignisse von Hanau sollte es auch sein, unsere Rolle als zivilgesellschaftlicher Akteur in der Bundesrepublik zu stärken. Dieser ­Ansatz muss einhergehen mit einer selbstkritischen Analyse des Zustandes unserer Organisationen. Das Dilemma der medialen Präsenz von Muslimen zeigt sich auch wieder in der Trauerarbeit rund um Hanau. Muslimische Vertreter tauchen bisher nur im Kontext des Terrorismus und im Bezug zur inneren Sicherheit in der Berichterstattung auf. Unsere Verbandsvertreter sind inzwischen zwar in der Lage, in Krisensituationen professionell Rede und Antwort zu stehen, es fehlt aber an einer Strategie, auch in anderen gesellschaftlichen Debatten wahrgenommen zu werden. Das wäre aber wichtig, denn der Islam würde nicht immer nur als Teil eines Problems, sondern auch als Teil einer Lösung wahrgenommen werden.

Die prekäre Lage der Muslime sollte auch zu der überfälligen Reform und Modernisierung unserer eigenen Strukturen führen. Die berechtigte Forderung an die Mehrheitsgesellschaft Pluralität zu leben trifft – selbstkritisch gesehen – auf einen entscheidenden Widerspruch. Die meisten Verbände setzen selbst nach wie vor (im Grunde seit den 1970er ­Jahren) auf die ethnische Identität ihrer Mitglieder.

Es ist wichtig, jenseits der Idee ­einer ethnischen Differenz, neue Organisationsformen zu gestalten, die das zivil­ge­sellschaftliche Engagement von Muslimen koordinieren und die vorhandene Kompetenz und Intelligenz von Muslimen abruft. Muslime sollten ­vorleben, dass die Kompetenz und das gemeinsame Engagement wichtiger ist als die Herkunft. Um die gewaltigen Herausforderungen zu meistern, bedarf es veränderter Strukturen und neuer ­Synergien. Nur durch neue Formen der gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit kann der zivilgesellschaftliche Beitrag der Muslime deutlicher werden.

Hier hat sich schon viel verbessert, ausreichend sind die Bemühungen aber noch nicht. Die sozialen Medien sind beispielsweise ein Brandbeschleuniger für anti-muslimische Ressentiments, es fehlt aber an einer koordinierten Strategie für eine digitale Gegenoffensive. Ein Blick auf die Webseite des Koordinationsrates der Muslime genügt, um zu verstehen, was hier gemeint ist.

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Wie können wir mit Angriffen umgehen?

„Und wenn Allah nicht die einen Menschen durch die anderen abgewehrt hätte, so wären fürwahr Mönchsklausen, Kirchen, Bethäuser und Gebetsstätten zerstört worden, in denen Allahs Name häufig genannt wird. Und […]

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Wie können wir richtig reisen?

(iz). Alle Jahre wieder drängen sich Flug-, Zug- und Autoreisende während der Ferienzeiten in die von ihnen gewählten Verkehrsmittel, um Urlaub zu machen. Trotz Klimadebatte dürfte auch in diesem Jahr […]

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Deutschlands Geschenk an den Islam

(iz). Im Wochenmagazin „Der Spiegel“ wurde darüber berichtet, dass Murad Wilfried Hofmann der wohl bekannteste Konvertit der Republik sei.1 Kein Wunder also, dass in einer von der „Islamischen Zeitung“ durchgeführten Umfrage mit dem Titel „Wer sind die wichtigsten Muslime in Deutschland?“ die Wahl, unter vielen anderen Persönlichkeiten, schließlich auf Murad Hofmann als wichtigsten Muslim fiel.2
Auch war es kein geringerer als Murad Hofmann, der als einziger muslimischer Intellektueller aus Deutschland gemeinsam mit den 138 islamischen Gelehrten aus aller Welt einen „Offenen Brief an die religiösen Führer des Christentums“ unterzeichnete.3 Allen voran richtete sich der Brief „Ein Wort, das uns und euch gemeinsam ist“ an Papst Benedikt XVI., der in seiner Regensburger Rede am 12. September 2006 die Gemüter der Muslime weltweit erregte, indem er in seinem Vortrag ein Zitat des byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaiologos (1350 – 1425) aus dem Mittelalter vortrug, worin dieser den Propheten Muhammad als einen blutrünstigen Menschen illustrierte.4
Nicht nur in Deutschland, sondern auch weit über die Landesgrenzen hinaus war Hofmann bekannt geworden. Dies liegt im Besonderen an seinen zahlreichen Veröffentlichungen5 zum Thema Islam sowie an unzähligen Vorträgen in Westeuropa, den USA und der islamischen Welt. Deshalb schien es auch nicht verwunderlich zu sein, dass er im Jahre 2009 von Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum, Vizepräsident und Premierminister der Vereinigten Arabischen Emirate und Herrscher von Dubai, zur „Islamischen Persönlichkeit des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Darüber hinaus ist Hofmann der erste Konvertit und entsprechend auch – nach dem ehemaligen bosnischen Staatsoberhaupt Alija Izetbegovic – der zweite europäische Muslim überhaupt, der im Rahmen des „Dubai International Holy Quran Award“ für diese Auszeichnung gewürdigt wurde.
Nur ein Jahr später erhielt Hofmann die Freiheitsmedaille 1. Klasse – die höchste Auszeichnung unter den für Ausländer vorgesehenen Orden – vom jordanischen König Abdallah II in Amman.
Zudem scheint sein beruflicher Werdegang sehr außergewöhnlich zu sein, da Hofmann eine ganze Reihe von beruflichen Tätigkeiten in seinem Leben ausgeübt hat. Von 1954 – 1979 war Hofmann als internationaler Ballettkritiker für die Fachzeitschriften „Tanzarchiv“ (Hamburg), „Ballet Today“ (London) und „Dance News“ (New York) tätig. Mit Karl Viktor Prinz zu Wied gründete er in München die „Gesellschaft der Freunde des Balletts, e.V.“. Gleichzeitig war er dort für Lula von Sachnowsky als Manager ihrer Ballets Sachnowsky tätig.
Von 1979 bis 1983 leitete Hofmann im Auswärtigen Amt das Referat NATO und Verteidigung. Dem folgte seine Tätigkeit als Informationsdirektor (1983 – 1987) der NATO in Brüssel. Dabei wurde er als Muslim – eigenen Angaben zufolge – aufgrund seiner Religionszugehörigkeit in keiner Weise beruflich benachteiligt. Dreieinhalb Jahre nach seiner Konversion verlieh ihm der damalige Bundespräsident Dr. Karl Carstens am 6. Februar 1984 das Bundesverdienstkreuz.6 Danach wurde er als deutscher Botschafter zuerst in Algerien von 1987-1990 und anschließend von 1990- 1994 in Marokko eingesetzt.

Konversion zum Islam

Wie bei jedem Konvertiten gab es auch bei Hofmann außergewöhnliche Begebenheiten, die ihn zur Gedankenwelt des Islam hinführten. Es waren im Grunde drei ausschlaggebende Schlüsselerlebnisse in seinem Leben, die ihn dann letztendlich dazu veranlassten, sich zum neuen Glauben zu bekennen. Diese Schlüsselerlebnisse waren:
(1) menschlicher,
(2) ästhetischer und,
(3) philosophischer Natur.
(1) Auf menschlicher Ebene waren es insbesondere seine Erlebnisse im Bürgerkrieg in Algier in den Jahren 1961/62, wo er unter anderem im deutschen Generalkonsulat als Attaché fungierte. In diesen bedrückenden Jahren führte die sogenannte Nationale Befreiungsfront (Front de Libération National/F.L.N.) bereits seit acht Jahren einen verbitterten Guerillakrieg gegen die französische Besatzung. Frustriert musste hier der junge Hofmann miterleben, wie auf offener Straße Menschen mit einem Nackenschuss erbarmungslos niedergestreckt wurden, „nur weil sie Araber oder weil sie für die Unabhängigkeit Algeriens waren“.7
Seine vornehmliche Pflicht bestand vordergründig darin, sich in Kooperation mit den französischen Behörden um die „desertierten deutschen Fremdenlegionäre“ zu kümmern und diese so schnell wie möglich wieder nach Hause zu schaffen. Murad Hofmann schildert die entsetzliche Atmosphäre jener Zeit wie folgt:

Wenn ich unter den in den Gängen abgelegten Verletzten im Mustafa-Krankenhaus nach einem Deutschen suchte, hatte ich meine Waffe durchgeladen am Gürtel. Entgegenkommenden schaute ich nicht ins Gesicht, sondern auf die Hände. Wenn man auf gleicher Höhe war, drehte man sich um und entfernte sich vorsichtshalber einige Schritte rückwärts voneinander. Meine verängstigte Frau bestand manchmal darauf, meinen Nacken zu schützen; dann lief sie mit einem scharf geschliffenen Fahrtenmesser im Ärmel ein paar Schritte hinter mir her“.8

Auch war es alltäglich zu sehen, wie Algerier am helllichten Tag auf der Straße erschossen wurden: „Als ein Mann die Straße vor mir überquerte, wurde er vom Gehsteig her angeschossen und fiel röchelnd vor meinen linken Kotflügel. Der Attentäter deutete mir mit der Pistole herrisch, weiterzufahren, um das Schussfeld freizumachen […] Er bequemte sich schließlich, vorzutreten und seinem Opfer den Fangschuss zu geben. Dann verschwand er im Menschengewühl, ohne jede Hast.“9
Unerträglicherweise musste Hofmann ebenso zusehen, wie die französische Terrororganisation „Organisation Armée Secrète (O.A.S.)“ zunehmend mit Benzinfässern gefüllte Autos anzündeten und in arabische Viertel rollen ließen: „Man musste in einem solchen Fall damit rechnen, als unerwünschter Zeuge auf die Abschussliste zu kommen.“10
Die Terrororganisation O.A.S. ging kurz vor der unmittelbaren Unabhängigkeit Algeriens noch einen fürchterlichen Schritt weiter, indem sie anfingen, selbst die Frauen anzuschießen, die eine islamische Kleidung trugen. Außerdem erschossen sie in EL Biar einen Straßenhändler vor seinem Büro: „Seit Jahrzehnten hatte er seine Fische ausgerufen und niemand ein Leid zugefügt.“ 11
Das Schicksal und die „Leidensfähigkeit der Algerier“ markierten einen erheblichen Wendepunkt im Leben Hofmanns. Zum ersten Mal begegnete er dem Islam hautnah. Beeindruckt von ihrer Disziplin im Monat Ramadan, ihre „Siegesgewissheit und ihre Menschlichkeit“ inmitten so viel Leid und Schreckens wahrnehmend, bemerkte Hofmann zusehends, dass ihre Religion dabei eine maßgebliche Rolle spielte: „Um zu wissen, wie diese wunderlichen ‚Eingeborenen‘ ticken, begann ich, ihr ‚Buch‘ zu lesen, den Koran in französischer Übersetzung von Pesle/Tidjani. Damit habe ich bis heute nicht mehr aufgehört.“12
(2) Schon sehr früh entwickelte Hofmann eine Faszination für den Tanz, die ihn schließlich – ohne zu übertreiben – zu jedem Ballettabend des Münchener Prinzregententheaters führte. Um als Ballettkritiker faktisch überhaupt zu wissen, worüber er eigentlich schrieb, besorgte er sich sogar eine Ballettstange: „[…] um den klassischen Bühnentanz wenigstens rudimentär zu erlernen, so dass ich wusste, wovon ich schrieb. Schließlich beruht diese so ätherische Kunst auf physischer Schwerstarbeit. So lernte ich beispielsweise, einen ‚entrechat huit‘ zu erkennen und die Technik des in der Luft Ruhens (ballon) von hohem Sprung (élévation) zu unterscheiden.“13
Deshalb schien es alles andere als merkwürdig zu sein, in jeder freien Stunde außerhalb der Gerichtstermine seine Zeit im Ballettsaal in der Nähe des Justizpalastes zu verbringen. Zusammen mit Karl Viktor Prinz zu Wied gründete Hofmann zunächst 1955 die Gesellschaft der Freunde des Balletts e. V. in München, um dann die Tanzkritik der Münchner Abendzeitung in Koinzidenz mit zu übernehmen.
Des weiteren schrieb er von 1954 bis 1980 regelrecht als Fachkritiker unter anderem für „Das Tanzarchiv“ (Köln), „Ballet Today“ (London) und „Dance News“ (New York) und war außerdem von 1971 bis 1973 als Dozent für Tanzgeschichte und Ballettästhetik am Kölner Institut für Bühnentanz tätig. Aufgrund seiner Leidenschaft für seine Tätigkeit wurde er gleichwohl mit den „Ballettsälen und Tanztheatern der halben Welt“ vertraut gemacht. Erstaunlicherweise wussten etliche seiner Bekannten nicht einmal davon, dass der Ballettkritiker Hofmann dies alles nur als Nebentätigkeit bewerkstelligte: „So ahnten manche meiner Bekannten nicht, dass nicht Ballett, sondern Juristerei und Diplomatie mein Hauptberuf war.“14
Den Übergang von der Tanzästhetik zur Perzeption der islamischen Kunst empfand er als außergewöhnlich anziehend und zugleich auch wohlvertraut. Religionen sprechen nun einmal auch in der Sprache der Ästhetik, da sie nicht nur eine Ansammlung von Normen und Wertvorstellungen sind, sondern sich besonders durch Mythen und Bilder transferieren. Die ästhetische Dimension ist vielmehr eine sinnlich–künstlerisch erfahrbare und genussbereitende Erscheinungsform. Nach Navid Kermani ist eine ästhetische Erkenntnis demnach: „eine Erkenntnis durch die Sinne, nicht eine – in der Terminologie Baumgartens und Wollfs – deutliche Vernunfterkenntnis.“15
Zwei Jahre nach seiner Konversion beschrieb Hofmann seine Eindrücke folgendermaßen:

Gleichwohl empfand ich schon damals eine starke Zuneigung zur islamischen Kunst, wie sie mir in Berliner Museen, besonders aber in Spanien – mit der großen Moschee von Cordoba, der Giralda von Sevilla, der Alhambra von Granada (als Vorgeschmack des Paradieses) – erstmals begegnete. Ich ahnte die gewaltige Bewegung, die über 1000 Jahre hinweg von Andalusien bis Indien ethnisch–regionale Traditionen und Formgebungen umbilden konnte, dass islamische Kunst ohne jede erkenntnistheoretische Vorbildung unverwechselbar zu identifizieren ist. Besondere Faszination übte auf mich von jeher die ins ikonographisch reichende, aber Hadith-konforme, islamische Kalligraphie aus, der Spitzbogen als spannungsreichste, dynamischste Lösung dieses architektonischen Problems sowie die abstrakte Ornamentik dessen, was wir ‚Arab‘-eske nennen.“16

(3) Zwischenzeitlich begeisterte Hofmann sich für die Philosophie Ludwig Wittgensteins, die mit seiner grundsätzlich „erkenntniskritischen Position ihm so radikal schien, so dass sie gewissermaßen nach Agnostizismus roch“. Nichtsdestotrotz war ihm von Anfang an klar gewesen, „dass es keinen Beweis für die Nicht-Existenz Gottes gibt“. In der Anlehnung an Richard Swinburne hielt er dennoch daran fest, dass es in höchstem Maße unwahrscheinlich sei, das Gott nicht existiert.17
Nachhaltig würde jeder Mensch sich früher oder später die Frage nach der Sinngebung stellen und desgleichen entsprechende Antworten auf die Fragen nach dem Woher, Weshalb und Wohin suchen. Deshalb sind „Die Anhänger der drei monotheistischen Weltreligionen sich darin einig, dass der Mensch die Rätsel seines Daseins durch Naturbeobachtung und Nachdenken nicht entschlüsseln, aus Sinneseindrücken also nichts Verlässliches über die letzte Wirklichkeit erfahren kann“.18
In diesem Zusammenhang sei eine Offenbarung Gottes in Form eines Buches (Koran) eine unabdingbare Notwendigkeit, um „das richtige Verhältnis zu uns selbst, unserer Umwelt und Gott zu finden“.19 Insofern sind Muslime davon überzeugt zu wissen, dass es allein aufgrund von Naturbetrachtung nicht möglich ist, eine die dem Menschen gemäße Lebensweise herzuleiten.20
Während der Lektüre des Koran wurde es Hofmann immer deutlicher, wie grundlegend verschieden der Koran sich von der Bibel in grundsätzlichen Fragen unterscheidet. Geht doch die Bibel von einer fatalistischen Erbsünde aus, wonach Gott den Sündenfall von Adam und Eva mit Fortwirkung auf die gesamte nachfolgende Menschheit bestraft. Alsdann sollen Frauen den Männern untertan sein und ihre Kinder in Schmerzen gebären (Genesis 3, 16). Nur im Angesicht ihres Schweißes würden sich Männer fortan ernähren können (Genesis 3, 17). Aus der Konsequenz ihres Übertritts wurden beide Geschlechter aus dem Paradies vertrieben, ohne jedoch dass Gott ihnen im Nachhinein verziehen habe.
Diese fatalistische Theorie der Erbsünde betreffend konzipierte das Christentum schon frühzeitig eine erlösungsbedürftige Weltanschauung, insbesondere durch die Opferung und die Hinrichtung von Jesus am Kreuz (Römer 5, 13-19). Danach sei jeder Mensch anhand der Opferung von Jesus gezwungenermaßen erlösungsbedürftig, da alle Menschen von Geburt an mittels ihrer anhaftenden Erbsünde zur Welt kommen. Eindeutig bekundet allerdings der Koran im Gegensatz dazu: “Doch Satan flüsterte ihm zu und sagte: „O Adam! Soll ich dich zu dem Baume der Ewigkeit und in ein Reich führen, das nie vergeht? Und sie aßen beide davon” (Koran, 20:120). Der Koranexeget Mawdudi (gest. 1979) schreibt dazu: „Beachte, dass in diesem Vers die Rede davon ist, dass Satan Adam verführte und nicht in erster Linie Eva. Nach Sure 7:20 wurden beide in Versuchung geführt und fielen ihm zum Opfer. Dies steht im Gegensatz zum biblischen Bericht in Genesis 3:3-9, wo Satan erst die Frau und sie dann ihren Mann verführte.“21
Man bedenke, welchen historischen Schaden, insbesondere für die Frauen, allein die Rolle Evas in der biblischen Welt anhaltend und nachhaltig bis heute hinterlassen hat.22
Beispielsweise ließ der Bischof von Karthago Thascius Caecilius Cyprianus (gest. 258) im direkten Zusammenhang mit der „Verführerin“ Eva seinerzeit den Satz „Die Frau ist das Werkzeug des Teufels, dessen er sich bedient, um von unseren Seelen Besitz zu ergreifen“ in die offizielle Kirchenlehre einfließen.23
Im strikten Unterschied hierzu plädiert der Koran währenddessen dafür, dass eine Kollektivschuld mit der Gerechtigkeit Gottes alles andere als vereinbar sei

Jedermann ist jedoch für das haftbar, was er getan hat“ (Koran, 55:21, vgl. 17:15). Jedenfalls war für Hofmann dieser Unterschied von grundlegender Bedeutung: „Es stellte sich ein, als ich auf einen im Koran mehrfach vorkommenden Vers stieß, der da sagt: ‚[…] und kein Lasttragender soll die Last eines anderen tragen‘ (53:38). Dieser Vers muss jeden schockieren, der das christliche Gebot der Nächstenliebe ernst nimmt, welches das Gegenteil auszusagen scheint. Doch der 38. Vers der 53. Sure befasst sich gar nicht mit einem moralischen Aspekt, sondern enthält zwei fundamentale theologische Aussagen: er leugnet (1) die Theorie der Erbsünde und (2) die Möglichkeit der Interzession. Letzteres entzieht jedem Priester- und Sakramententum, jeder Heiligenverehrung und jeder klerikalen Hierarchie den Boden; der Muslim ist der emanzipierte Gläubige par excellence. Die Ablehnung der fatalistischen Theorie von Erbsünde war für mich von noch fundamentalerer Bedeutung, weil sie auch den christlichen Lehren von Erlösungsbedürfnis, Inkarnation, Opfertod und Trinität den Boden entzieht. Allmählich begriff ich, wie ungeheuerlich, ja blasphemisch die Vorstellung ist, dass Gott die Schöpfung nicht geglückt sei; dass er das nicht habe ändern können, ohne einen Sohn zu zeugen und sich blutig opfern zu lassen; dass Gott für die Menschheit leide.“24

Inzwischen ist die Deformierung der Person Jesus – einschließlich der Trinitätslehre – ein umstrittener Sachverhalt und Gegenstand seriöser Forschungen bei Bibelwissenschaftlern und Historikern geworden.25 Der Kirchenkritiker Karlheinz Deschner schildert diesen Umstand prägnant und wirft ausgerechnet den Letztgenannten das Praktizieren subtiler Vielgötterei vor: „Kompliziert wurde das Verhältnis der Person des Vaters und des Sohnes noch durch Dazukunft einer dritten, des Heiligen Geistes; woraus ein pluralistischer Monotheismus entstand, eine verfeinerte Vielgötterei.“26
Nicht von ungefähr schrieb deshalb Hofmann am 4. Juli 1983 in seinem „Tagebuch eines deutschen Muslims“ die Überschrift: „Erfolgsmeldung für den Islam“, und nur eine Zeile weiter hieß es: „Das Beste, was dem Islam in Deutschland zustoßen konnte […].“ Was war geschehen? Der evangelische Theologieprofessor Paul Schwarzenau veröffentlichte in jenem Jahr sein Buch „Korankunde für Christen“ und verschrieb sich zum „Anwalt des Koran“.27
Darin legt er offenkundig dar, dass die Berichte über Jesus und Maria in den koranischen Erzählungen in einem unveränderten, archetypischen Charakter dargelegt werden. Im Zuge der Kanonisierung des Alten und Neuen Testaments fanden sämtliche Überlieferungsströme über die Urchristenheit keinen Einzug mehr zwischen den zwei Buchdeckeln der Bibel. Im Koran sei man deshalb viel näher bei Jesus als in den heutigen Evangelien: „In gewissem Sinne treten wir mit den Jesuslegenden des Korans tiefer in die Urgemeinde zurück. Die apokryphe Überlieferung, die im Koran sich neu zu Wort meldet, enthält bedeutsame (judenchristliche und judenchristlich-gnostische) Offenbarungsgedanken, die die sich bildende heidenchristliche Großkirche ausgestoßen hat. In den Koran fließen also Überlieferungsströme wieder ein, die durch die Kanonisierung von Altem und Neuem Testament eingeschränkt oder ausgeschlossen worden sind. Wenn man das auch nicht eine ‚Fälschung‘ der Überlieferung nennen will, so stellt es doch eine erhebliche Umbiegung und Vereinseitigung der Überlieferung dar, die, so gesehen, der Koran richtigstellt und, durch Nachoffenbarung, wieder vervollständigt. Es ist eine Tatsache, dass die jesuanische und urchristliche Überlieferung nicht ungebrochen in das Neue Testament übergegangen ist. Der Koran ist die Ergänzung zum Neuen Testament.“28
Unvoreingenommen und selbstkritisch im Umgang mit den Biblischen Schriftquellen lenkt der wohl produktivste katholische Theologe und Psychologe der Gegenwart, Dr. Eugen Drewermann, auf das ontologische Hauptproblem der christlichen Lehre hin. Hiernach besteht zwischen der christlichen und der islamischen Lehre eine entscheidende Diskrepanz in der narrativen Ausführung zum Wesen und zur Funktion des Teufels. Wird doch der Teufel in der Bibel als der Widersacher Gottes dargestellt, der einem allmächtigen Gott den Kampf angesagt habe, so liefert der Koran im Kontrast dazu eine bedeutend plausiblere Erklärung für den ontologischen Anfang des Bösen. So gesehen ist der Teufel kein Gegenspieler von Gott, weil er keinerlei Gewalt über den Menschen hat (Koran, 14:22) und darüber hinaus seine Rolle ausschließlich als Versucher im „göttlichen Heilsplan einnimmt“.29 Nach Drewermann kann deshalb Gottes Allmacht nur dann plausibel sein, wenn die Einheit des Göttlichen unberührt bleibt:

Theologisch wird sich die Einheit des Göttlichen nur behaupten lassen, wenn nicht ein ‚Teufel‘ als Widersacher Gott gegenübergestellt wird: Wie könnte ein Gott ‚allmächtig‘ sein, der um seine Macht gegen eine Vielzahl seiner Geschöpfe ernsthaft erst kämpfen müsste? Tatsächlich weist die islamische Vorstellung von Iblis, von dem ‚Satan‘ der Christen, eine ergreifende Symbolik auf. In der christlichen Theologie (oder besser: in der aus einem kanaanäischen Mythos vom Morgenstern und der Sonne unter dem Einfluss des persischen Dualismus entwickelten Metaphysik) bleibt es unbegreifbar, wieso der ‚oberste der Engel‘ so stolz hätte (nicht sein, sondern:) werden können, sich gegen Gott zu erheben. Um es deshalb so klar wie möglich zu sagen: Gerade die Theorie, mit der die christliche Theologie alle Übel der Welt sowie die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen zu erklären versucht, ist in sich selber vollkommen unklar – nicht einmal das Motiv zum ‚Bösen‘ wird in ihr auch nur annährend plausibel; die christlich dogmatisierte Fassung des alten Mythos ist ganz einfach widersprüchlich, verworren und schlecht erzählt. Genial hingegen nimmt sich die islamische Geschichte vom Teufel aus, wie sie im Koran (2,35; 7,12-20) überliefert wird: Als Gott den Menschen schuf, sprach er zu den Engeln: ‚Fallet vor Adam nieder‘. Alle Engel taten das, nur Iblis (die arabisch verstümmelte Form von griechisch Diabolos, gleich dem deutschen Lehnwort Teufel), der hochmütige Teufel, weigerte sich. Gedacht wird bei den Erklärern der Stelle zumeist daran, dass Iblis aus Feuer geschaffen war, Adam aber nur aus Lehm.“30

Schließlich fuhr Hofmann am 8. September 1980 zu einer Ausbildungsstätte des Auswärtigen Amtes im Bonner Venusberg, um an einem Seminar zum Thema Islam teilzunehmen. Im Seminar referierte der ehemalige deutsche Botschafter und Islam-Konvertit Muhammad Ahmad Hobohm zusammen mit seinem Kollegen Muhammad Ahmad Rassoul, der gleichzeitig auch der Leiter des Verlags Islamische Bibliothek in Köln war. Hofmann hatte zuvor ein zwölfseitiges Manuskript für seinen Sohn ausgearbeitet, um für ihn „in apodiktischer Weise das (wenige) festzuhalten, was ich im philosophischen Sinne für wahr hielt“. Muhammad Rassoul war über den Inhalt des Manuskriptes sehr überrascht gewesen und sagte, wenn er von dem überzeugt sei, was er da ausformuliert habe, dann sei er ein Muslim! „Ich konnte dies nicht fassen. Doch dann überzeugte er mich mit seinem Wunsch, diesen Text als „Ein philosophischer Weg zum Islam“ im eigenen Verlag herauszubringen.“31 Wenige Tage später, am 25. September 1980, hatte ich mein Glaubensbekenntnis abgelegt: „Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Allah gibt; und ich bezeuge, dass Muhammad Allahs Gesandter ist.“32
Allerdings sei hier zum Prozess der Konvertierung noch ein wichtiger Punkt anzumerken. Die Zeitspanne bis zu seiner Konversion umfasste nach längerer, intensiver Forschung zum Islam ca. zwanzig Jahre. In einem Fernseh-Interview bemerkte Hofmann zudem, vor seinem offiziellen Übertritt mehr als zweihundert Bücher zum Thema Islam gelesen zu haben und fügte lapidar hinzu: „Denn man wechselt eine Religion nicht wie ein Hemd, und ich wollte mir nun wirklich todsicher sein, dass das die richtige Wahl ist.“33

Muhammad Asad

Ohne Zweifel war es Muhammad Asad, der den größten Einfluss auf Hofmann hatte und der mit seinen Bestseller-Publikationen wie „Der Weg nach Mekka“ und „Die Botschaft des Koran“ die Konversion Hofmanns nachhaltig geprägt hatte. Er war sozusagen quasi sein „Geburtshelfer zum Islam“.34 Demzufolge schrieb Asad seinem Bewunderer ein Vorwort zur ersten Auflage seines Buches „Tagebuch eines deutschen Muslims“.35 Schließlich würdigte Hofmann nur vier Jahre später, nach Asads Tod, seinen Mentor in seinem 1996 veröffentlichten Buch „Reise nach Mekka“ durch eine Widmung mit den Worten: „Meinem Mentor Muhammad Asad (1900 – 1992) in Dankbarkeit“. Bezüglich Asads Buch „Der Weg nach Mekka“ gibt es für Hofmann „Kein anderes Buch, außer dem Koran selbst, dass jemals mehr Menschen den Weg zum Islam gewiesen hat.“ 36
In der Tat haben seriöse Studien diese Annahme inzwischen exzeptionell belegt. Die Religionssoziologin Prof. Monika Wohlrab-Sahr macht in diesem Zusammenhang, als Ausgang ihrer langjährigen, durchgeführten Studie „Konversion zum Islam in Deutschland und den USA“, die folgende Feststellung: „Sollte überhaupt irgendein Muslim aus dem deutschen Sprachraum eine Art Vorbildfunktion für Konvertiten eingenommen haben, war es sicherlich Muhammad Asad.“37 Hier könnte verständlicherweise der Eindruck entstehen, dass Asad demzufolge auch in der muslimischen Welt für seinen enormen Beitrag zur islamischen Renaissance geschätzt würde. Dem ist nicht so. Selbst „in der arabischen Welt ist es heute kein Bildungsfehler, von Asad nichts zu wissen“.38 In seinem Leitartikel „Muhammad Asad – Europas Geschenk an den Islam“39 analysiert Murad Hofmann eingehend die Hintergründe und die Ursachen, weshalb viele Muslime auch heute noch skeptisch gegenüber Asad bzw. ihm gegenüber feindlich gestimmt sind. Hofmann erlebte dies während eines Vortrages im April 2000 in Washington am eigenen Leibe: „Kaum hatte ich in meinem Vortrag Asad positiv erwähnt, als mir jemand zurief: ‚Weißt du denn nicht, was Asad zu an-Nur (Sure 24) geschrieben hat?‘“40
Zusammengefasst können hier die folgenden zwei Punkte skizziert werden:
(1) Die orthodoxen Muslime werfen ihm im Grunde vor, ein heimlicher Anhänger der rationalistischen Philosophieschule der Mu’‘taziliten (Baghdad, 9./10. Jahrhundert) zu sein. Der deutlichste Beweis wäre hierfür in seiner vernunftbetonten Auslegung sämtlicher Koranverse zu erschließen, die besonders von der Mehrheit der Koran-Exegeten in Bezug auf die Wunder nur eine streng literalistische Lesart (wörtlich) gelten lassen. Wie die Geschichte um Jesus in der Bibel bekannt ist, so unterstreicht auch der Koran das sogenannte Wunder um die Auferweckung der Toten durch die heilende Hände Jesu: „Und als Gesandter (Allahs) an die Kinder Israel (wies Jesus sich aus mit den Worten) „Ich bin mit einem Zeichen von eurem Herrn zu euch gekommen, dass ich euch aus Lehm etwas schaffe, was so aussieht, wie Vögel. Dann werde ich hineinblasen, und es werden mit Allahs Erlaubnis Vögel sein. Und ich werde mit Allahs Erlaubnis Blinde und Aussätzige heilen und Tote (wieder) lebendig machen. Und ich werde euch Kunde geben von dem, was ihr in euren Häusern esst und aufspeichert. Darin liegt für euch ein Zeichen, wenn ihr gläubig seid.“ (Koran, 3:49)
Ergänzend zu den klassischen Korankommentatoren, die faktisch nach wie vor an dem Wunder der Erweckung festhalten, versucht Asad indessen eine alternative Lesart im übertragenen Sinne aufzuzeigen: „Es ist wahrscheinlich, dass das ‚Auferwecken der Toten‘ durch Jesus eine metaphorische Beschreibung dafür ist, dass er Menschen neues Leben gab, die spirituell tot waren. Wenn diese Interpretation – wie ich glaube – richtig ist, dann hat das ‚Heilen der Blinden und der Aussätzigen‘ eine entsprechende Bedeutung: nämlich eine innere Regeneration von den Menschen, die spirituell krank und blind gegenüber der Wahrheit waren.“41
Viele islamische Gelehrte empfanden Asads Kommentierungen, essenziell im Zusammenhang mit den Interpretationen rund um die Wunderberichte, für eine gezielte Entstellung.42 Sie wurden deshalb kurz nach ihrer Veröffentlichung im Jahre 1980 zur am meisten umstrittenen Tafsir deklariert, und man scheute sich in Saudi-Arabien nicht, die erste Auflage zu vernichten. Asads Biograph Dr. Günther Windhager beschreibt das Geschehen folgendermaßen: „Asads zeitgemäße Herangehensweise und eine allegorische Interpretation mancher Verse lösten unter einigen Gelehrten Kontroversen aus. In Saudi-Arabien wurde sie bereits vor der Veröffentlichung des gesamten Textes im Jahr 1974 verboten. Die Zurückweisung von ‚The Message of the Qur´an‘ durch konservative Kreise war zugleich Ausdruck eines wachsenden intoleranten Klimas, mit dem sich Asad in seinen späten Lebensjahren zunehmend konfrontiert sah.“43
(2) Obwohl der Koran in der Sure al-Hudschurat, Vers 13, rassistische Vorurteile sowie kulturellen Chauvinismus unzweideutig missbilligt, so kann doch immer wieder festgestellt werden, dass nicht alle Muslime ihre ethnischen Vorbehalte abgeworfen haben. Dies trifft besonders auf jene zu, die vom Judentum zum Islam konvertierten. Daher konnte ein Gelehrter wie Asad auch keine Ausnahme bilden denunziert zu werden, zumal nach dem Israel-Palästina-Konflikt die Fronten der beiderseitigen Wahrnehmungen um ein weiteres erhärtet sind. Ohnedies schrieb Hofmann nicht von ungefähr auf diesen Umstand hinweisend:

Als vom Judentum herkommender Konvertit konnte Asad dem Vorurteil nicht entgehen, er habe den Islam gewählt, um ihm zu schaden. Dieser strukturelle Verdacht wurde akut, als er sich 1952 nach 22-jähriger Ehe von seiner dritten Frau, Munira bint al-Husayn al-Shammari, Mutter von Talal, scheiden ließ, um Pola Hamida zu ehelichen, eine Amerikanerin polnischer Herkunft. Es nutzte ihm nichts, dass auch früher jüdische Konvertiten zu vorbildlichen Muslimen geworden waren, wie der frühere RabbiAbd allah b. Salam, dem Muhammad (s.) nach einer Überlieferung von Mu´adh b. Jabal einen Platz im Paradies vorausgesagt hatte. Denn der gleiche Überlieferer hatte auch von einem Juden im Jemen zu erzählen, der den Islam wieder verlassen hatte. Sowohl Ibn Ishaq als auch Ibn Kathir berichten in ihren Propheten-Biographien (sira) von einer ganzen Reihe von jüdischen Heuchlern, darunter Sa´d b. Hunayf, die ihren Islam lediglich vorgespielt hatten. Von Abu Hurayra wissen wir, dass der Prophet (s.) klagte, noch nicht einmal 10 Rabbiner für den Islam gewonnen zu haben. Jedenfalls erwarten auch heute zahlreiche Muslime, dass der Islam sich weiter aufspaltet und dass ehemalige Juden dabei ihre Hand im Spiel haben werden.“44

In der Tat ist es nicht unschwer nachzuweisen, dass diese Vorbehalte im tiefen Unterbewusstsein vieler Muslime noch weiterhin bestehen. Anfang der 60er-Jahre des vorigen Jahrhunderts stieß die später zum Islam konvertierte amerikanisch-jüdische Schriftstellerin Maryam Jameelah alias Margaret Marcus auf die Bücher „Der Weg nach Mekka“ und „Islam am Scheideweg“ von Asad. Sie war von beiden so sehr beeindruckt, dass ihr persönlicher Werdegang zum Islam maßgeblich durch sie beeinflusst wurde. In jenen Jahren korrespondierte sie mit dem pakistanischen Politiker und Gelehrten Abul Ala al-Mawdudi45 und befragte ihn nach seiner Meinung über Asad. Enttäuscht musste sie bereits in den Anfangszeilen des Briefes von Mawdudi lesen, worin dieser betonend auf Asads jüdische Herkunft hinwies, dass dessen Bücher nur mit Vorsicht zu genießen seien: „Vielleicht wird es Sie interessieren, dass Asad österreich-jüdischer Herkunft sei […] Er hat sich letztens von seiner arabischen Frau getrennt und eine moderne Amerikanische geheiratet, das hat zweifelsohne (Asads) Abweichung (von der islamischen Lebensweise) erheblich beschleunigt.“46
Inzwischen wird Asad mehr denn je geschätzt, darunter von namhaften Korankommentatoren wie z. B. von Mustafa Islamoglu47 und Prof. Hasan Elik48, die Asads Kommentierung als Pionierarbeit und Wegbereiter für neuere Generationen bezeichnen. Für Islamoglu besteht außerdem kein Zweifel daran, dass der größte Erfolg von Asads Schaffenswerk wohl darin liegt, dass „sehr viele Menschen, die noch nie zuvor eine Koran-Ausgabe zur Hand hatten, durch seine Übersetzung auf den Geschmack des Verstehens gekommen sind“.49
Asad hat durch seinen Tod nichts von seinem Bekanntheitsgrad eingebüßt. Im Gegenteil, erst im 21. Jahrhundert ist es im Großen und Ganzen gelungen, seine Werke in zahlreiche Sprachen zu übersetzen50, womit seine Einflussnahme enorm gestiegen ist. Seinen außerordentlichen intellektuellen Beitrag zur islamischen Renaissance kann, jedenfalls laut Hofmann, heute niemand mehr bestreiten: „Dennoch wächst Asads Prestige auch nach seinem Tod weiter an, vor allem in Europa und in den Vereinigten Staaten. Längst erwarten viele Muslime, auch im Orient, dass eine Revitalisierung ihrer Religion im 21. Jahrhundert aus dem Westen kommt: Eher aus Los Angeles, Washington, London, Oxford und Kuala Lumpur als aus Kairo, Fes, Islamabad und al-Madina. Wenn dies zutrifft, kommt auch die Stunde, von der an das Gesamtwerk Muhammad Asads islamweit zu seinem wahren Wert eingeschätzt wird.“51

Der Islam als Alternative

(1) Vermutlich sorgte kein anderes Buch Anfang der 1990er-Jahre für mehr Kontroverse als das Buch „Der Islam als Alternative“ von Murad Hofmann. Eklatanterweise ereignete sich noch vor der Veröffentlichung des Buches ein ungewöhnlicher Vorfall. Der traditionsreiche Verlag Eugen Diederichs, der für seine Veröffentlichungen zu den Weltreligionen und zur Esoterik bekannt ist, nahm das Buch im Sommer 1991 für die Publikation ins Verlagsprogramm auf. Doch schon im Herbst 1991 bat der Verlagsleiter Hofmann, „gegen Zahlung einer größeren Abfindung den Vertrag aufzulösen, weil es unter den Verkäufern des Verlags einen Aufstand gegen das Buch gegeben hatte; sie wollten es nicht vertreiben“.52 Hofmann hielt jedoch an dem Vertrag fest und so wurde das Buch für April 1992 angekündigt. Im hessischen Fernsehen gab Hofmann anschließend ein Interview für die Journalistin Frau Elisabeth Pfister.
Im Vorfeld wurde eine Sperrfrist bis zur Veröffentlichung des Buches beschlossen, worauf der Diederichs-Verlag auch bestanden hatte. Zu dessen Entsetzen wurde die Sperrfrist seitens der Journalistin jedoch nicht eingehalten, und das Interview wurde vor dem Erscheinen des Buches im Fernsehen ausgestrahlt. Das war im Grunde der Anfang einer unerbittlichen Verleumdungskampagne gegen die Person Murad W. Hofmann. Schon allein der Titel des Buches löste bei der ARD und der „Bild am Sonntag“ eine Medienkampagne aus. Noch schlimmer war das völlige Entstellen des Interviews durch die Journalistin: „Frau Pfister entstellte das Interview völlig durch suggestive Collagen. So wurde mein Gebet in der Residenz unter das Bild des Bundespräsidenten in der Botschaft verlegt. Zwei gläserne Briefbeschwerer der UNESCO mit der arabischen Aufschrift „Allah“ und „Muhammad“ wurden zu einem „Hausaltar“ in der Botschaft arrangiert. Auch wurden vermummte Frauen aus Algerien eingeblendet, als setzte sich das Buch dafür ein.“53
Ausgehend von diesem Interview forderte die SPD Politikerin Däubler-Gmelin den Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher aufs Schärfste dazu auf, seinen Botschafter unverzüglich abzuberufen: „Dieser Mann ist als Botschafter untragbar […].“ Außenminister Genscher sollte das Buch schleunigst lesen und sicherstellen, dass ein solcher Mann unser Land nicht mehr repräsentiert […].“ Das Buch sei für sie das „Werk eines ziemlich einfältigen Machos, der noch nicht einmal weiß, was in unserer Verfassung steht“.54 Die „Bild am Sonntag“ druckte sogar drei Wochen hintereinander ihre Hetzkampagne ab, in der sie den deutschen Botschafter beschuldigte, dass dieser „die Vielehe, das Schlagen von Frauen, das Abhacken von Händen und das Steinigen von Ehebrechern“ idealisieren würde.55
Der eigentliche Skandal an diesen nicht haltbaren Gerüchten war, dass keiner von denen das Buch je gelesen hatte, da es erst am 6. April verfügbar war. Später stellte sich auch heraus, dass Frau Däubler-Gmelin das Buch gar nicht gelesen, sondern es nur aus den Medien kannte. Hofmann beschreibt die damalige Situation: „Die Medienattacken sind inzwischen so bösartig geworden, dass ich mich rechtlos gestellt fühle. Denn da ich als Botschafter angegriffen werde, darf ich mich nicht selbst verteidigen, sondern muss dies meinem Dienstherrn, dem Auswärtigen Amt, überlassen. Dieser aber konnte bis vor wenigen Tagen nichts unternehmen, weil das Buch nicht verfügbar war. Als das Auswärtige Amt schließlich ein Vorexemplar erhielt, stellte sich – viel zu spät – heraus, dass es sich um ein nicht zu beanstandendes Sachbuch handelt und keiner der gegen mich erhobenen Vorwürfe stichhaltig war. Das Auswärtige Amt stellte sich daraufhin mit einer Presseverlautbarung vor mich, und so bleibe ich Botschafter in Marokko wie bisher. Die Medien allerdings hatten kein Interesse daran, meine Rehabilitierung abzudrucken; und auf eine Entschuldigung, etwa von Frau Däubler-Gmelin, MdB (SPD), warte ich noch immer. In der Tat: Niemand entschuldigte sich, auch nicht für das Leid, dass man meiner alten Mutter und meiner Familie angetan hatte. Ich hatte im Übrigen weniger als meine Umwelt gelitten, zumal die Kampagne in den Monat Ramadan fiel. Mein Fasten half mir, mehr als ohnedies schon zu zweitrangigen Dingen wie Karriere und Prestige geistigen Abstand zu halten.“56
Ernüchternd stellte deshalb am 15. Mai 1992 Fredy Gsteiger in seinem Artikel in „Der Zeit“ folgendes fest: „Dieser Mann (Murad Hofmann) also soll, wie die ersten Presseberichte glauben machten, der Züchtigung der Frau, dem islamischen Strafrecht, der Polygamie, wenn nicht gar dem ‚Heiligen Krieg‘ das Wort reden – und womöglich gleich am liebsten selbst das Schwert des Islam schwingen. Die Artikel kranken freilich an einem gewichtigen Makel: Sie waren gedruckt, ehe das Buch vorlag. Die Autoren der süffigen Storys über die angeblichen Exzesse eines Ajatollahs unter schwarzrotgoldenem Banner haben es offenkundig versäumt, Hofmanns zweihundert Seiten zu lesen.“57
(2) Nach dem Verfall des Kommunismus waren die meisten Amerikaner triumphalistisch darüber einig, dass allein ihr „American Way of Life“ sich als dominierendes Weltmodell zum Vorbild aller Länder bewährt hätte. Der ehemalige Leiter des Planungsstabs des amerikanischen Außenministeriums Francis Fukuyama lieferte die theoretische Grundlage dafür in, „The End of History“.58 Danach wäre die kapitalistische Lebensweise bzw. ihr Wertesystem universal die bestmögliche und die dominierende zugleich. Kaum einer rechnete noch bis zum Ende des 20. Jahrhunderts mit einer Revitalisierung des Islam, bis schließlich die schiitische Revolution diesem Mythos ein Ende bereitete. Unlängst waren inzwischen die stärksten Oppositionsparteien in den sogenannten islamischen Ländern gleichwohl mit einem islamisch politischen Hintergrund versehen.
Max Henning schrieb 1901 noch im Vorwort zu seiner Koran-Übersetzung – in einer Zeit der fast zu hundert Prozent kolonialisierten islamischen Welt – dass der Islam „anscheinend seine politische Rolle ausgespielt“59 habe. Daher gingen selbst die Islamologen bis in die 50er-Jahre noch davon aus, dass demzufolge das Ableben ihres Studiengegenstandes und dessen Dahinscheiden kurz bevorstünde.60 Doch dann kam ein unerwarteter Paradigmenwechsel in der westlichen Perzeption zustande. Unerwartet attestierten selbst nicht religiöse Menschen wie der Publizist und Zukunftsforscher Robert Jungk (1913 – 1994) dem Islam, er sei eine Glaubensbewegung, die blindem Wachstum und krassem Materialismus Einhalt gebieten könnte. Kurz nach der iranischen Revolution stellte Jungk 1981 folgendes in Ausschau: „Es ist denkbar, dass der Islam in zunehmendem Maße welthistorische Bewegungen mobilisiert, die den abendländischen „Way of Life“ nach einem Jahrhundert der planetaren Eroberungen und kulturellen Transformationen an ein Ende bringen.“61
Demzufolge beschloss Hofmann, dem Amerikaner Francis Fukuyama auf einer wissenschaftlich fundierten Grundlage zu antworten, indem er die wichtigsten Klischees über den Islam rational und sachlich angehen würde: „Im historischen Palais Salam-Hotel von Taroudant, Hauptstadt der […] fruchtbaren Sousse-Region, kam mir urplötzlich die Idee, dass ich Fukuyama antworten sollte. Der weggefallende Ost-West-Konflikt sei doch lediglich von einem Nord-Süd-Konflikt abgelöst worden. Dies sei aber doch ein Symptom dafür, dass es nach wie vor eine Alternative zur westlichen Lebensform und Weltanschauung gebe, nämlich den Islam. Bei meiner Antwort sollte ich versuchen, die wichtigsten der stereotypen, im kollektiven Bewusstsein des Okzidents verankerten anti-islamischen Vorurteile zu entschärfen, durch Kapitel über Themen wie ‚Heiliger Krieg‘, ‚Fundamentalismus‘, ‚Fatalismus‘, ‚Verschleierung‘ und ‚islamisches Strafrecht.“62 Erstaunlicherweise erlebte das Buch eine große Verbreitung auf dem deutschen Büchermarkt, was bislang keiner anderen pro-islamischen Literatur auf dem Markt gelungen war. Damals wie heute dominiert auf den Bestsellerlisten und in den Bücherregalen eine Fülle von grundsätzlich dem Islam gegenüber Ressentiments schürenden Publikationen.63 Allerdings war es auch der erste Versuch aus der Feder eines Intellektuellen, den Nachweis zu erbringen, dass der Islam die einzige Alternative zur westlichen Konsumgesellschaft sei: „Solange sich noch westliche Welt und Kommunismus gegenüberstanden, konnte sich der Islam als ‚dritter Weg‘, also als eine Option zwischen diesen beiden Weltanschauungen, begreifen. Heute jedoch sieht er sich als alternativen Entwurf zur Lebensbewältigung in einer erneut dualistisch gewordenen Welt. Dass der Islam im 21. Jahrhundert weltweit zur dominierenden Religion werden wird, ist für weitsichtige Beobachter nahezu evident […] Der Islam betrachtet sich nicht nur als Alternative zur postindustriellen westlichen Gesellschaft. Er ist die Alternative.“64
„Der Islam als Alternative“ wurde nicht nur im englischsprachigen und arabischen Raum mehrfach neu aufgelegt, sondern das Buch wurde bisweilen mit Interesse auch auf Albanisch, Bosnisch, Indonesisch, Malayalam und im Türkischen von einer breiten Leserschaft gelesen. Eigentlich sollte auf dem Büchermarkt üblicherweise nur eine goldene Erfolgsregel gelten, nämlich, dass die Bücher für das Unternehmen gut verkauft werden und die Auflagen mit großem Interesse stetig zu generieren sein sollten. Diese Regel dürfte jedenfalls, mit einer Ausnahme, nicht für pro-islamische Bücher gelten: „Mein britischer Verleger in Reading sagte mir 1995, dass sich englische Buchläden inzwischen scheuten, mein Buch „Islam: The Alternative“ im Schaufenster auszulegen. Es sei nicht mehr unbedenklich, pro-islamische Literatur offen anzubieten.“65 Dies verdeutlicht zusehends noch einmal, welch verzwickten Umständen pro-islamische Bücher mitten in Europa ausgesetzt sind und mit welchen Hürden sie zu kämpfen haben, um eine erfolgreiche Verbreitung und Platzierung bei Buchhändlern zu erreichen. Deshalb scheint es unterdessen nicht mehr zu überraschen, in den Bücherregalen der Buchhandlungen fast ausschließlich auf (zumindest dem Islam gegenüber) nicht wohlmeinende Publikationen zu stoßen.
(3) In Westeuropa und besonders in Deutschland werden die Muslime des Öfteren darüber belehrt, dass der Islam unbedingt eine adäquate „Aufklärung“, mit dem Christentum als Vorbild, durchschreiten müsse, um entsprechend in der Moderne auch wirklich anzukommen. Im Gegensatz zum christlichen Europa gab es jedoch keinen nachhaltigen Bedarf für die Geburt eines Aufklärungsprozesses im muslimischen Raum. Schon allein die Terminologie sowie die im Westen gebräuchlichen Begrifflichkeiten und Konzepte können nicht willkürlich und ohne Weiteres von einer Tradition in die andere übertragen werden, weshalb in jeder Hinsicht eine besondere Sorgfalt im Umgang mit diesen notwendig ist. Aus historischem Blickwinkel betrachtet war die Aufklärung die Erhebung der Vernunft gegen die unterdrückende Autorität der Kirche. Zu jener Zeit war es nicht ohne gravierende Folgen möglich gewesen, die kirchliche Dogmatik „Glaube vor Vernunft“ und die bis dato noch uneingeschränkte Autorität der Kirche in Frage zu stellen. Schließlich wurden die Gegner, die sich gegen die erdrückende kirchliche Dominanz kritisch erhoben hatten, als Ketzer denunziert, worauf ihnen unmittelbar eine Anklage wegen Ketzerei mit lebensgefährlichen Konsequenzen bevorstand.66
Desgleichen stellt Hofmann die Schattenseiten der postindustriellen Welt explizit in Frage, indem er die destruktiven Nachwirkungen auf die Gesellschaft darlegt. Seine Kritik basierte maßgeblich auf den beiden Büchern „The Cultural Contradictions of Capitalism“ von Daniel Bell sowie „Requiem for Modern Politics“ von William Ophuls. In beiden Werken werden die „selbstzerstörerischen Mechanismen der westlichen Kultur“ scharf geschliffen analysiert.67 Mit dem Dahinschwinden des christlichen Glaubens ginge einher: „[…] dieser Verlust an Transzendenz, dieser Vulgärmaterialismus in Ost und West, provozierte den gierigen Hedonismus eines bindungsfreien Menschen, der seine Gefühlswelt zum Maßstab aller Dinge nimmt und von unaufhörlichem ‚Fortschritt‘ ein Konsumparadies auf Erden erwartet“. Darauf steuerte denn auch eine Industriegesellschaft zu, deren oberste Maximen ökonomischer Natur sind: Wachstum, Rentabilität, Vollbeschäftigung, Gewinnmaximierung und Spezialisierung.“68
Unbestritten scheint der auf calvinistischen Werten gewachsene Kapitalismus zur Selbstzerstörung zu führen: „[…] wenn er zum ökonomischen und wissenschaftlichen Fortschrittswahn wird; denn dann schlagen ursprüngliche Tugenden wie Fleiß, Treue, Sparsamkeit, Disziplin und Leistungsbereitschaft in ihr Gegenteil um und vergiften das System: als Konsumerismus, sexuelle Libertinage, Gleichmacherei, ‚kein Bock‘ Syndrom und ähnliches. Die postindustrielle Welt produziert eben fast alles, nur keine Antworten auf die Frage nach dem Sinn von Leben und Sein: Woher? Wohin? Warum?.“69
Nicht ohne Neid gestand schließlich der Jesuit Francis Edwards in der Londoner Times ein: „In einer Welt des Materialismus, des Hedonismus und der Technologie […] gelingt es den islamischen Massen noch immer, Gott und nicht die Technologie zur zentralen Gewissheit ihres Lebens zu machen.“70
Deswegen plädiert Hofmann für die unbestreitbare Realität: „[…] wonach in einer materialistisch–agnostischen Welt sämtliche Gottesgläubigen im selben Boot sitzen, das sie mehr eint als trennt“.71
Insofern hat der Islam der westlichen Welt an Werten einiges zu bieten, was ihr bitter Not tut.72 Außerdem begreift sich der Islam keineswegs als einen Bittsteller in der Minderheit, sondern gemäß Hofmann als ein „Zulieferer von Werten und Verhaltensweisen: „[…] dass die Muslime, ob eingewandert oder konvertiert, nicht nur etwas wollen, nämlich Duldung, sondern etwas anzubieten haben, was dem Okzident täglich mehr Not tut: einen Wertekonservatismus, der sich dem Verfall moralischer Vorstellungen nicht ausliefert, sondern modeunabhängig dagegenhält.“73

Der Koran

Dem Büchermarkt mangelt es sicherlich nicht an deutschen Koranübersetzungen. Die erste deutsche Koranübersetzung des 20. Jahrhunderts aus der Feder eines Muslims stammte von Maulana Sadr-ud-Din aus dem Jahr 1938. Sadr-ud-Din war der damalige Imam der Berliner Moschee und gehörte zudem der Ahmadiya-Bewegung in Lahore an.74 Abgesehen von den unzähligen nichtmuslimischen Koranübersetzungen veröffentlichte 1986 als erster Nicht-Ahmadiya-Muslim Muhammad Ahmad Rassoul „Die ungefähre Bedeutung des Korans in deutscher Sprache“.75 Allerdings erschien die erste Koranübersetzung eines Muslims, dessen Muttersprache auch Deutsch ist, von Ahmad von Denffer.76 Des weiteren wurde unter der Leitung von Fatima Grimm in München 1997 eine fünfbändige, großformatige Gemeinschaftsübersetzung unter dem Namen „Die Bedeutung des Korans“ herausgegeben.77
Mitte der 90er-Jahre wollte der türkische Verleger Saban Kurt in seinem Verlag „Cagri Yayinlari“ in Istanbul erstmals eine deutsche Übersetzung des Korans herausgeben. Der Verlag ist unter anderem auch dafür bekannt geworden, den Koran in den wichtigsten Sprachen der Welt zu veröffentlichen. Saban Kurt war besonders daran interessiert, die Übersetzung von Max Henning (Pseudonym) von 1901 zu publizieren, da sie nicht mehr urheberrechtlich geschützt war, und beschloss deshalb 1995 bei Murad Hofmann anzufragen, ob er ihm dabei behilflich sein könnte.
Hofmann konnte bei seiner Zusage zur Bearbeitung der Übersetzung von Henning zum damaligen Zeitpunkt noch nicht erahnen, welch enormer Aufwand ihm noch bevorstehen würde:

Als ich zusagte, hatte ich keine Vorstellung vom damit verbundenen Arbeitsaufwand: Der alte Text musste von der gothischen in die lateinische Druckschrift gebracht werden. Die der Einteilung von Gustav Flügel aus dem 19. Jahrhundert folgende Verszählung war in Ordnung zu bringen. Einleitung und Fußnoten mussten als für Muslime inakzeptabel ersetzt werden. Der Index war um Begriffe zu ergänzen, die im qur´anischen Text unmittelbar nicht vorkommen, wie z. B. ‚Homosexualität‘. Auch führte ich wie bei Muslimen üblich für sich auf Allah beziehende Worte Großschreibung ein. Das war bei weitem nicht alles. Ich musste feststellen, dass sich die deutsche Sprache seit 1901 so stark verändert hatte, dass viele von Hennings Sätzen heute unverständlich waren. (Welch ein Kontrast zur arabischen Sprache, die dank des Qur´an seit 1400 Jahren gleich geblieben ist.) Davon abgesehen musste ich die orientalistische Übersetzung durchgängig „islamisieren“, ihr also die Bedeutung geben, die sie traditionell bei Muslimen hat. Ich beließ es bei der von Henning gewählten Übersetzung, sofern sich wenigstens eine entsprechende muslimische Übersetzung ins Deutsche, Englische, Französische oder Türkische fand. Andernfalls folgte ich der muslimischen Mehrheitsmeinung. Wenn die Muslime über die Bedeutung eines Verses untereinander sich nicht einig waren, folgte ich häufig, doch nicht immer, der Übersetzung von Muhammad Asad. Als meine deutsche Quran-Bearbeitung erschien, erst in Istanbul und dann auch bei Diederichs in München, konnte ich nicht ahnen, wie stark sie sich durchsetzen würde.“78

In diesem Zusammenhang sei zum besseren Verständnis daran erinnert, dass die mittlerweile reichhaltigen Koranübersetzungen von Muslimen auf dem deutschen Büchermarkt damals noch nicht vorhanden waren.
Tatsächlich war es umso mehr überraschend, warum ausgerechnet Hofmanns überarbeitete Koranübersetzung sich bislang am stärksten verbreitet hat und inzwischen sogar in über 15 Versionen gedruckt worden ist.79 Auf die Frage nach dem Erfolg antwortete Hofmann in einem Interview dazu: „Ich weiß das auch nicht, vermute aber, dass es mit meiner unemotionalen Ausstattung der Ausgabe mit lakonischen Fußnoten zu tun hat“.80 Fürwahr war der Erfolg der Übersetzung nicht nur ihrer Nähe zum Original, sondern vor allem den hilfreichen Fußnoten von Hofmann zu verdanken. Um dies hier lapidar zu illustrieren, wird im Folgenden ein Beispiel aufgeführt:
In Sure 2, Vers 25 heißt es in der Übersetzung von Rassoul: „Und Ihnen gehören darin ‚Gattinnen‘ vollkommener Reinheit […]“. Hier wird dem Leser impliziert, dass nur den Männern Gattinnen im Paradies vorbehalten seien.
Der gleiche Vers lautet in der überarbeiteten Übersetzung von Hofmann folgendermaßen: „Und darin werden sie ‚reine Partner‘ haben […].
In der dazugehörigen Fußnote wird resümiert: „Das arabische Wort dafür (zwaj, pl. azwaj) ist nicht geschlechtsgebunden. Danach werden Frauen wie Männer im Paradies Partner des anderen Geschlechts haben.“ 81
Bereits 1995 beschrieb der zum Islam konvertierte CDU-Politiker Christian Abdul Hadi Hoffmann in seinem Buch „Zwischen allen Stühlen“ seine eigene Erfahrung im Umgang mit der Lektüre des Koran. Resultierend aus seiner Erkenntnis unterstrich Abdul Hadi die Notwendigkeit einer kommentierten Koran-Ausgabe, um die Bedeutungen in ihren Zusammenhängen richtig zu verstehen:

Jedermann weiß, dass der Qur’an das offenbarte Wort Allahs ist. Was aber tatsächlich in ihm steht, wissen schon weit weniger Menschen im westlichen Kulturkreis. Den Qur’an wirklich zu verstehen ist jedoch auch für Menschen, die im Islam geboren wurden, eine lebenslange Aufgabe. Aus diesem Grund war es ein ziemlich gewagtes Unternehmen von mir, im Alleingang den Qur’an durchzuackern und zu glauben, ich hätte etwas verstanden. Schon beim Kauf machte ich aus Unwissenheit einen schweren Fehler: Ich kaufte eine völlig unkommentierte Ausgabe, in der Annahme, ich könne die Aussagen schon verstehen und in ihrer Bedeutung richtig erkennen. Heute weiß ich, dass auch der deutsche Text schlecht war, und ich kann nur dankbar sein, dass ich durch dieses Experiment nicht in die Irre gegangen bin.“82

Nicht anders schilderte ohnedies zuvor der britische Muslim und Diplomat Charles Le Gai Eaton die Interaktion mit dem Koran. Die Einstellung bzw. Überzeugung, der Koran ließe sich wie andere, gewöhnliche Bücher lesen, sei weit hergeholt:

Es muss Boden gerodet werden, ehe wir hoffen können, dem Qur’an nahezukommen – dorniger Boden! -, und dass man die Dornbüsche nicht sofort sieht, macht es noch schwieriger, sich auf ihm zurechtzufinden. In jeder religiösen Tradition und in jeder uralten Legende sind heilige Dinge und heilige Orte streng bewacht, und man kann sich ihnen nur durch harte Mühe und Reinigung nähern. Der Koran ist keine Ausnahme.“83

Wenngleich der Koran sein eigener und bester Kommentator ist, so wird dennoch das Heranziehen sachkundiger Kommentierung nicht von der Hand zu weisen sein. Aus diesem Grund listet Hofmann sieben Grundsätze auf, die zum koranischen Verständnis herangezogen werden sollten:
alternative Wortbedeutungen und grammatikalische Besonderheiten
parallele Stellen (Konkordanz)
Erläuterungen durch den Propheten (Hadith)
Koran-Verständnis der Prophetengefährten
parallele Fundstellen in der Bibel
Ort, Zeit und Anlass der Einzeloffenbarungen (Usul al-Qur´an)
vorislamische Verhältnisse84
Hinsichtlich des letzten Punktes wird z. B. von Abdullah ibn Abbas (gest. 688) überliefert, dass dieser die Muslime eigenmächtig dazu ermutigte, bei Bedarf und bei Unklarheiten zur Auslegung des Korans die vorislamische Poesie für die Interpretation heranzuziehen: „Wenn ihr mich über ein ungewöhnliches Wort im Koran befragt, sucht es in der Dichtung wie zum Beispiel im arabischen Diwan.“85
Selbst der zweite Kalif Umar ibn al-Chattab (gest. 644) soll die Muslime von der Kanzel aus aufgefordert haben, die vorislamische Poesie zum Tafsir des Koran zu benutzen: „O ihr Menschen! Seht zu, dass ihr die Dschahaliyya Dichtung zusammentragt, weil in dieser das Tafsir für euer Buch (dem Koran) vorhanden ist.“ 86

Resümee

Murad Hofmanns außerordentlicher Beitrag zum Verständnis des Islam stellt nicht nur im deutschen Sprachraum eine immense Bereicherung dar. Dass seine Bücher auch künftige Generationen beeindrucken werden, ist nicht unschwer vorherzusagen. Desgleichen gestehen sogar dem Islam kritisch gegenüberstehende Autoren wie Prof. Ursula Spuler-Stegemann ein, dass Hofmanns Bücher „eine sehr anziehende Seite des Islam widerspiegeln“.87 Es wird daher nicht überraschen, dass Hofmann bis zum Schluss Vorbild für viele Muslime war und bleiben wird. Sein unermüdliches Engagement, selbst im hohen Alter, für Verständigung und Toleranz wurde besonders von den hiesigen Muslimen sehr geschätzt. Zweifellos war Murad Hofmann der einflussreichste Muslim der Gegenwart und zugleich ein Geschenk Deutschlands an den Islam.
 
Anmerkungen:
1 Der Spiegel, Nr. 40, 29.09.2003, S. 82 – 97: „Das Kreuz mit dem Koran“, siehe S. 88 – 89.
2 Die Onlineumfrage fand vom 08.10. bis zum 15.11.2008 statt.
3 Der Brief wurde ins Deutsche von Abd al-Hafidh Wentzel übersetzt: http://www.warda.info/EIN_WORT_DAS_UNS_UND_EUCH_GEMEINSAM_IST.pdf
4 Siehe zur Regensburger Rede: Benedikt XVI. unter Mitwirkung von Seewald, Peter: Licht der Welt: Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit. Freiburg im Breisgau: Herder Verlag 2012, S. 220.
5 Hofmann schrieb 14 Bücher, die in mindestens 10 Sprachen übersetzt worden sind, abgesehen von unzähligen Artikeln, die in diversen Zeitschriften veröffentlicht wurden.
6 Vgl.: Hofmann, Murad W.: Reise nach Mekka. Istanbul: Cagri Yayinlari, 2. Auflage 2009, S. 186.
7 Ebd. S. 46.
8 Ebd. S. 46.
9 Ebd. S. 47.
10 Ebd. S. 47.
11 Ebd. S. 48.
12 Ebd. S. 49.
13 Ebd. S. 51.
14 Ebd. S. 52.
15 Kermani, Navid: Gott ist schön – Das ästhetische Erleben des Koran, München: 3. Auflage der broschierten Sonderausgabe C. H. Beck 2007, S. 12.
16 Vgl.: Rassoul, Muhammad: Deutsche von Allah geleitet. Beitrag von Murad Hofmann: Alhamdulillah, ein Muslim westlicher Herkunft. Köln: Verlag Islamische Bibliothek 1982.
17 Vgl.: Swineburne, Richard: Die Existenz Gottes, Stuttgart: Reclam 1987.
18 Zitiert aus: Hofmann, Murad W.: Islam. Diederichs Kompakt, Diederichs Verlag 6. Auflage 2011, S. 16.
19 Siehe hierzu: Hofmann, Murad W.: Den Islam verstehen. Istanbul: Cagri Yayinlari 2007, S. 1 – 12.
20 Vgl.: Hofmann, Murad W.: Der Islam als Alternative, Istanbul: Cagri Yayinlari 6. Auflage 2010, S. 30.
21 Vgl.: Maududi, Abul Ala: Tafhim-ul-Quran, Insan Yayinlari, Bd. 3, S. 281.
22 Vgl.: Hofmann, Murad W.: Islam. Diederichs Kompakt, Diederichs Verlag 6. Auflage 2011, S. 34. Siehe aber auch: Hofmann, Murad W.: Der Koran. Diederichs Kompakt, Diederichs Verlag 5. Auflage 2012, S. 85 – 88.
23 Zitiert aus: Ulfat Aziz-us-Samad: Islam und Christentum. Schriftenreihe des islamischen Zentrums München Nr. 23. München: Islamisches Zentrum München: 1993, S. 141. Siehe in diesem Band noch weitere Zitate von Kirchenvätern über die Diffamierung von Frauen.
24 Vgl.: Hofmann, Murad W.: Reise nach Mekka. Istanbul: Cagri Yayinlari, 2. Auflage 2009, S. 57.
25 Das Buch „Zelot“ des Religionswissenschaftlers Reza Aslan ist hier besonders hervorzuheben. Danach ist „der Jesus von Nazareth“ im Unterschied zum „Jesus dem Christus“ ein jüdischer Reformprophet gewesen, der am Kampf gegen die römische Besatzung maßgeblich beteiligt war, ja sogar der Anführer dieser Bewegung gewesen sein soll.
24 Deschner, Karlheinz: Der gefälschte Glaube. München: Verlag Knesebeck 5. Auflage 2004, S. 90.
27 Inzwischen ist die 4. überarbeitete Auflage 2011 im EB-Verlag erschienen.
28 Schwarzenau, Paul: Korankunde für Christen. Hamburg: EB-Verlag erw. Aufl. 2001, S. 124.
29 Vgl.: Hofmann, Murad W.: Islam. Diederichs Kompakt, Diederichs Verlag 6. Auflage 2011, S. 31.
30 Drewermann, Eugen: Hat der Glaube Hoffnung? Patmos Verlag 2000, S. 123 – 124.
31 Murad W. Hofmann: Ein philosophischer Weg zum Islam, Köln: Verlag Islamische Bibliothek 2. ergänzte Auflage 1983.
32 Hofmann, Murad W.: Reise nach Mekka. Istanbul: Cagri Yayinlari, 2. Auflage 2009, S. 43.
33 Siehe das Interview mit Mahmut Askar in Divan Sohbetleri: https://www.youtube.com/watch?v=wqzk02JMflw (zuletzt abgerufen am 05.11.15).
34 Vgl.: Interview der IQL (Initiative islamischer Quellenforschung e.V.).
35 Die erste Auflage erschien 1985 im Verlag Islamische Bibliothek.
36 Asad, Muhammad: Der Weg nach Mekka. Patmos Verlag 3. Auflage 2011, aus dem Vorwort von Murad W. Hofmann.
37 Vgl.: Wohlrab-Sahr, Monika: Konversion zum Islam in Deutschland und in den USA. Frankfurt am Main: Campus Verlag 1999, S. 33.
38 AL-ISLAM, Nr. 5/2000, Leitartikel von Murad W. Hofmann in: Muhammad Asad – Europas Geschenk an den Islam
39 Ebd.
40 Ebd. S. 19.
41 Vgl.: Asad, Mohammed: Die Botschaft des Koran. Patmos Verlag 2015 4. Auflage, S. 116.
42 AL-ISLAM, Nr. 5/2000, Leitartikel von Murad W. Hofmann in: Muhammad Asad – Europas Geschenk an den Islam. Hofmann listet in seinem Leitartikel zahlreiche Koranverse auf, die Asad im Gegensatz zu klassischen Tafsir-Kommentatoren vernunftbetont erläutert.
43 Zitiert aus: Windhager, Günther: Leopold Weiss alias Muhammad Asad. Wien: Verlag Böhlau, 2. unveränderte Auflage 2003, S. 35.
44 Zitiert aus: AL-ISLAM, Nr. 5/2000, Leitartikel von Murad W. Hofmann in: Muhammad Asad – Europas Geschenk an den Islam, S .19.
45 Mawdudi und Asad kannten sich persönlich in Pakistan. Auch besuchte Asad mit seiner Familie Mawdudi zu Hause. Siehe hierzu: Hamira Mawdudi, Ebi – el Eşcaru’l Vafira.
46 Siehe zum Briefwechsel: Uygar (dt. zivilisiert), Ausgabe 3-4, Januar-Juni 2002, Sonderausgabe über Muhammad Asad, S. 76 – 78.
47 Vgl.: Islamoglu, Mustafa: Yerliler ve Yersizler. Türkei: Düsün Yayincilik 2. Auflage 2006, S. 15 – 35.
48 Das betonte Prof. Elik am 08.11.2014 in einer Fernsehsendung zum Thema „Koran-Übersetzungen“: https://www.youtube.com/watch?v=Zx8-5rZlzJY
49 Zitiert aus: Islamoglu, Mustafa: Yerliler ve Yersizler. Türkei: Düsün Yayincilik 2. Auflage 2006, S. 35.
50 Sein Korankommentar „Die Botschaft des Koran“ wurde erstmals im Jahre 2009 durch den Verein „VDM e.V.“ (Verein für denkende Menschen) ins Deutsche übersetzt und herausgegeben.
51 Zitiert aus: AL-ISLAM, Nr. 5/2000, Leitartikel von Murad W. Hofmann in: Muhammad Asad – Europas Geschenk an den Islam, S. 19.
52 Vgl.: Hofmann, Murad W.: Den Islam verstehen. Istanbul: Cagri Yayinlari 2007, S. 157.
53 Ebd. S. 158.
54 Vgl.: Hofmann, Murad W.: Reise nach Mekka. Istanbul: Cagri Yayinlari, 2. Auflage 2009, S. 201 – 202.
55 Ebd. S. 201.
56 Siehe hierzu: Hofmann, Murad W.: Tagebuch eines deutschen Muslims. Istanbul: Cagri Yayinlari 5. Auflage 2007, S. 174.
57 Siehe dazu im Internet: http://www.zeit.de/1992/21/muslim-murad/komplettansicht
58 Der Artikel erschien bereits 1991, zwei Jahre später wurde das Buch dazu veröffentlicht.
59 Siehe dazu: Henning, Max: Koran, Überarbeitung und Einleitung M. W. Hofmann. Istanbul: Cagri Yayinlari 6. Auflage 2006, Einleitung von Murad Hofmann.
60 Vgl.: Hofmann, Murad W.: Reise nach Mekka. Istanbul: Cagri Yayinlari, 2. Auflage 2009, S. 190.
61 Zitiert aus: Garaudy, Roger: Aufruf an die Lebenden. Darmstadt: Luchterhand Verlag 1981, Nachwort S. 393.
62 Hofmann, Murad W.: Tagebuch eines deutschen Muslims. Istanbul: Cagri Yayinlari 5. Auflage 2007, S. 168 – 169.
63 Die Bücher von Gerhard Konzelmann, Peter Scholl-Latour und Udo Ulfkotte singen ein Lied davon.
64 Hofmann, Murad W.: Der Islam als Alternative, Istanbul: Cagri Yayinlari 6. Auflage 2010, Vorwort S. 7 – 8.
65 Vgl.: Hofmann, Murad W.: Reise nach Mekka. Istanbul: Cagri Yayinlari, 2. Auflage 2009, S. 201.
66 Vgl.: Lüdemann, Gerd: Die Ketzer. Stuttgart: Radius-Verlag 1996, S. 25 – 191.
67 Vgl.: Hofmann, Murad W.: Der Islam im 3. Jahrtausend. Hugendubel 2000, S. 12.
68 Vgl.: Hofmann, Murad W.: Der Islam als Alternative, Istanbul: Cagri Yayinlari 6. Auflage 2010, S. 21.
69 Vgl. Hofmann, Murad W.: Der Islam im 3. Jahrtausend. Hugendubel 2000, S. 112.
70 zitiert aus: Eaton, Charles Le Gai: Der Islam und die Bestimmung des Menschen. Diederichs Verlag 2. Auflage 1994, S. 57.
71 Vgl.: Hofmann, Murad W.: Islam. Diederichs Kompakt, Diederichs Verlag 6. Auflage 2011, S. 96.
72 Hofmann, Murad W.: Der Islam im 3. Jahrtausend. Hugendubel 2000, S. 223 – 234. Hofmann listet 14 Punkte auf, die seiner Ansicht nach zu einem Paradigmenwechsel zur gescheiterten Moderne herbeiführen wird.
73 Vgl.: Hofmann, Murad W.: Islam. Diederichs Kompakt, Diederichs Verlag 6. Auflage 2011, S. 104.
74 Dem folgte die Übersetzung 1954 von Mirza Bashiruddin Mahmud Ahmad, der jedoch der Ahmadiya-Mehrheitsbewegung angehörte.
75 Diese Übersetzung hat zahlreiche Auflagen erreicht und wird hauptsächlich in den Büchermärkten der arabischen Moscheen zum Verkauf ausgestellt.
76 Denffer veröffentlichte seine Übersetzung 1996 in kleineren Auflagen im Eigenverlag.
77 Sie erschien in der 3. Auflage im SKD Bavaria Verlag München.
78 Siehe hierzu: Hofmann, Murad W.: Tagebuch eines deutschen Muslims. Istanbul: Cagri Yayinlari 5. Auflage 2007, S. 203 – 204.
79 Vgl. Sultan, Sohaib: Der Koran für Dummies, Weinheim: Wiley-VCH Verlag 1.Auflage 2006, S. 322.
80 Das Interview wurde von IQL e.V. durchgeführt und veröffentlicht.
81 Henning, Max: Koran, Überarbeitung und Einleitung M. W. Hofmann. Istanbul: Cagri Yayinlari 6. Auflage 2006, S. 2.
82 Vgl. Hoffmann, Christian Abdul Hadi: Zwischen allen Stühlen. Bonn: Bouvier Verlag 1995, S. 193.
83 Eaton, Charles Le Gai: Der Islam und die Bestimmung des Menschen. Diederichs Verlag 2. Auflage 1994, S. 138.
84 Vgl.: Hofmann, Murad W.: Islam. Diederichs Kompakt, Diederichs Verlag 6. Auflage 2011, S. 73.
85 Vgl.: Ahmad ibn al-Husain al-Baihaqi, as-Sunan al-kubra. Zitiert aus: Benzine, Rachid: Islam und die Moderne, Verlag der Weltreligionen 2012, S. 171.
86 Vgl.: Asch-Schatibi, Al-Muwafaqat fi Usul Asch-Schari´a, Bd. 2. Istanbul: Iz Yayincilik, 4. Auflage 2010, S. 85.
87 Spuler-Stegemann, Ursula: Muslime in Deutschland. Freiburg: Herder Verlag 2002 S. 312.

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Die Gestalt des Islam

(iz). Der Begriff der „Gestalt“ ist nicht nur mehrdeutig, er regt auch durch die Jahrhunderte immer wieder zum Nachdenken an und ist Teil einer typisch deutschen Diskurstradition. In vielen Sprachen […]

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