Freie Märkte?

(iz). Die Islamische Zeitung beteiligt sich seit Jahren an bestimmten Debatten, von der inneren Sicherheit bis zu wirtschaftlichen Fragen. Besonders interessieren uns aber die Fragen der Ökonomie, gerade auch deswegen, weil die Debatte über den Islam inzwischen stark politisiert ist und andere Zusammenhänge, zum Beispiel von Moschee und Markt, in Vergessenheit zu geraten drohen.
De facto ist ein großer Teil des islamischen Wirtschaftsrechts – vom freien Markt, bis zum Zinsverbot oder Vertragsmodellen – heute hochaktuell. Für diese andersartigen Beiträge ernten wir natürlich Widerspruch, Kritik, im Ausnahmefall auch einmal Lob. Ein besonders törichter Beitrag über die IZ tituliert dabei im Internet unter dem absurden Titel „Djihad gegen die Marktwirtschaft“. Der Autorin ging es damals darum, unseren ideellen Beitrag irgendwie mit Krawall zu verknüpfen. Das sachliche Argument dahinter wollte sie natürlich nie verstehen.
Heute sprechen die Fakten für sich. Wenn überhaupt, hätte die Überschrift damals lauten müssen: „IZ setzt sich für Marktwirtschaft“ ein. Ein redlicher Autor würde nun seinen Fehler eingestehen und den Artikel entfernen. Wahr ist, dass wir zu einem sehr frühen Zeitpunkt, weit vor dem Ausbruch der aktuellen Finanzkrise, auf den Zusammenhang von (Geld–)Monopolen und dem Ende der Idee der freien Marktwirtschaft hingewiesen haben. Dieser Umstand ist heute allgemein anerkannt.
In einer Untersuchung über den Konzentrationsprozess im Lebensmittelhandel, hat das Bundeskartellamt gerade die Marktmacht der vier größten Lebensmittelkonzerne in Deutschland untersucht. Sie vereinen, so die Behörde in ihrem Bericht, zirka 85 Prozent des Absatzes im Lebensmitteleinzelhandel.
In Gesprächen mit muslimischen Anbietern sind uns diese Gepflogenheiten bekannt. Wollen kleinere Anbieter in die Regale der Discounter, müssen sie eine „Probezeit“ vorab finanzieren. Sie werden anschließend nur mit großer Verzögerung bezahlt, geraten in Abhängigkeit und werden in zinsbelastete Bankgeschäfte getrieben. Die Discounter haben also den Vorteil, dass sie selbst wie Banken operieren können, oder zumindest über einen gewaltigen Kreditrahmen verfügen. Die Frage ist letztlich auch hier, – wie in zahlreichen Beiträgen der IZ angedacht – ob eine Mäßigung der ökonomischen Macht gelingen kann.
In der islamischen Welt wird das Phänomen der Marktkonzentration übrigens kaum problematisiert. Die Türkei und die arabische Welt konkurrieren vielmehr über den „größten Supermarkt der Welt“, während die klassischen Märkte zur Folklore werden und viele kleine Anbieter nicht mehr mithalten können. Die Frage nach dem Kern „freier Marktwirtschaft“ ist also aktueller denn je und freie Medien, die nicht selbst vom Kapital abhängen, müssen genau diese Fragen in die Gesellschaft transportieren. Die Aufgabe der Verteidigung der freien Marktwirtschaft ist eine wichtige gesellschaftliche Herausforderung, in der Auseinandersetzung mit den mächtigen Monopolen der Geld- und Versorgungswirtschaft.