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Muslime und Konsum: Kann es halal ohne tayyib geben?

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Wie konsumieren wir? Zum Ramadan machte das GreenIftar-Projekt von NourEnergy auf die Bedeutung ganzheitlicher Perspektiven aufmerksam.

(iz). Das Projekt NourEnergy startete am 10. Februar seine diesjährige GreenIftar-Kampagne mit einem spannenden Symposium in der Kölner Zentralmoschee. Unter dem Titel „Back to the Roots“ gingen die Redner- und TeilnehmerInnen der Frage nach, in welchem Zusammenhang die qur’anischen Anforderungen von „halal“ und „tayyib“ stehen.

Hierzu sprachen wir mit Baraa Abu El Khair, dem 2. Vorstandsvorsitzenden des Vereins. Darin geht es um die Notwendigkeit, beide Prinzipien zeitgleich zu praktizieren, Muslime im Kapitalismus und welche Rolle das ökologische Engagement in der Begegnung spielen kann.

Islamische Zeitung: Lieber Baraa Abu El Khair, am 10. Februar hat NourEnergy das Tagesseminar „Back to the Roots“ in Köln veranstaltet. Dabei ging es um die verbundenen qur’anischen Konzepte Halal und Tayyib. Können Sie unseren Lesern kurz umreißen, wobei es sich dabei handelt? 

Baraa Abu El Khair: Vermeintlich moderne Phänomene, wie „Bio“ und „Fair“, mit denen viele Muslime noch fremdeln, sind unserer Überzeugung nach lediglich in ihrem Framing neu. Ein Blick in die muslimischen Primärquellen macht deutlich, dass diese Konzepte nicht nur tangiert, sondern zentral adressiert werden. Maßlosigkeit, Zerstörung von Ackerflächen und Ungerechtigkeit sind nur einige dieser universellen Prinzipien, die der Qur’an zentral diskutiert.

Im Rahmen unseres Workshops fokussieren wir uns auf die Formel „Halal und Tayyib“, weil sie zwei Sphären vereint, die dringend und ausnahmslos zusammengedacht werden müssen. Während „Halal“ eine juristische Kategorie des Fiqhs darstellt, zielt „Tayyib“ auf die ethische Dimension ab. Demnach kann eine Handlung durchaus halal sein, aber nicht tayyib sein.

Beide Aspekte stehen in einer direkten Wechselwirkung zueinander. Es liegt in der Natur der Sache, dass selbstverständlich auch hier die Bewertung, ob etwas nun tayyib ist oder nicht, von vielen weiteren Faktoren abhängt und somit von Ort zu Ort und Zeit zu Zeit variieren kann.

Das hindert uns aber trotzdem nicht daran zumindest den Versuch zu unternehmen, diese Konzepte im Kontext aktueller Krisen, wie dem Klimawandel, zu diskutieren, um daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten, die uns in unserem Alltag dabei helfen können, Träger von Nutzen zu sein und damit Allah näher zu kommen.

Foto: Jochen Tack, imago

Konsum: Teil der Massenindustrie

Islamische Zeitung: Seit geraumer Zeit betonen wir Muslime insbesondere den ganzen Halal-Komplex und haben teils hochfeine Prüfmechanismen für einzelne Zutaten von Lebensmitteln entwickelt. Gleichzeitig scheinen ganzheitliche Fragen von Tayyib – von der Vollwertigkeit der Zutaten bis zu Arbeitsbedingungen bei ihrer Erzeugung – kaum eine Rolle zu spielen. Woran liegt das?

Baraa Abu El Khair: Auch wir Muslime sind letztlich Kinder unserer Zeit. Die traurige Realität ist, dass wir uns als muslimische Gemeinschaft gar nicht wirklich vom Mainstream unterscheiden. Schauen wir uns beispielsweise die Massentierhaltung an, stellen wir ziemlich schnell fest, dass diese zumindest nach den meisten muslimischen Gremien in keinem Konflikt zu den islamischen Lehren steht.

Die Vorstellung, dass wir Muslime ein weitreichendes „Halal-Gegenkonzept“ anbieten würden, hält keiner kritischen Prüfung stand. Wir sind Teil dieser Massenindustrie, die unsere unendliche Gier und den Profit zu stillen versucht. Es wirkt so, als wären unsere Wertvorstellungen dem kapitalistischen Geist zum Opfer gefallen. Damit geht die große Gefahr einher, dass nicht mehr unsere Werte maßgeblich Handlungen beeinflussen, sondern Handlungen maßgeblich unsere Wertvorstellung.  

Tayyib geht mit vielen quranischen Prinzipien einher, die vielen von uns geläufig sind: „Denn Allah liebt die Verschwender nicht.“ [6:141], „Seid gerecht. Das ist näher der Gottesfurcht.“ [5:8], „Esst von den guten Dingen.“ [20:81]. Es drängt sich die Frage auf, inwiefern diese Prinzipien in unserer Bewertung über gegenwärtige Trends, Produkte und Investitionen, überhaupt eine entscheidende Rolle spielen.

Es ist in gewisser Weise alarmierend, dass es uns noch nicht zureichend gelingt, eine ausgewogene Balance zwischen einem formellen und werteorientierten Islam zu finden. Halal und Tayyib stellen keine Gegenpole dar, sie ergänzen sich, sie stehen laut Qur’an und Sunna sogar untrennbar nebeneinander.

Wie kann das Gleichgewicht wiederhergestellt werden?

Islamische Zeitung: Welche Wege und Möglichkeiten gibt es jenseits von Bildungsarbeit, die Balance zwischen beiden wiederherzustellen? 

Baraa Abu El Khair: GreenIftar ist eine Marke von NourEnergy. Hier versuchen wir seit nun über 6 Jahren einen ganzheitlichen Ansatz zu fahren, der neben Bildungsangeboten insbesondere zum Ziel hat, dass Teilnehmende durch Erfahrung wachsen. Gerade im Ramadan ist die Aufnahmebereitschaft besonders hoch. Hier erleben wir große Begeisterung für Veränderung. Dreh- und Angelpunkt des Ramadans stellt die Taqwa dar, die es zu verinnerlichen gilt.

So heißt es im Qur’an: „… auf dass ihr achtsam werdet.“ [2:183] Genau hier setzen wir an. Die Achtsamkeit gegenüber unserem Schöpfer geht schließlich mit unseren alltäglichen Entscheidungen einher. Wie achtsam etwa konsumiere ich Lebensmittel und Produkte? Was sind unsere Bewertungskriterien und in welchem Zusammenhang stehen diese zu Halal und Tayyib? 

Um sich mit diesen Fragen verstärkt im Ramadan zu beschäftigen, animieren wir Moscheen, Hochschulgruppen und sämtliche Organisationen einen oder mehrere GreenIftar(e) im Ramadan zu planen und durchzuführen. Wir erleben hier eine große Begeisterung seitens der Teilnehmenden und auch der Gäste, da sie beginnen Tiefgang und Qualität in ihrem Handeln zu erkennen.

Umweltethik Islam

Foto: Bahatha.co

Sie bringen ein Stück weit ihre Werte, die vielleicht zuvor ins Unterbewusstsein gerückt sind, mit ihren Konsumentscheidungen zusammen und gelangen so zu mehr Achtsamkeit. Wir glauben fest daran, dass diese erfüllende Erfahrung etwas Nachhaltiges im Menschen bewirkt.

Unser Vorstandsvorsitzender, Tanju Doganay, pflegt hier zu sagen: „Konsum ist eine Form des Dschihads.“ Im weiteren Sinne sagt er damit, dass Konsum mit Anstrengung und Achtsamkeit einhergeht. Inwieweit ist das Produkt in meinem Einkaufswagen Halal und Tayyib? Wo stammt es her, ist es Resultat von Kinderarbeit, ist es gesund? Oft erhalten wir das Feedback, dass GreenIftar-Teilnehmende dadurch achtsamer geworden sind, weniger verschwenden und Erfüllung darin finden nachhaltig und fair zu konsumieren.

Nachdenken über den eigenen Konsum

Islamischen Zeitung: Seit mehreren Jahren organisiert NourEnergy – wie andere Initiativen im Ausland auch – die Kampagne GreenIftar. Dabei geht es auch um den Ramadan als einen „Monat der Rückbesinnung und Reflexion“. Sie rufen dabei zu einem Nachdenken über das eigene Konsumverhalten und den Umgang von Muslimen mit der Natur auf. Wie entwickelte sich dieses Projekt in den letzten Jahren?

Baraa Abu El Khair: Aus einer anfänglichen Plastikfasten- Idee ist GreenIftar mittlerweile zu einer Bewegung und einem internationalen Netzwerk geworden, was sich in Zahlen belegen lässt. In 6 Jahren fanden weit über 300 GreenIftar-Veranstaltungen in einem Dutzend Länder statt, an denen über 36.000 Menschen teilgenommen haben. Hochgerechnet haben wir somit der Umwelt über 3,5 t CO2 erspart.

Dabei geht es uns nicht ausschließlich um das Ergebnis, sondern auch darum Menschen zu bilden, die zu Trägern dieser Botschaft werden. Deutschlandweit haben wir deshalb GreenIftar Ambassadors in unserem Netzwerk aufgenommen, die wiederum ihre jeweilige Community beeinflussen. Diese Ambassadors kommen dabei nicht zwangsläufig oder ausschließlich aus der Nachhaltigkeitswelt, sondern aus verschiedensten Bereichen.

Ärzte, Naturwissenschaftler, Köche, Imame und weitere Profile finden sich in unserem Botschafter-Netzwerk wieder. So stellen wir sicher, dass wir unterschiedliche Gruppen erreichen, auch solche, die mit Nachhaltigkeit vielleicht noch keine großen Berührungspunkte haben.

Mittlerweile fokussieren wir uns primär auf konzeptionelle Themen, Netzwerktreffen und die Erstellung von Infomaterialien wie Leitfäden und einem einzigartigen Buch mit Informationen über Halal und Tayyib und speziellen Rezepten und Tipps zum Kochen, das in Kürze erscheinen soll. Wir bieten eine Plattform des Austauschs an und generieren so einen Multiplikatoreffekt, der es uns erlaubt GreenIftar in neue Räume und Kontexte zu bringen.

Seit einigen Jahren beispielsweise kommen vermehrt Anfragen aus Schulen, die GreenIftare veranstalten möchten, weil muslimische Lehrer/innen an unseren Workshops teilgenommen haben. Das Potenzial ist also noch lange nicht ausgeschöpft, was uns in unserer Arbeit bestätigt und motiviert.

Foto: Freepik.com

Islamische Zeitung: Lassen sich Mengenangaben machen, was a) von Muslimen während des Fastenbrechens beispielsweeise an schädlichen Verpackungen verbraucht wird und b) wie groß die Einsparpotenziale sind?

Baraa Abu El Khair: Mit ca. 300 GreenIftaren hat unsere Community der Umwelt 128.000 Plastikteile erspart. Das sind pro Iftar etwa 420 Plastikteile und knapp 12 kg CO2, die wir der Umwelt ersparen. Das ist in etwa das Äquivalent zu einem Kleinwagen, der eine Autobahnstrecke von 100 km hinterlegt. Wenn man nun ein Gedankenspiel mit den knapp 3.000 deutschen Moscheen durchführt, wird einem das Potenzial erst bewusst, zumal viele dieser Gemeinden im Ramadan tägliche Iftare anbieten.

Wenn lediglich ein Zehntel dieser Gemeinden teilnehmen und nur am Wochenende GreenIftare veranstalten würde, hätten wir in einem einzigen Ramadan 2.550 Fastenbrechen mit einer Ersparnis von 1 Millionen Plastikteilen und etwa 30 t CO2.

Dabei geht es bei diesen Plastik-Ersparnissen nicht nur um die Emissionen, sondern auch um weitere Schäden, die mit Plastikmüll einhergehen. Hier muss beispielsweise insbesondere an den Plastikmüll in den Meeren gedacht werden, der die Lebensgrundlage von Menschen und Tieren zerstört.

Vor allem Freunde aus vulnerableren Ländern im Globalen Süden, zu denen wir im Austausch stehen, verfolgen unser Konsumverhalten sehr genau. In diesem Zuge ist auch ein GreenIftar Video entstanden, in dem Menschen aus aller Welt zu Wort kommen und über die Folgen unserer Iftare sprechen, die plastikintensiv veranstaltet werden. Daher steht GreenIftar für das Motto: global denken, lokal handeln.

Islamische Zeitung: Ökonomen aber auch einfache Menschen, beobachten seit Längerem, dass insbesondere in muslimischen Ländern Konsum, Umsätze und Verkäufe rapide ansteigen. Wie ist dieses eigentlich paradoxe Verhalten in einem Monat des Verzichts zu erklären?

Baraa Abu El Khair: Der Kapitalismus macht weder vor bestimmten Regionen noch vor religiösen Ereignissen halt. Ganz im Gegenteil: Im Ramadan und Ländern des Globalen Südens werden sogar Märkte erkannt, die noch stärker zu erschließen sind. So wie Weihnachten auch ein Fest des exzessiven Konsums ist, birgt der Ramadan ebenfalls ein Potenzial, um über Anreize, Bedürfnisse zu wecken.

Längst nutzen globale Player wie Coca-Cola den Ramadan, um ihre auf Muslime zugeschnittene Werbung auszustrahlen und sie damit zu locken. Ganz nach dem Motto: Was kann erfrischender sein als ein Schluck Cola nach einem langen heißen Fastentag? Dabei ist uns allen klar, dass ausgerechnet das, eine gesundheitlich und moralisch schlechte Wahl wäre.

Alle Muslime wissen wahrscheinlich, dass der Ramadan der Monat des Qur’ans ist. Wissen aber tatsächlich die meisten Muslime auch, dass der Ramadan der Monat des Verzichtes und der Achtsamkeit ist? Und was genau verbinden sie mit diesen Begriffen?

Es ist tatsächlich eine Beobachtung, dass der Ramadan oft zu einem Monat verkommt, bei dem sich alles um den Iftar dreht. Von besonderen Speisen, über besonders große Einladungen, bis hin zu üppigen Mengen an Essen, die täglich zubereitet werden.

Dies suggeriert, es würde im Ramadan genau darum gehen. Viele Muslime haben verlernt ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Großzügigkeit und Sparsamkeit zu finden. Es ist nur menschlich und nachvollziehbar, dass mit größerem Wohlstand größerer Konsum einhergeht.

Fragt man beispielsweise die palästinensische Großmutter aus Jaffa, wie ihr Fleischkonsum in ihrer Kindheit war, wird einem klar, in welchem Übermaß, ja wie verschwenderisch, wir heute leben. Nicht selten basiert dieses Phänomen auf dem Trugschluss, dass Wohlstand Völlerei und Verschwendung bedeutet. Hier schließt sich der Kreis: Rein formell mag dieser Konsum halal sein, doch oftmals mit Sicherheit nicht tayyib.

Foto: pixabay.com, Gerd Altmann

Islamische Zeitung: In aller Welt werden Umwelt- und Klimabewegung insbesondere von Jugendlichen und jungen Erwachsenen getragen. Wie wichtig wird die Jugend bei diesen Fragen unter uns Muslimen sein und könnten klima- und umweltsensible Ansätze ein Mittel sein, die Bindung junger MuslimInnen an die Community zu stärken?

Baraa Abu El Khair: Diese Parallele lässt sich sicher auch auf die muslimische Community übertragen. Letzten Endes sind Jugendliche und junge Erwachsene in unterschiedlichen Kontexten unterwegs und haben somit andere Einflusskreise, in denen sie beeinflussen und beeinflusst werden.

Gleichzeitig ist es aber auch so, dass insbesondere praktizierende Muslime aus verschiedenen Gründen entweder den Anschluss zu bestimmten Organisationen verlieren oder verstärkt nach Räumen suchen, die ihnen erlauben, ihre Wertvorstellungen besser mit ihrem Aktivismus zu vereinen.

Wenn sie diese nicht finden, engagieren sie sich entweder individuell, indem sie z.B. einen Blog oder eine Instagram Seite betreiben, oder sie verschaffen sich den Raum mit Gleichgesinnten außerhalb der Moschee. Daher stehen Moscheen hier in einer besonderen Verantwortung genau diesen Raum zu schaffen. Es ist Gott sei Dank tatsächlich so, dass wir erkennen, wie Moscheevorstände aus unterschiedlichen Gründen ihre Räume für Jugendaktivitäten immer weiter öffnen.

NourEnergy liegen Moscheen besonders am Herzen. Deshalb versuchen wir unsere Angebote oft in ihren Räumlichkeiten anzubieten. Wir erkennen hierin eine große Chance für die Gemeinden. Zum einen ziehen neue Angebote neue Jugendliche an. Zum anderen stärkt die Gemeinschaft vor Ort somit ihre Bindungskraft und Attraktivität. So sind in den letzten Jahren vorbildliche Initiativen entstanden, die maßgeblich von jungen Erwachsenen angetrieben worden sind. Das spricht sowohl für die Jugend als auch für den Moscheevorstand.

Islamische Zeitung: Die Sorge um die Umwelt und die Mitschöpfung ist ein weltumspannendes Thema und beschäftigt viele Menschen. Sehen Sie darin auch einen Weg, den Dialog und die Begegnung von Nichtmuslimen und Muslimen zu fördern?

Baraa Abu El Khair: Absolut. Das Ziel ist oft identisch, während der Weg und die Motive sich unterscheiden können. Es ist eines dieser existenziellen Themen, die uns alle gleichermaßen betreffen und vor Augen führen, wie abhängig wir voneinander sind. Gerade in Zeiten, wo es nur so von polarisierenden Themen wimmelt, ist es wichtig diese Schnittmengen zu haben, die die Gemeinsamkeiten hervorheben.

Einer der wesentlichen Gründe für NourEnergys Mitgliedschaft bei der Klima-Allianz Deutschland, ist neben den offensichtlichen Zielen des Klimaschutzes auch der Dialog. Wir Muslime brauchen uns nicht zu verstecken und haben der Mehrheitsgesellschaft viel zu bieten. Insbesondere muslimische, junge Erwachsene, die beide Welten gut verstehen, können hier verstärkt die Rolle der Brückenbauer einnehmen.

Islamische Zeitung: Wir bedanken uns für das Gespräch.

* NourEnergy hat mit „GreenIftar Guide“ einen Leitfaden zum nachhaltigen Verhalten im Ramadan veröffentlicht. Mehr Informationen unter: greeniftar.com/

Ramadan 2024: „Habibi, der Islam war schon immer grün“

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Grüner Islam: Mit einem hochkarätigen Symposium leitete NourEnergy seine diesjährige GreenIftar-Kampagne ein.

„Wer verantwortungsvoll und gerecht handelt, wird beim Kauf und Verkauf nicht nur penibel auf Erlaubtes (halal) achten. Im selben Maße auch darauf, dass z. B. keine Kinderarbeit, umweltschädliche Substanzen oder Sklaverei ähnelnde Arbeitsbedingungen bei der Herstellung Anwendung fanden. Diese sind im Islam moralisch gesehen schlecht und kann daher auch nicht als ‘tayyib’ gesehen werden.“ Tanju Doganay

„Habibi, der Islam war schon immer grün“

(iz). Dass islamische Tradition und Umweltschutz nicht nur vereinbar sind, sondern dass prophetisches Vorbild und Lebenspraxis einen verantwortlichen Umgang mit der Schöpfung als Kalif Allahs erfordern, hat sich in den letzten 20 Jahren weltweit in innermuslimischen Diskursen durchgesetzt.

Dabei greifen die Vordenker und Praktiker der muslimischen Umwelt- und Klimabewegung nicht nur auf Begriffe zurück. Sie haben herausgearbeitet, was die praktischen Regeln der Scharia und der Zivilgesellschaft zu den heutigen Krisen zu sagen haben.

Die ökologischen Folgen des In-der-Welt-Seins hängen vom praktischen Verhalten ab und wie sich dieses auf die Mitschöpfung auswirkt. Das konkrete Dasein wird zudem von grundlegenden Konzepten wie dem Fetisch des ständigen Wachstums beeinflusst.

Freude Zeit Ramadan

Foto: Sumaya Hisham

Im Ramadan steigt weltweit der Ressourcenverbrauch unter Muslimen

Ironischerweise erleben Fastende – insbesondere in den Wohlstandsinseln der Welt – diese Herausforderung im Ramadan. Obwohl der Fastenmonat eine Zeit des Verzichts, der Vergeistigung und der Entbehrung sein soll, steigen in vielen muslimischen Ländern Konsum und Ressourcenverbrauch.

Gegen diesen Trend gibt es seit einiger Zeit in verschiedenen Ländern Initiativen, die den Ramadan nutzen, um auf die Problematik des Ressourcenverbrauchs und den individuellen und gemeinschaftlichen Beitrag dazu aufmerksam zu machen. Vorreiter unter den Muslimen Deutschlands ist NourEnergy e.V.

Seit mehreren Jahren nutzt der Verein den Fastenmonat, um mit der Kampagne GreenIftar auf die Verantwortung im Umgang mit der Schöpfung hinzuweisen. Sinn und Zweck ist auch, andere zur Nachahmung anzuregen. Dabei geht es beileibe nicht nur um die Ersetzung von Wegwerf- durch Mehrweggeschirr. Das gesamte Verhalten von fastenden Muslimen bzw. ihren Gemeinschaften steht auf dem Prüfstein.

Foto: NourEnergy e.V.

Wohlwertigkeit im Fokus: Kampagne begann im Februar

NourEnergy startete am 10. Februar seine diesjährige Kampagne mit einem spannenden Symposium in der Kölner Zentralmoschee. Unter dem Titel „Back to the Roots“ gingen die Redner- und TeilnehmerInnen der Frage nach, in welchem Zusammenhang die qur’anischen Anforderungen von „halal“ und „tayyib“ stehen.

Dieser Punkt, der Gleichklang von erlaubten und vollwertigen Dingen, wurde auf dem Event gezielt herausgearbeitet. Und er ist jetzt Teil der nötigen Kategorien für ein „grünes“ Fastenbrechen.

NourEnergy betont einen wichtigen Aspekt: Es reicht nicht nur, dass bspw. Lebensmittel nach formalrechtlichen Kriterien „halal“ sind. Sie müssen gleichermaßen unter ökologischen und sozialen Rahmenbedingungen erzeugt werden, die dem islamischen Ethos entsprechen.

„Wir haben Triebe (an-nafs al-ammara), die wir ‘erziehen’ und in Halal-Bahnen lenken sollten, um unser Gewissen (an-nafs al-lawwama) zu beruhigen, damit wir glücklich sind (an-nafs al-mutmainna), um schließlich das Wohlgefallen Allahs zu erlangen (an-nafs al-mardiyya).  Für viele reicht ein Halal-Siegel oder Zertifikat, um sein Gewissen zu erleichtern. Ohne die Rücksicht auf ‘tayyip’ kann dies aber nicht gelingen“, sagte Dr. Ali Özgür Özdil in Köln.

* NourEnergy hat mit „GreenIftar Guide“ einen Leitfaden zum nachhaltigen Verhalten im Ramadan veröffentlicht. Mehr Informationen unter: greeniftar.com/

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Halal-Zerfizierung: Bisher wurde zu wenig gefragt, ob und für wen der globale Trend von Nutzen ist. Von Sulaiman Wilms

(iz). Milliarden-Gewinne soll sie einfahren und dazu noch eine Wachstumsfunktion für Muslime in aller Welt haben. Die Rede ist von der globalen Halal-Industrie für Lebensmittel, Kosmetika, Medikamente und damit verbundene […]

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