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4 Jahre danach: Ataman sieht Versagen im Umgang mit Hanau

ataman diskriminierung rassismus

Am 19.02.2020 erschoss ein Deutscher in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven. 4 Jahre danach liegt weiter vieles im Argen, findet die Antidiskriminierungsbeauftragte. Berlin (KNA). Zum vierten Jahrestag des rechtsterroristischen […]

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Gedenken an Opfer des rassistischen Attentats in Hanau

Opfer Terror Rassismus Hanau Kurtović

Vor vier Jahren mussten im hessischen Hanau neun Menschen sterben, als ein Attentäter aus rassistischen Motiven tötete.

Hanau (KNA) Mit einer Kranzniederlegung und einem stillen Gedenken ist am Montag auf dem Hauptfriedhof in Hanau sowie an weiteren Orten an die neun Opfer des rassischen Amoklaufs vom 19. Februar 2020 erinnert worden. „Die Mahnung, die aus dem rassistischen Terror vor vier Jahren in Hanau folgt, könnte nicht aktueller sein. Von Matthias Jöran Berntsen

Denn die Wegbereiter rechtsextremer Gewalt, die selbst aus unseren Parlamenten heraus ihre menschenverachtende Hetze verbreiten, sind in den letzten vier Jahren lauter und stärker geworden“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) anschließend.

Hanau: Offizielle Kranzniederlegung

Sie nahm am Vormittag gemeinsam mit dem stellvertretenden hessischen Ministerpräsidenten Kaweh Mansoori und Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (beide SPD) an der offiziellen Kranzniederlegung teil. Auch der Bundesopferbeauftragte Pascal Kober (FDP) und Hessens Landtagspräsidentin Astrid Wallmann (CDU) waren vor Ort.

Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sagte im Vorfeld: „Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtovic, Vili-Viorel Paun, Fatih Saracoglu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov: Die Namen der Opfer und das Leid der Hinterbliebenen mahnen uns, Rassismus und Menschenfeindlichkeit endlich zu überwinden und jederzeit aktiv dagegen anzugehen.“

Ein digitales Denkmal

Hanau pflegt im Internet die Seite Hanau-steht-zusammen.de. „Mit dieser Website wollen wir ein digitales Denkmal setzen, das immer wieder aktualisiert wird und so die Erinnerung an das Geschehen lebendig halten und Wege in die Zukunft weisen soll“, wie Oberbürgermeister Kaminsky dort schreibt.

Die Anteilnahme war auch bei den Religionsgemeinschaften groß. So betete Imam Macit Bozkurt (Islamischer Verein Hanau) an den Gräbern der auf dem Hauptfriedhof Bestatteten und zitierte aus dem Koran. Der Zentralrat der Juden in Deutschland schrieb auf X: „Wir erinnern an die Opfer und sind mit unseren Gedanken bei den Angehörigen.“

Und in der Wallonisch-Niederländischen Kirche sollte am Montagabend ein ökumenischer Gedenkgottesdienst stattfinden. Der Fuldaer katholische Bischof Michael Gerber sagte: „Unsere Gedanken und Gebete sind vor allem bei den Angehörigen der Opfer, die ein Leben lang unter dem Verlust ihrer Lieben leiden müssen. Der Tod der jungen Menschen mahnt uns gerade jetzt, als Zivilgesellschaft im Einsatz für die unbedingte Würde eines jeden Menschen – unabhängig von seiner Herkunft oder Weltanschauung – einzutreten.“

Terror: Hanau gedenkt der Opfer des Anschlags vom 19. Februar 2020

hanau

Mit einer Kranzniederlegung und einem gemeinsamen Gebet wird am Montag in Hanau der Opfer des Anschlags vom 19. Februar 2020 gedacht.

Hanau (KNA). Mit einer Kranzniederlegung und einem gemeinsamen Gebet wird am Montag in Hanau der Opfer des Anschlags vom 19. Februar 2020 gedacht. „Das Miteinander in Hanau ist seit dem 19. Februar 2020 sensibler geworden. Schon in den ersten Stunden und Tagen haben die Hanauerinnen und Hanauer in tiefer Betroffenheit und großer Solidarität der Opfer dieses rassistischen Anschlags gedacht und ihr Mitgefühl gezeigt, auch den Angehörigen gegenüber. Dieses Gedenken wird niemals enden in Hanau“, erklärte Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) am Donnerstag.

Opfer Terror Rassismus Hanau

Hanau: Verschiedene Formen von Trauerarbeit und Engagement

Kaminsky wies auf eine Vielzahl von Gedenkveranstaltungen hin, die rund um den vierten Jahrestag stattfinden. Demnach bieten Vereine, Schulen, Kirchen und Organisationen zahlreiche „Formen der Diskussion, Teilhabe, Trauerarbeit und zukunftsgerichtetem Engagement für ein friedliches Leben“ an. „Das erfüllt mich mit Stolz und ist gerade heute wichtiger denn je“, sagte Kaminsky.

Am 19. Februar 2020 wurden Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtovic, Vili-Viorel Paun, Fatih Saracoglu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov von einem rassistischen Attentäter in Hanau ermordet.

Das zentrale Gedenken von Stadt und Land findet am Montag auf dem Hauptfriedhof statt. Um 11.00 Uhr werden dort der stellvertretende hessische Ministerpräsident, Kaweh Mansoori, und Kaminsky an die Opfer erinnern. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die aus Hessen stammt, hat ihre Teilnahme zugesagt.

Foto: Islamrat, Twitter

Stilles Gedenken ohne Reden

An der Trauerhalle auf dem Hauptfriedhof wird es eine Kranzniederlegung geben. Das stille Gedenken, bei dem es auf ausdrücklichen Wunsch der Opferangehörigen keine politischen Reden auf dem Friedhof geben wird, ist öffentlich.

Bereits für 10.00 Uhr ist ein Gebet von Imam Macit Bozkurt (Islamischer Verein Hanau) an den Gräbern der auf dem Hauptfriedhof Bestatteten und den Erinnerungstafeln für die Opfer des 19. Februar geplant. Um 10.45 Uhr wird Bozkurt im Eingangsbereich des Hauptfriedhofs aus dem Koran rezitieren.

Auf dem Friedhof in Dietzenbach findet um 14.00 Uhr das Gedenken für Sedat Gürbüz statt, an dem städtische Vertreterinnen und Vertreter teilnehmen. Auch an den weiteren Grabstätten in Deutschland und anderen Ländern finden Blumen- beziehungsweise Kranzniederlegungen statt.

Debattenklima gesellschaft Deportationsszenarien

Foto: r.classen, Shutterstock

Bischof sieht Gesellschaft gefordert

Fuldas katholischer Bischof Michael Gerber fordert, die Gesellschaft solle sich gemeinsam für die Menschenwürde und das Miteinander einsetzen.

„Unsere Gedanken und Gebete sind vor allem bei den Angehörigen der Opfer, die ein Leben lang unter dem Verlust ihrer Lieben leiden müssen. Der Tod der jungen Menschen mahnt uns gerade jetzt, als Zivilgesellschaft im Einsatz für die unbedingte Würde eines jeden Menschen einzutreten – unabhängig von seiner Herkunft oder Weltanschauung“, sagte Gerber auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

„Wir müssen weiter an der Vernetzung all jener Initiativen und Kräfte arbeiten, die sich für Menschenwürde und das Miteinander in unserem Land einsetzen.“

Nigeria: Überfälle, Entführungen, Landkonflikte

Nigeria Afrika Karte

Eine neue Gewaltwelle hält Nigeria in Atem. Die Ursachen sind vielfältig: Konflikte zwischen Bevölkerungsgruppen, Streit um Land und Ressourcen

Abuja (KNA). Mittlerweile ist die Gewalt selbst in Nigerias Hauptstadt Abuja angekommen. Ignatius Kaigama, Erzbischof von Abuja, findet deutliche Worte.

Ende Januar kritisierte er in einer Predigt, dass selbst die Straßen der Hauptstadt unsicher werden, von anderen Regionen ganz zu schweigen. Täglich würden Dörfer angegriffen, Eigentum zerstört sowie Menschen entführt und ermordet.

Foto: AK Rockefeller, via flickr | Lizenz: CC BY-SA 2.0

Nigeria erlebt seit Wochen eine neue Welle der Gewalt

An Weihnachten wurden im Bundesstaat Plateau im Zentrum des Landes mehr als 150 Menschen getötet, Dutzende Häuser zerstört. Seitdem kommt die Region nicht zur Ruhe: Vier Wochen später ermordeten Bewaffnete erneut 30 Personen, dieses Mal im Landkreis Mangu.

Seit Jahrzehnten kommt es in dem Bundesstaat mit fruchtbaren Böden und einem angenehmen Klima zu Gewaltausbrüchen. Die Interpretationen sind unterschiedlich.

Nach Einschätzung von Timothy Daluk, lokaler Vorsitzender der Christlichen Vereinigung Nigerias, handelt es sich um einen Angriff auf Christen. Muslime würde gezielt versuchen, Christen, die stets in der Region gelebt hätten, zu vertreiben, sagte er lokalen Medien.

Foto: Sani Ahmad Usman, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 4.0

Konflikte um fruchtbares Land

Es geht allerdings auch um den Zugang zu wertvollem Land. Vor allem durch den Middle Belt, das Zentrum des Landes, ziehen bis heute Hirten mit ihrem Vieh. Sie gehören der Ethnie der Fulani an und sind fast ausschließlich Muslime. Häufig werden sie für Überfälle verantwortlich gemacht und als Terroristen bezeichnet. Zu einer Untersuchung von Überfällen bis hin zu Gerichtsprozessen kommt es allerdings so gut wie nie.

Auch verstärkt der Klimawandel die Spannungen. Da der Staat oft abwesend ist und weder ausreichend in Infrastruktur investiert, noch für Sicherheit sorgt, identifizieren sich Menschen weitaus mehr über ihre ethnische Zugehörigkeit und Religion und grenzen sich bewusst von anderen ab.

Foto: EC/ECHO/Wim Fransen

Nicht auf eine Region beschränkt

Die Entwicklung in Plateau ist extrem. Gewalt ist aber längst nicht mehr nur auf eine Region beschränkt, betont die nigerianische Denkfabrik, Centre for Democracy and Development, in einer Ende Januar veröffentlichten Untersuchung.

Konflikte haben sich mittlerweile in den bisher als einigermaßen friedlich geltenden Südwesten ausgebreitet. Vor allem ein Risiko gibt es überall: Entführungen. Verschiedene nichtstaatliche Organisationen wie die Sicherheitsfirma SBM Intelligence zählen jährlich mehr als 4.000. Da viele nicht angezeigt werden, wird die Dunkelziffer deutlich höher geschätzt.

Foto: Staff Sgt. Edward Braly, USAF, via Wikimedia Commons | Lizenz: Public Domain

Banden gefährlich wie Terroristen – Wirtschaft schwächet

Damit, so die Lesart verschiedener Beobachter, überschattet die Gewalt durch bewaffnete Banden mittlerweile auch die von terroristischen Gruppierungen wie Boko Haram und vor allem dem „Islamischen Staat in der Westafrikanischen Provinz“. Beide sind weiterhin vor allem im Nordosten aktiv.

Mit der anhaltenden Gewalt geht die desolate wirtschaftliche Entwicklung einher. Die Inflationsrate steigt seit Jahren und liegt mittlerweile bei fast 30 Prozent, während es vor einem Jahr noch knapp 22 Prozent waren.

Nach Informationen der Zentralbank ist auch der Naira schwach wie nie zuvor. Der Wechselkurs lag Ende Januar bei 1 Euro zu 1.475 Naira. Dabei ist das Land stark von Wareneinfuhren abhängig. Neben Autos und Baumaterialien gehören auch Nahrungsmittel dazu.

Als besonderer Einschnitt galt vergangenes Jahr die Abschaffung der Treibstoffsubventionen. Vor der seit Jahren diskutierten Umsetzung Mitte 2023 kostete der Liter offiziell 370 Naira. Nach Angaben des Welternährungsprogramms lag er in den Bundesstaaten Borno und Yobe im Nordosten im Dezember bei 1.300 bis 1.700 Naira, wodurch sich auch Lebensmittelpreise verteuern.

Anfang der Woche warnte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International im Kurznachrichtendienst X: “Millionen Menschen in Nigeria sind immer weniger in der Lage, die Kosten für Bildung, Ernährung und Gesundheitsversorgung zu decken.” 

Fast zeitgleich gab der Internationale Währungsfonds bekannt, die Wachstumsprognosen für Nigeria für dieses Jahr von 3,1 auf 3 Prozent nach unten zu korrigieren.

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Staatstrauer im Iran nach Explosionen

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Nach den verheerenden Explosionen am Todestag des iranischen Generals Ghassem Soleimani sind viele Fragen noch ungeklärt. Die Regierung ruft Staatstrauer aus und lässt nach den Verantwortlichen fahnden. 

Teheran (dpa/IZ) Nach den verheerenden Explosionen im Iran mit über achtzig Toten steht nun die Suche nach den Hintergründen und Verantwortlichen für den Anschlag im Fokus. Die iranische Regierung sprach von einer Terrorattacke. Die Bundesregierung und der Europäische Auswärtige Dienst verurteilten den Anschlag ebenfalls als Terrorakt. Zunächst reklamierte allerdings keine Gruppe die Tat für sich, mittlerweile hat der Islamische Staat (IS) die Verantwortung für die Taten übernommen.

Es war der Anschlag mit den meisten Opfern in der rund 45-jährigen Geschichte der Islamischen Republik. Am Todestag des mächtigen iranischen Generals Ghassem Soleimani waren am Mittwoch in dessen Heimatstadt Kerman bei zwei Explosionen über achtzig Menschen in den Tod gerissen und mehr als 280 verletzt worden. Der Zustand von rund 30 Verletzten war in der Nacht noch kritisch und die Sorge groß, dass die Zahl der Opfer noch weiter steigen könnte. Derweil ließ Irans Regierung eine landesweite Staatstrauer ausrufen. Irans Präsident Ebrahim Raisi hat aufgrund der Anschläge seinen ersten Staatsbesuch in der Türkei abgesagt. Die eigentlich für Donnerstag geplante Reise nach Ankara werde verschoben, berichtete die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna am Mittwoch auf Telegram.

Foto: english.khamenei.ir, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY 4.0

Irans Staatsführung verurteilte die Attacke aufs Schärfste. Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei und Präsident Ebrahim Raisi kündigten eine entschiedene Reaktion an. „Mit Gottes Erlaubnis wird die Hand der göttlichen Rache zur rechten Zeit und am rechten Ort erscheinen“, schrieb Raisi auf X. Innenminister Ahmad Wahidi veröffentlichte Erkenntnisse der ersten Ermittlungen, nachdem er die Anschlagsorte besucht hatte. Unter anderem seien die Überreste der beiden Sprengsätze untersucht worden, die im Abstand von nur wenigen Minuten detoniert waren. 

Kerman ist die Heimat von Soleimani, dem früheren Kommandeur der Auslandseinheiten der iranischen Revolutionswächter (IRGC). Die USA hatten ihn am 3. Januar 2020 im Irak durch einen Drohnenangriff getötet. Von systemtreuen Regierungsanhängern wird er als Märtyrer verehrt. Die Explosionen ereigneten sich, als Menschenmassen durch die Straßen der Provinzhauptstadt zu Soleimanis Grabstätte pilgerten. 

US-Regierung zu Explosionen im Iran: „In keiner Weise beteiligt“ 

Der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, sagte am Mittwoch in Washington, die Vereinigten Staaten seien in keiner Weise beteiligt an den Explosionen beteiligt gewesen. Angesichts der angespannten Lage im Nahen Osten wächst die Sorge vor einer Ausweitung des Gaza-Kriegs, in den auch der Iran und die USA mit hineingezogen werden könnten. 

Miller sagte, man habe außerdem keinen Grund zu der Annahme, dass Israel an den Explosionen beteiligt gewesen sei. „Zumindest für uns ist es noch zu früh, um sagen zu können, was die Ursache sein könnte“, sagte Miller.

„Die Bombenanschläge sind verabscheuungswürdig, unabhängig davon, wer sie verübt hat. (…) Das (iranische) Regime könnte versucht sein, Israel und die USA, seine üblichen Verdächtigen, dafür verantwortlich zu machen. Aber solche Explosionen liegen nicht im Interesse der beiden Länder. Die USA und Israel haben iranische Ziele bislang auch nicht auf diese Art verfolgt, wenn sie dies wollten. Die israelische Methode sieht aus wie die Explosion am Dienstag in Beirut, bei der Saleh al-Aruri, ein hochrangiger Hamas-Führer, getötet wurde.“

Wall Street Journal

Einflussreiche Hardliner im Iran haben indes nach dem Anschlag Israel für die Explosionen verantwortlich gemacht. Es gebe viele Gründe anzunehmen, „dass die Zionisten (Israel) in die terroristischen Explosionen verwickelt waren“, hieß es in einem am Donnerstag publizierten Leitartikel der erzkonservativen Zeitung „Keyhan“. Die Autoren forderten schnelle Rache für die Attacke. Andernfalls könnte sich ein Anschlag in der Hauptstadt Teheran wiederholen, lautete eine Warnung in dem Artikel.

Die Zahl der Todesopfer wurde mittlerweile von der iranischen Regierung nach unten korrigiert. Es hiess zunächst, es seien über einhundert Menschen bei den Anschlägen ums Leben gekommen, die offiziellen Stellen sprechen nun von 84 Getöteten.

Auch am Ölmarkt ist die Sorge vor einer Eskalation der Lage im Nahen Osten derzeit das beherrschende Thema und sorgt für steigende Preise. Die Explosionen im Iran und die Tötung eines Anführers der Hamas im Libanon hat die Spannungen in der ölreichen Region weiter erhöht. Am Mittwoch waren die Ölpreise jeweils um etwa drei Dollar je Barrel nach oben gesprungen. Zuvor hatten bereits Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer mehrmals für steigende Ölpreise gesorgt.

Unser Debattenklima: Vorwärts zurück ins Gestern?

Debattenklima gesellschaft Deportationsszenarien

Das derzeitige Debattenklima erinnert viele Menschen schmerzhaft an die Monate und Jahre nach 9/11. Ein Kommentar

(IZ/KNA). Der Hamas-Terror vom 7. Oktober gegen Zivilisten in Israel und der anschließende Krieg der israelischen Armee gegen sie im dicht besiedelten Gazastreifen haben hier zu Veränderungen geführt. Manche fühlen sich an die Zeit nach dem 11. September erinnert.

Debattenklima: Terror und Krieg ziehen das Gespräch in Mitleidenschaft

Öffentliche Sympathiebekundungen für den Terror, die Hamas und andere militante Gruppen sowie Demonstrationen aus dem Umfeld der Hizb ut-Tahrir führen zu öffentlicher Empörung in der Bundesrepublik.

Staatliche Stellen und NGOs berichten von einem massiven Anstieg antisemitischer Straftaten. Am 17. November meldete das BKA, es habe seit dem Angriff rund 3.300 Straftaten mit Nahostbezug erfasst. Dabei handelte es sich vor allem um Fälle von Sachbeschädigung, Volksverhetzung und Widerstandsdelikten.

Polizeischutz vor einer Synagoge in Berlin. (Foto: Tobias Arhelger, Shutterstock)

Innenministerin Faeser zog erste Konsequenzen. Sie sprach am 2. November ein Betätigungsverbot der zuvor in Deutschland und der EU untersagten Hamas aus. Darüber hinaus sprach das BMI ein Verbot des Netzwerkes „Samidoun“ aus.

Seine Sympathisanten hatten am 7. Oktober für Aufsehen gesorgt, als sie Süßigkeiten an Passanten als Reaktion auf den Terror gegen israelische Zivilisten verteilten.

Unterscheidungsloser, öffentlicher Druck auf AraberInnen und MuslimInnen

Parallel dazu häufen sich immer neue Distanzierungsforderungen an MuslimInnen und AraberInnen – von Habeck bis Steinmeier. Derzeit lässt sich eine politisch und wirtschaftlich angeschlagene Ampel durch die verbale Radikalisierung von Union und AfD-Erfolgen treiben. Unabhängige Stimmen – von deutsch-jüdischen Intellektuellen bis zu Juristen – halten dagegen und mahnen zu Differenzierung.

In einem Interview wandte sich die bekannte jüdische Kinderbuchautorin Eva Lezzi gegen die momentane Rhetorik aus der Politik. Zweifelsohne müsse ein von Muslimen ausgehender Antisemitismus strafrechtlich verfolgt werden. Aber es gebe „auch einen politischen Diskurs, der etwas daraus schlägt, wogegen ich mich heftig wehre – nämlich ein gegeneinander Ausspielen von jüdischen und muslimischen Minderheiten und Positionen“, sagte die Autorin weiter.

Dass es unter deutschen MuslimInnen Stimmen gibt, die Antijudaismus in eigenen Reihen zurückweisen, geht im jetzigen Klima unter. Am 9. November, dieses Jahr der 85. Jahrestag der „Reichspogromnacht“, solidarisierte sich Mazyek mit JüdInnen. „Heute zum 9. November gedenken auch wir deutschen Muslime der getöteten Juden. Der barbarische Völkermord und Holocaust erwuchs aus Antisemitismus und Judenhass heraus.“ Er mahnte hiesige Muslime dazu, nicht die Augen vor Ressentiments zu verschließen.

Screenshot: ZMD, Facebook

Muslime sehen Spaltung

Zwei Tage zuvor meldete sich der KRM mit einer Stellungnahme zum bundesdeutschen Debattenklima zu Wort. Der derzeit „herrschende Diskurs in Deutschland“ spalte die Gesellschaft. Medien würden den Eindruck erzeugen, es gäbe jetzt nur ein pro-israelisches und pro-palästinensisches Lager. „Wer genau hinschaut, sieht: Die allermeisten Menschen fordern das Ende der Gewalt und Frieden – auf beiden Seiten.“

Aus diesem Grund fordert er eine „Versachlichung der Debatte“ und erklärt die Notwendigkeit für ein differenzierteres Denken. Momentan würden Vorurteile und verbale Angriffe auf JüdInnen und MuslimInnen in Deutschland geschürt. „Jüdinnen, Juden und jüdische Einrichtungen sind antisemitischen verbalen und tätlichen Angriffen ausgesetzt.

Seit der Gewalteskalation in Nahost leben sie in großer Sorge vor Übergriffen.“ Von dieser Gewalt seien hiesige MuslimInnen und Moscheen ebenfalls betroffen. So habe man seit dem 7. Oktober „Dutzende Angriffe auf Muslime und Moscheen“ verzeichnet.

Widerspruch gegen Generalverdacht

Insbesondere unter arabischstämmigen Deutschen kommt Widerspruch gegen undifferenzierte Distanzierungsforderungen auf. Während die Politik extreme Zirkel nicht erreiche, so die Kritik, würde ein personalisierter Generalverdacht andere Segmente treffen: erfolgreiche Unternehmer, IT-Spezialisten, Designer, Publizisten, Künstler oder Entertainer. Sie fragen sich in den sozialen Netzen, warum sie sich angesprochen fühlen sollten.

Die Religionsexpertin der Bertelsmann Stiftung, Yasemin El-Menouar, sieht eine Rückkehr von Diskursen, wie man sie nach 9/11 erlebt habe. „Auch damals hat man Druck aufgebaut und von Musliminnen und Muslimen in Deutschland gefordert, sich zu positionieren“, zitierte sie ein Hintergrundtext der dpa. Gesamtgesellschaftlich würden Muslime erneut mitverantwortlich gemacht. Sie erlebe da „eine große Frustration“. 

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Über Terror sprechen: Bruch von Werten und Normen

terror

Über Terror sprechen: „IZ-Begegnung“ mit Dr. Muhammad Sameer Murtaza über die Hamas, ihre Ideologie und seine Hoffnung auf Frieden. (iz). Muhammad Sameer Murtaza ist Islam- und Politikwissenschaftler, islamischer Philosoph und […]

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Gibt es einen Generalverdacht gegen Muslime?

Generalverdacht

Generalverdacht: Seit der Terrorattacke der Hamas auf Israel und Angriffen auf Gaza sehen sich viele Muslime in Deutschland einem allgemeinen Verdacht ausgesetzt.

Köln/Berlin (dpa, iz). Amira ist auf dem Weg zur Kita, um ihre Tochter abzuholen, als ein Mann sie als „Terroristenschlampe“ beschimpft, den Kinderwagen umwirft. „Mehrere Personen haben das aus nächster Nähe mitbekommen, sind aber nicht eingeschritten“, schildert die 30-Jährige aus Köln. Von Yuriko Wahl-Immel

„Die Attacke war beängstigend, ebenso die Tatsache, dass es keine Zivilcourage gab.“ Amira ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, ist Rassismusforscherin, selbstbewusst, trägt Kopftuch.

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober sei das Klima rau und feindselig für viele „muslimisch markierte“ Menschen geworden, die wegen ihres Äußeren als muslimisch gedeutet und deshalb angefeindet würden. Eine in Berlin aufgewachsene Juristin (29) sagt ähnlich, sie werde beleidigt, angepöbelt, fühle sich nicht mehr sicher.

Foto: , via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-2.0

Vom Generalverdacht zu Angriffen?

Der Zentralrat der Muslime (ZMD) oder die DITIB sprechen von einem Generalverdacht, beklagen Angriffe auf Muslime und Moscheen. Amira und viele ihrer Bekannten spüren das im Alltag deutlich. „Es ist eine rassistisch aufgeladene Veränderung in der Gesellschaft spürbar“, beschreibt sie.

Sieist eloquent, schreibt ihre Doktorarbeit – und hört in den vergangenen Wochen immer wieder von Wildfremden, sie solle „erst mal Deutsch lernen“ oder sich an „deutsche Regeln“ halten. Sie weiß von mehreren „muslimisch markierten“ Menschen, die in den letzten Wochen ihre Jobs verloren haben, „weil sie sich irgendwie mitfühlend propalästinensisch geäußert haben“.

Kommunikationsprobleme

Foto: Palestinian News & Information Agency (Wafa) in contract with APAimages, via flickr | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Was hat sich nach dem 7. Oktober für Muslime verändert?

Viele Muslime haben das Gefühl, dass sich die Situation nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA nun für sie wiederhole, sagt Yasemin El-Menouar, Religionsexpertin der Bertelsmann Stiftung. „Auch damals hat man Druck aufgebaut und von Musliminnen und Muslimen in Deutschland gefordert, sich zu positionieren.“

In der Gesamtbevölkerung gehe der Blick auf die Muslime erneut reflexartig auf ihre vermeintlichen Herkunftsländer, als seien sie deren Stellvertreter und quasi mitverantwortlich für dortige Ereignisse und Taten. „Ich erlebe da eine große Frustration.“ Im aktuellen Nahost-Konflikt sehe sie unter den Muslimen hierzulande viel Mitgefühl und tiefe Verbundenheit mit der Bevölkerung auf beiden Seiten.

ZMD-Chef Aiman Mazyek berichtet, Kinder und Jugendliche aus den muslimischen Communities fühlten sich in den Schulen mitunter stigmatisiert. In Einzelfällen habe es „Gesinnungstests“ in Schulen gegeben. Darin sei die Haltung von Schülern mit muslimischem Hintergrund zum Nahostkonflikt und zur Hamas abgefragt worden.

Es werde versucht, auch die Einstellung der Eltern auszuhorchen – das sei inakzeptabel. Und er stellt klar: „Antisemitismus ist eine Sünde im Islam.“ In Deutschland leben 5,5 Millionen Muslime, unter den Bundesländern besonders viele in Nordrhein-Westfalen.

Woher kommen solche pauschale Unterstellungen?

El-Menouar zufolge besteht schon seit langem eine große Skepsis gegenüber Muslimen und ihrer Religion. „Der Islam wird weniger als Religion gesehen, sondern in der Nähe von Islamismus und Terror verortet. Muslimen wird unterstellt, dass sie religiös begründeten Extremismus und Terror akzeptieren.“

Muslimische Dachverbände hätten den Hamas-Terror mehrfach verurteilt, seien vehement für ein sicheres jüdisches Leben eingetreten und würden doch immer wieder an den Pranger gestellt, kritisiert Islamwissenschaftler Jörn Thielmann. „Viele Muslime sind deutsche Staatsbürger, sind hier aufgewachsen, zur Schule gegangen und sollen sich jetzt rechtfertigen für etwas, wofür sie genauso wenig können wie der katholische Herr Müller oder die evangelische Frau Meyer.“

Muslime KRM

Foto: Koordinationsrat der Muslime

Welche Folgen hat das für die Gesellschaft?

Vor allem bei jüngeren Muslimen sei zu befürchten, dass es längerfristige Folgen haben werde, wenn sie sich stigmatisiert und gekränkt fühlten, sie zu Unrecht als „Terroristen-Versteher oder Terroristen-Sympathisanten gelabelt“ würden, glaubt Thielmann.

Von einer gesellschaftlichen Spaltung spricht Dirk Halm vom Zentrum für Türkeistudien. Diese komme „in einem immer unverhohlener grassierendem Antisemitismus, aber auch in Muslimfeindlichkeit zum Ausdruck“. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte jüngst für ein friedliches Zusammenleben ohne Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit zu einem Runden Tisch geladen.

Mazyek warnt, gerade bei den Jüngeren könne der Generalverdacht zu einer besorgniserregenden Entfremdung führen. Einige könnten in die Fänge von Extremisten geraten. Amira schildert, es komme gegen sie und viele ihrer Bekannten zu „Mikro-Aggressionen“ – ausgrenzende, abwertende Äußerungen oder Rempeleien.

„Wir arbeiten hier, ziehen unsere Kinder groß, gestalten die Gesellschaft mit – und doch wird jetzt vermehrt unsere Zugehörigkeit in Frage gestellt.“ Und die Berlinerin sagt: „Ich habe das Gefühl, einen großen Teil dessen, was meine Identität ausmacht, nämlich palästinensisch zu sein, verbergen zu müssen, aus Angst vor negativen Reaktionen und Konsequenzen.“

Foto: Montecruz Foto, via flickr | Lizenz: CC BY 2.0

Ein differenzierter Blick wird gefordert

Auch unter Muslimen gibt es radikale Einstellungen und Israel-bezogenen Antisemitismus, weiß El-Menouar. Aber: „Wir haben Antisemitismus in Deutschland, der sich quer durch die Gesellschaft zieht, und auch ein Problem in der muslimischen Community ist. Nur diese Gruppe herauszugreifen, wäre falsch und führt zu weiterer Spaltung.“

Einige Kundgebungen würden von Islamisten geschickt für ihre Zwecke instrumentalisiert. Auch von Muslimen habe man islamistische Parolen gehört, seien Hamas-Angriffe lautstark begrüßt worden, ergänzt Thielmann. „Die Islamverbände in Deutschland treten dagegen strikt auf.“

Verbale Attacken, Aggressivität, Abgestempeltwerden – das mache mürbe, sagt die palästinensisch-stämmige Berliner Juristin. Deutschland sei ihre Heimat, aber: „Tatsächlich denke ich erstmals ernsthaft darüber nach, das Land zu verlassen und auszuwandern. Und so geht es nicht nur mir.“

Hasstiraden per Brief gegen Moscheen in Berlin und anderen Städten

Mehrere Moscheen in Berlin und anderen Teilen Deutschlands sind hasserfüllt beschimpft und beleidigt worden. Sie erhielten in den vergangenen Tagen Briefe mit Hasstiraden, die zudem Fäkalien, verbrannte Koranseiten und Schweinefleisch enthielten.

Die Berliner Polizei ermittelt in vier Fällen, bei denen drei Moscheen und ein islamischer Verband betroffen sind, wie ein Sprecher am Freitag sagte. Weitere vergleichbare Fälle seien aus anderen Bundesländern bekannt. Man stehe in Kontakt mit den Landeskriminalämtern.

Die Berliner Moscheen zeigten Fotos von den größeren Briefsendungen, die Plastikbeutel samt Inhalt enthielten. Zu sehen waren unter anderem angebrannte Textseiten, Wurstscheiben und Erde oder Dreck.

In einem ausgedruckten Text wurden in deutscher und türkischer Sprache der Koran, Allah und Mohammed höchst aggressiv beschimpft, die Rede war auch von Hundekot und weiteren ähnlichen Objekten.

Ermittelt werde wegen des Verdachts der Beschimpfung von Bekenntnisgemeinschaften und Religionsgesellschaften, so die Polizei. Man stehe in Kontakt mit den Moscheen und prüfe die Gefährdungslage. „Wir nehmen die Fälle ebenso ernst wie vergleichbare gegen jüdische Einrichtungen“, sagte ein Sprecher.

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Muslime in Deutschland gegen Terror. Aufruf zur Deeskalation

Muslime KRM

Muslime fordern eine Deeskalation im Kriegsgebiet und in der Bundesrepublik. IGMG-Generalsekretär Mete bekräftigt Verurteilung von Terror.

Berlin (iz, dpa). Am Donnerstag hat sich der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM) mit einer Stellungnahme an die Öffentlichkeit gewandt. Im „Aufruf zur Deeskalation“ wandte sich das Beratungsgremium hiesiger muslimischer Dachverbände an ein weiteres Publikum.

Ein Anlass dafür ist laut dem Text, dass „Religionsgemeinschaften immer wieder, und aktuell mit teils ungeheuren Unwahrheiten an den Pranger gestellt“ würden. Dies zielt auf die gegenwärtige Stimmungslage gegenüber muslimischen Religionsgemeinschaften ab.

Muslime lehnen Terror der Hamas ab

Wie direkt nach dem 8. Oktober verurteilt der KRM „den terroristischen Anschlag gegen die Zivilbevölkerung in Israel durch die Hamas“. Man verurteile diesen, er sei „nicht zu rechtfertigen“. Auch sei in den meisten Moscheen am darauffolgenden Freitagsgebet für den Frieden gebetet und zur Deeskalation und Besonnenheit aufgerufen worden.

„Dennoch erleben wir, dass Teile der Politik, die Beiträge der Religionsgemeinschaften bewusst ignorieren und von ihnen genau das einfordern, was sie ohnehin bereits mehrfach leisten. Es werden bewusst Falschinformationen gestreut, wie die Behauptung, Muslime hätten sich nicht distanziert“, schreibt der KRM.

Dabei werde ausgeblendet, dass es sich bei den Verantwortlichen der Aktion in Berlin-Neukölln am 7. Oktober um „einen marxistisch-nationalistischen Verein“ handle. Dass Muslime sich jetzt für das Vorgehen von Areligiösen verantworten müssten, sei ein Novum sowie eine neue Eskalationsstufe.

Dachverband ruft zur Deeskalation auf

Auch hierzu riefen die KRM-VertreterInnen zur Deeskalation auf –  nicht nur im Kriegsgebiet, sondern auch in Deutschland. Entwicklungen wie Sympathiebekundungen in der Bundesrepublik sowie den versuchten Brandanschlag auf eine Berliner Synagoge zeigten, „dass dringend Schritte zur Deeskalation unternommen werden müssen. In Gesprächen mit ministeriellen Vertretern in den vergangenen Tagen wurde die zusammenhalt- und friedenstiftende Rolle der islamischen Religionsgemeinschaften betont“.

Es sei selbstverständlich, dass Verherrlichung von Terror und Gewalt „nicht geduldet werden darf“. Dafür gebe es Gesetze und Möglichkeiten des Staates, die konsequent angewandt werden müssten. „Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus dürfen wie jede andere Form der Menschenfeindlichkeit keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Als Religionsgemeinschaften setzen wir uns stetig dafür ein, damit der Hass keinen Weg in die Herzen findet.“

Dem Ziel einer Entspannung der Stimmung ist es nach Ansicht des KRM abträglich, wenn „das Eintreten für das würdevolle Leben eines Volkes“ als Terrorverherrlichung definiert würde. „Den Hinweis auf Verhältnismäßigkeit bei der Ausübung des Rechts auf Selbstverteidigung als Relativierung schändlicher Terrorattacken zu deuten und zu unterbinden, hilft nicht den Menschen in Israel und Palästina, die seit Jahrzehnten unter dem Konflikt leiden. Ebenso wenig bietet der Terror einen Beitrag zur Konfliktlösung in der Region.“

Die gegenwärtige Delegitimierung solcher Perspektiven trage nicht zur Deeskalation bei. Dies führe zu „Verunsicherung, Vertrauensverlust und zu einem Ohnmachtsgefühl“.

Foto: KRM, Facebook

Der KRM verurteilt „den Terror gegen die Zivilbevölkerung in Israel durch die Hamas“. Er rufe dazu auf, „die Gewalt zu beenden und die Geiseln unverzüglich freizulassen“.

Er verurteilt „die unsäglichen Angriffe auf jüdisches Leben und Synagogen in Deutschland und stehen dafür ein, dass der Hass nicht Deutschland erreicht. Wir sind solidarisch mit unseren jüdischen Nachbarn. Antisemitismus darf keinen Platz in unserer Mitte haben“.

Er ruft zur militärischen und politischen Deeskalation sowie zum Ende der Gewalt auf. Und wünscht sich von der deutschen und internationalen Politik, „ihre Möglichkeiten für eine Deeskalation wahrzunehmen und dringend nach Wegen zu suchen, um das Blutvergießen schnellstmöglich zu beenden“. Die Staatengemeinschaft müsse eine nachhaltige Lösung des Konflikts herbeiführen.

Muslime in Deutschland seien „Teil der Gesellschaft und leisten einen wichtigen Beitrag für das Gemeinwohl“. Sie seien Teil der Lösung. Neben den KRM-Mitgliedern wurde der Aufruf von den Schuren Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Bremen und Schleswig-Holstein sowie der Islamischen Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg unterzeichnet.

Pressebild: IGMG

IGMG-Generalsekretär Mete bekräftigt Ablehnung von Terror

In der aktuellen Printausgabe „Der ZEIT“ vom Donnerstag erschien ein ganzseitiges Streitgespräch der grünen Bundestagsabgeordneten Lamya Kaddor mit IGMG-Generalsekretär Ali Mete. Darin wiederholt er seine vorherige Zurückweisung des Terrors seitens der Hamas.

„Das ist ein terroristischer Anschlag, ohne Wenn und Aber. Ich bin eigentlich ein sehr nüchterner und ruhiger Mensch, aber manchmal werde ich auch emotional, wie jetzt.“ Seine Gemeinschaft lehne jede Art von Gewalt ab. Für sie sei Unrecht immer Unrecht; ungeachtet, von wem es ausgehe.

Als Teil der islamischen Gemeinschaft und der deutschen Gesellschaft, der hier die historischen Hintergründe gelernt habe, „wenn man also weiß, warum es für Deutschland Staatsräson ist, das Existenzrecht Israels zu verteidigen“, dann sei das „natürlich auch Teil meiner Geschichte hier in Deutschland als Muslim“.

Er fände es persönlich falsch, warf Mete ein, „in dieser hitzigen Situation für Palästina zu demonstrieren“. Kritik an muslimischen Verbänden, wonach sie sich zu spät und zu zögerlich von den Anschlägen distanziert hätten, wies er zurück. Kritik übte Mete am gegenwärtigen Diskussionsklima. „Die Atmosphäre ist gerade nicht gut für eine sachliche Diskussion. Alles ist sehr emotional, und das verstehe ich.“ 

Existierende positive Zeichen von muslimischer Seite würden übersehen. „Es gab vor wenigen Tagen eine gemeinsame Erklärung der Schura Niedersachsen mit Jüdischen Gemeinde dort zum Krieg im Nahen Osten.“ Das habe er begrüßt. Es habe diverse Besuch von muslimischen Vertretern bei jüdischen Gemeinden gegeben.

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Brüssel: Mutmaßlicher IS-Sympathisant tötet zwei Menschen

brüssel

Brüssel: In der belgischen Hauptstadt hat ein Attentäter mindestens zwei schwedische Besucher erschossen.

Brüssel (dpa, iz). Nach tödlichen Schüssen in Belgien haben Ermittler einen mutmaßlichen Verdächtigen identifiziert. Das berichtete die belgische Nachrichtenagentur Belga am Montagabend unter Berufung auf die Bundesstaatsanwaltschaft.

Nähere Angaben zum mutmaßlichen Täter wurden nicht gemacht. Wegen eines „potenziell terroristischen Motivs“ habe die Behörde die Ermittlungen an sich gezogen, hieß es weiter.

Brüsseler: Sah sich der Täter als „Soldat des IS“?

In sozialen Netzwerken sei zudem ein Beitrag einer Person geteilt worden, die sich als Täter ausgab und behauptete, von der Terrororganisation IS inspiriert worden zu sein. Zudem wurde im Internet ein Video geteilt, das die Tat zeigen soll.

Nach Angaben des deutsch-schweizerischen Islamwissenschaftlers Reinhard Schule im Online-Dienst X habe sich der Attentäter, dessen Namen Schulze mit Abdassalam al-Dschilani angab, als „Soldat“ des IS bezeichnet.

„Er ermächtigt sich selbst zu einer ‘Vergeltungstat’, mit der er im Namen eines ‘wütenden Gottes’ Rache nimmt, und zwar in Gestalt einer rituellen Kulthandlung, die ihm das Heil bringen soll.“

Ein Opfer ist außer Lebensgefahr

Bei den Opfern handelt es sich um zwei Schweden. Ein drittes Opfer, ein Taxifahrer, ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft inzwischen außer Lebensgefahr. Nach dem Täter werde gefahndet.

Meldungen von Dienstagfrüh zufolge soll er von der Polizei „niedergeschossen“ worden sein, wie der Spiegel vermeldet. Ob es sich dabei um den Täter handelt und ob er überlebt hat, ist noch unklar. Andere Medien berichteten, der Mann sei wie in früheren Fällen den Behörden bekannt gewesen.

Premierminister Alexander De Croo rief die Brüsseler zur Wachsamkeit auf. Ein EM-Qualifikationsspiel zwischen Belgien und Schweden in Brüssel war nach der ersten Halbzeit beim Stand von 1:1 abgebrochen worden.

De Croo sagte, da die Bedrohungsstufe für Brüssel auf die höchste Stufe angehoben worden sei, werde die Polizeipräsenz verstärkt. Außerdem würden die Sicherheitsmaßnahmen an einer Reihe sensibler Orte verstärkt, insbesondere an Orten, die mit der schwedischen Gemeinschaft in Verbindung stehen.

Schwedische Staatsbürgerschaft als mögliches Motiv

Die Nachrichtenagentur Belga zitierte einen Sprecher der Bundesstaatsanwaltschaft, wonach die schwedische Staatsbürgerschaft der Opfer ein Motiv für die Tat sein könnte.

In Schweden und später auch in Dänemark hatten in diesem Jahr mehrfach Menschen Koran-Exemplare verbrannt und damit wütende Reaktionen unter Muslimen ausgelöst. Für die skandinavischen Länder hatte dies diplomatische Verstimmungen zur Folge.

Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson rief seine Landsleute in Belgien zu Vorsicht und Wachsamkeit auf. De Croo sprach Kristersson sein Beileid aus: „Als enge Partner ist der Kampf gegen den Terrorismus ein gemeinsamer Kampf.“

Der Sprecher der Bundesstaatsanwaltschaft stellte jedoch klar, dass es bislang keinen Zusammenhang zwischen dem Anschlag und dem israelisch-palästinensischen Konflikt gebe.