Aus gegebenem Anlass „Brennpunkt Jemen“: Strategische Hintergedanken über Staat mit großen Problemen. Jenseits des Al-Qaida-Szenarios. Von F. William Engdahl

Am 25. Dezember [2009] verhafteten US-Behörden einen Nigerianer namens Abdulmuttalab an Bord eines Flug der Northwest Airlines von Amsterdam nach Detroit unter dem Verdacht, er habe das Flugzeug mit Hilfe von eingeschmuggelten Sprengstoffen in die Luft jagen wollen. Seitdem wurde von CNN, der “New York Times” und anderen Nachrichtenquellen berichtet, dass dieser im Verdacht stünde, im Jemen für seine Terrormission ausgebildet worden zu sein. Nach diesem Vorgang wurde der Welt ein neues, auftauchendes Ziel im “Krieg gegen den Terror” der USA aufgezwungen – namentlich einem trostlosen Staat auf der Arabischen Halbinsel, dem Jemen. Ein tieferer Blick auf Hintergründe legt den Schluss nahe, dass Pentagon und US-Geheimdienste im Jemen weiterführende Hintergedanken haben.

Seit einigen Monaten konnte die Welt eine steigende Eskalation des militärischen Engagements der USA im Jemen beobachten. Einem abgrundtief armen Land, dass im Norden an Saudi-Arabien, im Westen an das Rote Meer und im Süden an den Golf von Aden grenzt. Dabei blickt der Jemen auf ein anderes verzweifeltes Land, dass es ebenfalls in die Schlagzeilen schaffte: Somalia. Hinweise legen den Schluss nahe, dass das Pentagon und US-Geheimdienste dabei sind, das strategisches Nadelöhr für den globalen Ölfluss zu militarisieren: das Bab El-Mandab. Dabei instrumentalisieren sie die somalische Piratenepisode zusammen mit Behauptungen einer neuen Drohung durch Al-Qaida, um jene wichtige Transportroute zu militarisieren. Darüber hinaus sollen die noch nicht entwickelten Erdölreserven zwischen Jemen und Saudi-Arabien zu den größten der Welt gehören.

Der 23-jährige Nigerianer, der des gescheiterten Attentats angeklagt ist, hat mittlerweile angeblich gestanden. Abdulmutallab behauptete, er wurde von Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) mit Sitz im Jemen auf seine Mission entsandt. Bequemerweise lenkte dies die Aufmerksamkeit der Welt auf den Jemen als neues Zentrum der angeblichen Terrororganisation Al-Qaida.

Bruce Riedel, ein CIA-Veteran mit 30-jähriger Dienstzeit, der Präsident Obama bei der afghanischen Truppenaufstockung beraten hat, schrieb auf seinem Blog von angeblichen Beziehungen des Detroit-Bombers zum Jemen: “Der Versuch, den Nortwest Airlines Flug 235 über Amsterdam nach Detroit am Weihnachtsfeiertag zu zerstören, unterstreicht die wachsenden Ambitionen der jemenitische Zweigstelle Al-Qaidas, die von einer überwiegend innerjemenitischen Angelegenheit zum Spieler des globalen Dschihad in den letzten Jahren geworden ist … Die schwache jemenitische Regierung von Präsident Ali Abdallah Salih, die das Land niemals wirklich kontrollieren konnte und nun einem Bündel von neuen Problemen gegenübersteht, wird umfangreiche amerikanische Hilfe brauchen, um AQAP zu besiegen.” [1]

Grundlegende jemenitische Geopolitik
Bevor wir mehr über den letzten Vorfall sagen, ist es nützlich, einen näheren Blick auf die Lage Jemens zu werfen. Hier zeichnen sich zwei Besonderheiten ab, wenn sie mit der Behauptung Washingtons verglichen werden, dass es eine aufständische Al-Qaida-Organisation auf der Arabischen Halbinsel gäbe.

Zu Beginn 2009 fingen die Figuren des jemenitischen Schachbretts an, sich zu bewegen. Tariq Al-Fadhli – ehemaliger dschihadistischer Führer mit Ursprüngen im Süden – beendete ein 15-jähriges Bündnis mit der Regierung und kündigte an, er werde sich der breiten Oppositionskoalition anschließen, die als Südliche Bewegung bekannt wurde. Al-Fadhli war ein Mitglied der Mujahidin in Afghanistan in den späten 1980er Jahren. Sein Bruch mit Saleh wurde in nationalen und arabischen Medien im April 2009 veröffentlichtet. Diese Trennung von der Diktatur verlieh der Südlichen Bewegung neuen Schwung. Seitdem ist er zu einer Führungsfigur der südlichen Sammlungsbewegung geworden.

Jemen selbst ist ein synthetisches Amalgan, das 1990 nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gegründet wurde, als die damalige südliche Demokratische Volksrepublik Jemen (PDRY) ihren wichtigsten ausländischen Helfer verlor. Die Vereinigung der Nördlichen Arabischen Republik Jemen mit dem südlichen Staat erzeugte einen kurzlebigen Optimismus, der 1994 nach einem kurzen Bürgerkrieg starb. Damals organisierten Elemente der südlichen Armee eine Revolte gegen das, was sie als einen Staat voll korrupter Vetternwirtschaft unter Herrschaft von Saleh wahrnahmen. Der Präsident ist seit 1978 Alleinherrscher – zuerst als Präsident im Norden des Jemens und seit 1990 als Präsident des vereinigten, neuen Jemen. Der Armeeaufstand im Süden scheiterte, als Salah die Unterstützung von Al-Fadhli und anderer jemenitischer Salafisten auf sich ziehen konnte. Jene Anhänger einer konservativen Islam-Interpretation und Dschihadisten bekämpften die ehemaligen marxistischen Kräfte der Sozialistischen Partei des Südens.

Vor 1990 stärkten Washington und das saudische Königreich Saleh und dessen Politik der Islamisierung in dem Versuch, den kommunistischen Süden zu schwächen.[2] Seitdem vertraute er auf eine starke salafitisch-dschihadistische Bewegung, um seine diktatorische Alleinherrschaft zu erhalten. Der Bruch mit ihm von Seiten Al-Fadhlis und sein Anschluss an die südliche Opposition mit dessen früheren, sozialistischen Feinden markiert einen entscheidenden Rückschritt für den Präsidenten.

Kurz nachdem sich Al-Fadhli am 28. April 2009 der Koalition anschloss, intensivierten sich Proteste in den südlichen Provinzen Lahj, Dalea und Hadramaut. Hier kam es zu Demonstrationen von zehntausenden entlassenen Militärangehörigen und Beamten, die bessere Bezahlung und Gratifikationen verlangten. Demonstrationen, die es in steigendem Maße bereits seit 2006 gegeben hatte. Die April-Demonstrationen beinhalteten zum ersten Mal ein öffentliches Auftreten von Al-Fadhli. Sein Erscheinen veränderte die lange vor sich hin dümpelnde südliche Bewegung in Richtung einer breiteren, nationalistischen Kampagne. Sie veränderte auch Saleh, der sich mit der Bitte um Hilfe an Saudi-Arabien und Staaten des Golfkooperationsrates wandte. Er warnte, dass die gesamte Arabische Halbinsel unter den Konsequenzen zu leiden haben werde.

Jenes Bild vom Jemen vervollkommnend (den manche als “gescheiterten Staat” bezeichnen könnten), sieht sich Saleh im Norden der zaiditisch-schiitischen Rebellion der Al-Houthi ausgesetzt. Am 11. September 2009 beschuldigte der Präsident in einem Interview mit Al Jazeera den schiitisch-irakischen Oppositionsführer Muqtada As-Sadr und auch den Iran, dass beide die nordjemenitischen Houthi-Rebellen unterstützten. Saleh erklärte: “Wir könnten nicht den offiziellen Iran beschuldigen, aber die Iraner haben uns kontaktiert und mitgeteilt, dass sie für eine Vermittlung zur Verfügung stünden. Dies bedeutet, dass die Iraner Kontakt zu ihnen [den Houthi-Rebellen] haben, wenn sie zwischen der jemenitischen Regierung und diesen vermitteln wollen. Auch [der Iraker] Muqtada As-Sadr (…) fragte ebenfalls an, ob er als Vermittler akzeptabel sei. Dies bedeutet, dass Verbindungen bestehen.”[3]

Jemenitische Behörden gaben an, dass sie Lager voller Waffen beschlagnahmten, die im Iran produziert worden seien. Währenddessen behaupteten die Al-Houthi, dass sie jemenitische Ausrüstung mit saudischen Markierungen erobert hätten. Sie beschuldigen Sana'a (die Hauptstadt des Jemen und Sitz der US-Botschaft), es agiere als Stellvertreter Saudi-Arabiens. Iran wies die Behauptungen zurück, wonach die im Norden gefundenen Waffen iranischen Ursprungs seien. Behauptungen einer angeblichen Hilfe von Teherans für die Rebellen seien grundlos.[4]

Was ist mit Al-Qaida?
Das Bild, dass sich hier entfaltet, ist das eines verzweifelten Diktators mit US-Rückendeckung. Nach zwei Jahrzehnten despotischer Herrschaft über den vereinigten Jemen verliert Saleh zusehends die Kontrolle. Nach dem Einbrechen der Ölpreise im Jahre 2008 verschlechterten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen drastisch. Rund 70 Prozent der Staatseinnahmen stammten aus Ölverkäufen. Die Zentralregierung sitzt im nordjemenitischen Sana'a, während sich die Erdöllagerstätten im Süden befinden. Und doch kontrolliert er den Fluss der Erdöleinnahmen. Mangel an Einnahmen aus dem Erdölgeschäft haben die übliche Option Salehs, den guten Willen von Oppositionsgruppen zu erkaufen, beinahe zum Erliegen gebracht.

Zu diesem chaotischen Bild der Innenpolitik kam im Januar 2009 die Ankündigung hinzu (auch umfangreich auf ausgesuchten Webseiten prominent vertreten), wonach Al-Qaida – die angeblich globale Terrororganisation, die durch den von der CIA trainierten Saudi Osama bin Laden geschaffen wurde – eine große neue Zweigstelle im Jemen sowohl für jemenitische als auch für saudische Operationen eröffnet haben soll.

Al-Qaida im Jemen publizierte am 20. Januar 2009 – mit Hilfe einschlägiger dschihadistischer online-Foren – eine Erklärung vom Führer der Gruppe, Nasir Al-Wahayshi, in der die Gründung einer einheitlichen Gruppe von Al-Qaida für die Arabische Halbinsel unter seinem Befehl angekündigt wurde. Laut Al-Wahayshi bestünde die neue Gruppe (Al-Qaida in der Arabischen Halbinsel) aus seiner ehemaligen jemenitischen Al-Qaida, aber auch aus Mitgliedern der eingestellten saudischen -Zelle. Die Presseerklärung verlautbarte, interessant genug, dass ein saudischer Bürger und ehemaliger Guantanamo-Häftling (Nr. 372) namens Abu Sayyaf Al-Shihri als Stellvertreter Al-Wahayshis fungiere.

Tage später erschien ein online-Video von Al-Wahayshi unter dem alarmierenden Titel “Wir beginnen hier und werden uns in Al-Aqsa treffen”. Al-Aqsa ist die Al-Aqsa Moschee in Jerusalem, die bei Juden als Tempelberg bekannt ist; die Stelle des zerstörten Tempels von Salomon, die Muslime Haram Asch-Scharif nennen. Bedroht wurde muslimische Führer, unter anderem Jemens Saleh, die königliche saudi-arabische Familie und Ägyptens Präsident Mubarak. Es wurden Versprechungen gemacht, den Dschihad vom Jemen nach Israel zu tragen, um die heiligen muslimischen Stätten und Gaza zu “befreien”. Etwas, das wahrscheinlich einen Dritten Weltkrieg auslösen würde, wenn jemand wahnsinnig genug wäre, dieses Unterfangen zu begehen.

In diesem Video findet sich neben dem ehemaligen Insassen von Guantanamo Al-Shihri ein Statement des mutmaßlichen Guantanamo-Häftlings Nr. 333, Abu Al-Harith Muhammad al-Awfi, der als Feldkommandeur identifiziert wird. Da es hinlänglich bekannt ist, dass Foltermethoden wertlos sind, echte Geständnisse zu erzielen, haben einige spekuliert, dass das wahre Ziel der Verhörspezialisten von CIA und Pentagon seit September 2001 in Guantanamo darin bestand, mit Hilfe von brutalen Techniken Schläfer-Terroristen zu rekrutieren oder auszubilden, die auf Befehl des US-Geheimdiensts aktiviert werden könnten. Ein Vorwurf, der schwer zu beweisen oder auch zu widerlegen ist. Die Anwesenheit zweier hochrangiger Guantanamo-Absolventen in der jemenitischen Basis von Al-Qaida stellt sicherlich einen Grund für Nachfragen dar.

Al-Qaida im Jemen ist für die erweiterte Südliche Bewegung und ihre Massenbasis offenkundig ein Gräuel. In einem Interview erklärte Al-Fadhli: “Ich habe starke Beziehungen zu allen Dschihadisten im Norden und im Süden, aber nicht zu Al-Qaida.”[5] Dies hat Saleh nicht an der Behauptung gehindert, dass die Südliche Bewegung und Al-Qaida ein und die selbe Sache wären. Ein bequeme Art und Weise, um sich der Rückendeckung Washingtons zu versichern. Laut US-Geheimdienstberichten befinden sich im Süden höchstens 200 Al-Qaida-Mitglieder.[6]

Im Mai 2009 distanzierte sich Al-Fadhli in einem Interview von der Organisation und erklärte: “Wir [im Südjemen] wurden vor über 15 Jahren besetzt und leiden unter einer bösartigen Besatzung. Also bemühen wir uns um unsere Sache und kümmern uns nichts anderes in der Welt. Wir wollen unsere Unabhängigkeit und ein Ende dieser Besatzung.”[7] Passenderweise veröffentlichte Al-Qaida am gleichen Tag eine Erklärung, wonach es die Sache des Südjemens unterstützen würde.

In einer am 14. Mai im Internet zirkulierten Tonaufnahme drückte Al-Wahayshi seine Sympathie mit den Leuten in den südlichen Provinzen und ihrem Versuch aus, sie selbst gegen ihre “Unterdrückung” zu verteidigen. “Was in Lahaj, Dhali, Abyan, Hadramaut und den anderen südlichen Provinzen geschieht, kann nicht gutgeheißen werden. Wir müssen [dem Süden] helfen.” Er versprach Vergeltung: “Die an euch begangene Unterdrückung wird nicht ungestraft weitergehen … die Ermordung von Muslimen in den Straßen ist ein schwerwiegendes und nicht zu rechtfertigendes Verbrechen.”[8]

Dieses merkwürdige Auftauchen einer winzigen, aber öffentlich gut positionierten Al-Qaida inmitten von etwas, das Beobachter als Bewegung des Südens mit breiter Massenbasis bezeichnen, welche die radikale wie globale Agenda von Al-Qaida meidet, scheint dem Pentagon potenziell einen Anlass zu liefern, um US-Operationen in dieser strategisch wichtigen Region eskalieren zu lassen.

Nachdem US-Präsident Obama erklärte, dass die Probleme des Jemen die inneren Angelegenheiten das Landes seien, ordnete er Luftangriffe an. Das Pentagon behauptete, dass die Angriffe vom 17. und von 24. Dezember 2009 drei entscheidende Al-Qaida-Führer getötet hätten, aber es gibt keine Beweise, die dies belegen. Nun belebt das Weihnachtsdrama des Detroit-Bombers Washingtons Kampagne des “Krieges gegen den Terror” im Jemen. Darüber hinaus hatte Obama der Regierung Saleh militärische Hilfe angeboten.

Eine Eskalation, wie auf Bestellung
Wie auf Bestellung füllten neue Terrordrohungen aus dem Jemen die CNN-Schlagzeilen. Die raumgreifenden somalischen Piratenangriffe auf die kommerzielle Schifffahrt im Golf von Aden und dem Arabischen Meer nahmen dramatisch zu, nachdem sie zuvor durch multinationale Schiffspatrouillen drastisch reduziert werden konnten.

Am 29. Dezember 2009 berichtete die Moskauer Nachrichtenagentur RIA Novosti, dass somalische Piraten ein griechischen Frachtschiff im Golf von Aden vor Somalias Küste enterten. Früher am gleichen Tag wurde ebenfalls ein unter britischer Flagge fahrender Chemietanker und seine 26 Mann starke Besatzung im selben Gewässer aufgebracht. In einem Moment des geschickten Umgangs mit westlichen Medien sagte Piratenkapitän Mohamed Shakir der britischen Zeitung “The Times” telefonisch: “Wir haben gestern ein Schiff unter britischer Flagge im Golf von Aden eingenommen.” Der Informationsdienst für Geheimdienstkreise Stratfor merkte an, dass die “Times”, die sich im Besitz des neokonservativen Finanzmagnaten Rupert Murdoch befindet, manchmal vom israelischen Geheimdienst benutzt werde, um nützliche Geschichten zu platzieren.

Die letzten beiden Ereignisse trieben die Angriffe und Entführungen des Jahres 2009 auf ein Rekordniveau. Bis zum 22. Dezember beliefen sich die Angriffe somalischer Piraten im Golf von Aden und vor der Ostküsten Somalias auf 174. 2009 wurden 33 Schiffe gekapert und 587 Seeleute als Geisel genommen. Nach Angaben des Maritime Bureau's Piracy Reporting Centers waren beinahe alle Aktivitäten der Piraten erfolgreich. Die offene Frage ist, wer die somalischen “Piraten” mit Waffen und Logistik so versorgt, sodass diese den internationalen Patrouillen entgehen können?

Erwähnenswert ist, dass Saleh am 3. Januar einen Anruf des somalischen Präsidenten Sheikh Ahmed erhielt, in welchem dieser Saleh über die letzten Entwicklungen in Somalia unterrichtete. Sheikh Ahmed, dessen eigene Machtbasis in Mogadischu schwach ist, und der manchmal auch als “Präsident des Flughafens von Mogadischu” bezeichnet wird. Er teilte mit, dass er mit diesem alle Information über Terroraktivitäten teilen würde, die von somalischem Gebiet ausgingen und welche die Stabilität und Sicherheit von Jemen und dessen Region gefährden könnten.

Ein Nadelöhr für Öl und andere ölige Angelegenheiten
Die strategische Bedeutung der Region zwischen Jemen und Somalia wird zu einem Zielpunkt des geopolitischen Interesses. Dies ist das Bab el-Mandab – eines von sieben, das von der US-Regierung als strategisches Nadelöhr der Ölschifffahrt bezeichnet wird. Die US-Regierungs-Informationsagentur für Energie sagte, dass die “Schließung des Bab el-Mandas Tanker aus dem Persischen Golf davon abhalten kann, den Suez Kanal beziehungsweise den Sumed Pipeline-Komplex zu erreichen. Sie sind gezwungen, den Weg über die Südspitze Afrikas zu nehmen. Die Straße von Bab el-Mandeb ist ein Engpass zwischen dem Horn von Afrika und dem Nahen Osten, und eine strategische Verbindung zwischen dem Mittelmeer und dem Indischen Ozean.”[9]

Die Meerenge zwischen Jemen, Dschibuti und Eritrea verbindet das Rote Meer mit dem Golf von Aden und darüber hinaus mit dem Arabischen Meer. Erdöl und andere Exporte aus dem Persischen Golf müssen hier durch, bevor sie in den Suezkanal fahren können. 2006 berichtete die Washingtoner Energiebehörde, dass schätzungsweise 3,3 Millionen Barrel Erdöl durch diesen engen Wasserweg nach Europa, die Vereinigten Staaten und Asien fließen. Der Großteil des Öls – oder rund 2,1 Millionen Barrel täglich – geht nach Norden durch das Bab el-Mandab; über den Suez-Sumed-Komplex ins Mittelmeer.

Eine Rechtfertigung für die USA- oder NATO-Militarisierung um das Bab el-Mandab herum sit für Washington eine weitere wichtige Verbindung im Bemühen, die sieben wichtigsten Schnittstellen des Erdöltransports in aller Welt zu kontrollieren. Entscheidender Teil der zukünftigen US-Strategie dürfte darin bestehen, Erdölflüsse nach China, der EU oder jeder anderen Region zu unterbinden, die der US-Politik Widerstand leisten könnten. Gehen wir davon aus, dass ein wichtiger Teil des saudischen Erdöls hier fließt, dürfte eine Blockade das Königreich davon abhalten, nicht länger ernsthaft über die Abwicklung zukünftiger Erdölverkäufe mit China und anderen Kunden nachzudenken, die nicht in Dollar ablaufen. Diese Option wurde jüngst vom britischen Journalisten Robert Fisk (The Independent) berichtet.

Die USA wären darüber hinaus auch in der Lage, chinesische Erdöltransporte von Port Sudan in das Rote Meer, nördlich vom Bab el-Mandab gelegen, zu bedrohen. Dies ist eine wichtige Lebenslinie für die Befriedigung des chinesischen Erdölbedarfs.

Über seine geopolitische Lage als wichtiger globaler Schnittpunkt für den Transport von Erdöl hinaus, wurde berichtet, das der Jemen über einige der weltweit größten unerschlossenen Erdölreserven verfügen soll. Jemens Masila- und Shabwa-Becken sollen nach Angaben internationaler Erdölfirmen “Entdeckungen von Weltklasse” sein.[10] Die französische Total und einige kleinere internationale Unternehmen beteiligen sich an der Entwicklung der jemenitischen Erdölproduktion. Vor rund 15 Jahren teilte mir ein gut informierter Insider aus Washington privat mit, dass der Jemen “genug unentdecktes Erdöl besitzt, um den gesamten Erdölbedarf für die nächsten 15 Jahre zu befriedigen”.

Möglicherweise gibt es andere Gründe für Washingtons aktuelles Interesse am Jemen als nur die bunt zusammengewürfelte Truppe Al-Qaida, deren Existenz als globale Terrororganisation von erfahrenden Islamexperten in Frage gestellt wurde.

F. William Engdahl ist Autor von “Full Spectrum Dominance: Totalitarian Democracy in the New World Order”.

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Fußnoten:
[1] Bruce Riedel, The Menace of Yemen, December 31, 2009, http://www.thedailybeast.com/blogs-and-stories/2009-12-31/the-menace-of-yemen/?cid=tag:all1
[2] Stratfor, Yemen: Intensifying Problems for the Government, 7. Mai, 2009
[3] Terrorism Monitor, Yemen President Accuses Iraq’s Sadrists of Backing the Houthi Insurgency, Jamestown Foundation, Band 7, Ausgabe 28, 17. September, 2009
[4] NewsYemen, 8. September 2009 und Yemen Observer, 10. September 2009
[5] Albaidanew.com, 14. May 2009, zitiert in Jamestown Foundation, siehe oben
[6] Abigail Hauslohner, Despite U.S. Aid, Yemen Faces Growing al-Qaeda Threat, Time, 22. December 2009, in www.time.com/time/world/article/0,8599,1949324,00.html#ixzz0be0NL7Cv
[7] Tariq al Fadhli, in Al-Sharq al-Awsat, 14. May 2009, zitiert in Jamestown Foundation, siehe oben
[8] Interview mit al-Wahayshi, Al Jazeera, 14. May 2009
[9] US Regierung, Ministerium für Energie, Informationsverwaltung für Energie, Bab el-Mandab, in http://www.eia.doe.gov/cabs/World_Oil_Transit_Chokepoints/Full.html[10] Adelphi Energy, Yemen Exploration Blocks 7 & 74, in http://www.adelphienergy.com.au/projects/Proj_Yemen.php

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Heute schon einen Muslim gebasht?

(iz). Bashing“ nennt man die wörtliche oder auch körperliche Attacke gegen etwas oder jemanden. Eine öffentliche Schmähung von Muslimen, sei es nun verbal oder physisch, wird als Muslim-bashing bezeichnet. Muslim-bashing scheint in letzter Zeit ein neuer Volkssport oder Freizeitbeschäftigung – teilweise auch unter Muslimen und Türken – geworden zu sein. Wir müssen also nicht nur nach Dresden zu den so genannten Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes“(Pegida) schauen. Auch in der westfälischen Stadt, die es angeblich gar nicht gibt und über die viele kuriose Geschichten im Internet existieren, ist ein Sündenbock gefunden. Dazu gleich mehr.
Transformation und Veränderungen führen bei manchen Menschen zu Angstattacken
Zunächst einige mögliche Gründe des Muslim-bashing: Feindseligkeit, Aggression, Abneigung, Misstrauen, Missgunst, Verleumdung und Neid zeigen vor allem in Krisenzeiten ihr hässliches Gesicht. Nicht nur Verlust- und Veränderungsängste, sondern die Angst an sich, spielt dabei eine wichtige Rolle. Politische, wirtschaftliche und sozio-kulturelle Transformationsprozesse, kurz: ökonomische und strukturelle Veränderungen können Menschen durchaus vor psychologische Herausforderungen stellen. Und: Wenn die Bedeutung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen, unter ihnen auch selbsternannter Eliten sowie ihrer Repräsentanten hinfällig werden und diese immer mehr an Wirkung verlieren, können unschöne Situationen entstehen.
So wird derzeit der hoch angesehene deutsch-türkische Soziologe, Journalist, Autor, Glücksspielsuchtberater, Integrationsbeauftragter und Familienberater Cemil Şahinöz, von Teilen der Lokalpresse in Ostwestfalen und einer Gruppe, die zu den „alten Eliten“ der „Alten Türkei“ zählen, angegriffen. Bei einigen Pressevertretern und Medienkonsumenten kommt die „Hau auf den Muslim“-Strategie scheinbar gut an.
Şahinöz ist Ansprechpartner für Politik, Gesellschaft und Wissenschaft
Şahinöz, der sich stets auf seine muslimische Identität beruft, hielt am 19. Januar auf der Kundgebung „Nein zu Rassismus und Islamfeindlichkeit“ vor etwa 10.000 Menschen eine Rede. Organisiert wurde die Aktion vom Bielefelder Bündnis gegen Rechts. Die komplette Rede ist auf dem Videokanal Youtube im Internet nachzuverfolgen. Das Publikum reagiert mit großem Beifall. Vertreter der Parteien und der zivilgesellschaftlichen Organisationen äußern sich durchweg positiv über die Rede.
Auf sozialen Netzwerken wie Facebook wird die Ansprache über 10.000 Mal geteilt. Durch diese Aktion werden einige türkischstämmige Personen, die zum „alten Establishment“ gezählt werden, auf den Plan gerufen. Es gehen anonyme Beschwerden bei Parteien und Verwaltungen ein. Diese stehen jedoch mehrheitlich hinter dem jungen muslimischen Integrationsexperten. Es wird geantwortet, dass Şahinöz Vorsitzender des Dachverandes der Moscheevereine in Bielefeld sei und es selbstverständlich ist, dass er als Repräsentant der 18 Moscheegemeinden spricht. Daraufhin werden türkischsprachige Kolumnen von Şahinöz in Umlauf gebracht. Ihm wird unterstellt, dass er in diesen anders auftritt als in seinen deutschsprachigen Verlautbarungen.
Diesen rufschädigenden Unterstellungen widerspricht der Doktorand und Schriftsteller Şahinöz vehement. Der Autor zahlreicher Bücher und Chefredakteur der Zeitschrift „Ayasofya“, der von den Spitzen der Politik, u.a. durch Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration, Aydan Özoğuz oder dem Berater Barack Obamas für Islamfragen, Rashad Hussain, empfangen und ausgezeichnet wurde, setzt sich in seinen Kolumnen nachweislich für demokratische Werte, Meinungs- und Pressefreiheit ein. Er ist Gesprächspartner und ein gern gesehener Redner von Politik, Verwaltung, Polizei, Wissenschaft und der Kirche. Seine Popularität lässt sich ebenfalls auf „Wikipedia“ nachlesen.
Allerdings steht der Vater zweier Kinder unter der missgünstigen Beobachtung von Leuten, die in den 1970ern, 1980ern und 1990ern Kontaktpersonen und Ansprechpartner von Teilen der Verwaltung, Justiz, Politik und auch Sicherheitsbehörden waren. In der Türkei verlieren diese Leute derzeit stark an Einfluss. Dennoch sind sie gut vernetzt und straff organisiert. Nicht nur am Bosporus, sondern international.
Radikale Säkularisten waren in der Türkei tonangebend – das wandelt sich nun
Die streng säkulare Türkei war bis vor wenigen Jahren noch religionsdistanziert und kritisch gegenüber jedem Glauben eingestellt, sei es nun Judentum, Christentum, Buddhismus oder Islam. Der Staat sah es gleichsam als seine Pflicht an, Menschen so weit wie möglich ihre religiösen Überzeugungen auszutreiben. Seit etwa fünf bis zehn Jahren hingegen bemüht sich die Türkei ernsthaft um religiöse Toleranz sowie konfessionellen und religiösen Frieden. Das passt dem antireligiösen, laizistischen Establishment ganz und gar nicht. So wurden diese schon in jüngerer Vergangenheit Teil eines Agitationskartells, das gegen christliche Missionare hetzte und jedwede christlich-islamische Dialogbemühungen torpedierte. Sabotiert wurden auch die alevitisch-sunnitische sowie türkisch-kurdische Annäherung.
Die Türkei ist erst seit knapp einem Jahrzehnt auf dem Weg in eine Demokratie nach westlichen Maßstäben. Bis dato hatte das Land viele Bewährungsproben nicht bestanden. Ein Establishment, das die Modernität und seinen originellen Lebensstil für sich pachtete, das sich hinter dem glorreichen Republikgründer Mustafa Kemal versteckte und ihn immer und immer wieder für die eigenen Ziele und Zwecke benutzte, ja missbrauchte, saugte das Land aus, verschaffte sich selbst weitgehende Privilegien und behandelte die Mehrheit der türkischen Bevölkerung wie Menschen zweiter und dritter Klasse.
Diese Minderheit besetzte indessen systematisch die Schaltstellen im Staate: Justiz, Verwaltung, Militär, Staatsbetriebe, Schulverwaltung, Universitäten – alles war in den Händen dieser autoritären Clique. Sie bestimmten durch Verbote, Strafen, Folter und auch Morde, wie und ob die Menschen in der Türkei zu leben hatten. Und jedes Mal, wenn das Volk nach Ende der Einparteiendiktatur 1947 eine Regierung wählte, die dieser antidemokratischen Elite nicht passte, gab es in der Türkei einen Putsch oder Putschversuch.
Tee trinken und weiter für den gesellschaftlichen Frieden, für Gerechtigkeit, Meinungs- und Pressefreiheit streiten
Es sind leider auch Teile dieser destruktiven Kräfte, die derzeit Cemil Şahinöz und andere Autoren mit explizit muslimischer Identität zu verunglimpfen versuchen. Die Antwort von Şahinöz und Kollegen lautet: „Wir setzen Tee auf, trinken diesen und machen da weiter, wo wir aufgehört haben! Wir setzen uns weiter für Demokratie, den gesellschaftlichen Frieden, für Gerechtigkeit, Meinungs- und Pressefreiheit ein.“
Autoreninfo: Yasin Baş ist Politologe, Historiker, Autor und freier Journalist. Zuletzt erschienen seine Bücher: „Islam in Deutschland – Deutscher Islam?” sowie „nach-richten: Muslime in den Medien“.

Das Übel des Takfirs oder die Gefahr der Ignoranz

(iz). Vor wenigen Monate wurde die Studie eines US-amerikanischen Sicherheitsinstituts [Deadly Vanguards: A Study of al-Qa’ida’s Violence Against Muslims, CTC Publications] veröffentlicht, in der statistisch nachgewiesen wurde, dass die allermeisten Opfer des Terrors seitens extremistischer muslimischer Gruppierungen vor allem Muslime selbst sind.

Aber auch in Deutschland ist diese gefährliche Unsitte leider verbreitet. So erreichen unsere Redaktion manchmal aus diversen Emailverteilern namenlose Emails, die zum Takfir (die Erklärung, dass andere Muslime wegen angeblich falscher Absichten den Islam verlassen hätten) auffordern. Auch wenn solche Fehlgeleiteten keine Grundlage haben, auf der sie argumentieren könnten, verwirren sie gerade unter jüngeren Muslimen die schwächeren Gemüter.

Heutzutage haben einige Unarten um sich gegriffen, die dem Islam schaden können – zur Freude seiner Gegner. Dazu zählt die Behauptung, bestimme Muslime – die nicht die Positionen der entsprechenden Personen teilen – hätten ihren Glauben aufgegeben. Es gibt Aussagen unseres Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, über die Prüfungen unserer Zeit und ihrer Unordnung (arab. Fitna). Wir finden im Sahih von Imam Muslim und anderen Hadith-Meistern prophetische Aussagen, die vom Blutvergießen unter Muslimen in unserer Zeit sprechen.

Zu Beginn muss darauf hingewiesen werden, dass die Praxis des Takfir aus dem letzten Jahrhundert stammt und wir eine Zunahme beobachten. Diese Denunziation ist zu einem Werkzeug der Unwissenden geworden, Missbrauch und Ermordung von Muslimen zu rechtfertigen.

Im größten Teil der muslimischen Geschichte gibt es nur sehr wenige ernsthafte Fälle von Spaltungen. Wir haben unsere ‘Aqida (Glaubenslehre), das islamische Recht (Fiqh oder Schari’a) und Ihsan (Tariqa, Tasawwuf oder Reinigung des Selbst). Die führenden Rechtsgelehrten hegten Zuneigung für einander. Das gleiche galt für die Imame der ‘Aqida und anderer islamischer Wissenschaften. Sie waren eine große Familie, die sich gegenseitig Respekt zollte.

Diejenigen, die Takfir in der muslimischen Welt einführten, haben sich zwischen die Offenbarung und Muslime gestellt. Sie haben die Leute von den Gelehrten getrennt. Jene beschützten die Religion, indem sie sich an den ersten Generationen des Islam ausrichteten. Die Gelehrten vermieden die Beschuldigung eines Muslims, er oder sie hätte den Glauben verlassen. Wir erfahren aus einem Hadith unseres geliebten Propheten, dass wir jene Dinge meiden sollten, die das Leben oder die Gesundheit eines Muslims schädigen könnten.

In seiner “Tabaqat” schrieb Imam Asch-Scha’rani: “Einmal wurde Schaikh Al-Islam Taqi Ad-Din As-Subki gefragt, ob es notwendig sei, jene zu Nichtmuslimen zu erklären, die [schädliche] Neuerungen in den Islam einbringen und einige Verse des Qur’ans falsch auslegen? Er entgegnete: ‘Ich solltet wissen, dass es für jene, die Allah fürchten, sehr schwierig ist, jemanden des Unglaubens zu beschuldigen, der sagt, dass es keinen Gott gibt außer Allah und dass Muhammad Sein Gesandter ist.'”

Einen Muslim des Unglaubens zu beschuldigen ist eines sehr gefährliche Sache. Die würde bedeuten, dass man ihm sagt: “Du wirst für immer in der Hölle bleiben.” Tausende nicht des Unglaubens zu beschuldigen und sich darin zu irren, ist besser als im Falle eines einzigen Muslims einen Fehler zu begehen, indem man diesen irrtümlich angreift. Es gibt das folgende Hadith: “Ich ziehe es vor, wenn ein Imam eine Person fälschlicherweise entschuldigt, als wenn er diese fälschlicherweise beschuldigt.”

Imam As-Subki führte dazu weiterhin aus: “Die Regeln des Takfir sind eine sehr komplexe Angelegenheit – mit wenig Klarheit und vielen Zweifeln behaftet. Es gibt dafür viele Richtlinien und Bedingungen. Zuerst einmal ist eine gute Beherrschung des Arabischen, all seiner Dialekte und Ausdrücke in ihrem wörtlichen und übertragenen Sinne nötig. Man muss alle Feinheiten der Wissenschaft des Tauhids und ihrer komplizierten Punkte kennen. Darüber hinaus muss man auch in vielen anderen Wissenschaften zu Hause sein. Dies ist für die meisten Gelehrten unserer Zeit kaum zu leisten, von einfachen Leuten ganz zu schweigen. Wie können diejenigen, die nicht in der Lage sind, ihre Zunge vor jenen Worten zu hüten, die ihren eigenen Glauben schaden, die Religion anderer vor schädlichen Worten beschützen? Uns bleibt nichts anderes übrig, als das Urteil in Sachen Takfir für jenen zu reservieren, welche die beiden Elemente des Glaubensbekenntnisses leugnen; und als Ergebnis den Islam verlassen haben. Jedoch ist dies nur ein seltener Fall.”

Imam As-Subkis Worten legen den Schluss nahe, dass nur die vollkommen Unwissenden und solche, die Allah nicht fürchten, leichthin Muslime zu Ungläubigen erklären. Wenn Takfir zu einer leichten Sache wird, führt dies zu Unruhe, Gewalt, Chaos und üblen Dingen. Dann gibt es keinen Platz mehr für den Islam. Dies ist genau das, was unser geliebter Prophet sagte, als er die Zeit kurz von dem Jüngsten Gericht beschrieb.

Es gibt ein Hadith des Propheten: “Wenn sich zwei Muslime mit ihren Schwertern bekämpfen, gehen sowohl der Mörder als der Ermordete in das Höllenfeuer.” Da wurde der Gesandte Allahs gefragt: “O Gesandter Allahs, warum muss der Getötete ins Feuer eintreten?” Der Prophet entgegnete: “Wäre er nicht getötet worden, dann wäre er der Mörder geworden, denn er hatte eine Tötungsabsicht.”

Gelegentlich kommen einige und rufen Ärger hervor. Diese Leute kennen nichts vom Islam außer wenigen Überlieferungen; als würde das heilige Gesetz nur auf drei oder vier Überlieferungen beruhen! Sie ignorieren die anderen qur’anischen Verse und Überlieferungen, die von den Imamen übermittelt wurden sowie ihre Erläuterungen jener Verse und Überlieferungen. Was geschieht, wenn Leute ihre Religion auf wenigen prophetischen Aussagen – die sie selbst auslegen – aufbauen?

Wir sollten uns daran erinnern, wer in der Geschichte Muslime getötet hatte. Wer tötete den zweiten, rechtgeleiteten Khalifen ‘Uthman? Und als was bezeichneten sie sich: Muslime oder Nichtmuslime? Sie behaupteten, sie seien Muslime auf der Suche nach einem guten Herrscher. Jedoch vergaßen sie, dass ‘Uthmans zweiter Name “Dhu’l-Nurain” war – der Besitzer der beiden Lichter. Der Prophet gab ihm zwei seiner Töchter als Ehefrauen. Erinnerte sich keiner seiner Angreifer, dass ‘Uthman ibn ‘Affan zu jenen Prophetengefährten gehörte, denen der Garten versprochen war? Ihr Hass auf die Wahrheit machte sie blind, führte zu Blutvergießen und schließlich zur Ermordung von ‘Uthman, der sein Leben gab, obwohl er sie hätte zu jedem Zeitpunkt ausschalten können. Ihm standen umfangreiche Mittel zur Verfügung, aber er fürchtete sich davor, das Blut der Gläubigen zu vergießen. Hätte er es den Muslimen befohlen, wären ganze Armeen zu ihm geströmt, aber er lehnte das Vergießen vom Blut der Muslime ab.

Wir wissen von den Büchern der islamischen Geschichte, dass es immer durch Leute mit einem schwachen Iman, einem falschen Verständnis ihrer Religion und einem beschränkten Verstand zu Problemen kam. Ibn Battal erläuterte in einem Kommentar auf ein Hadith aus dem Sahih Al-Bukhari, in dem der Prophet sagte: “Sollten ihr auf dem Weg zum Markt oder zur Moschee einen Pfeil mit euch führen, so haltet ihn an der Pfeilspitze fest.” Der Sinn dessen sei laut Ibn Battal, dass kein Mensch unbeabsichtigt dabei zu Schaden komme. Was würde der Prophet wohl zur heutigen Lage sagen?

Schaikh ‘Alawi Al-Maliki schrieb in seinem Buch “At-Tahzin min Mudschazat bi’l-Takfir”, dass die großen Gelehrten der Praxis des Takfir immer aus dem Weg gingen. Die Menschen brauchen Erziehung. Ziehen wir wirklich Nutzen aus der Fitna [wörtl. “Versuchung”, Unruhe oder Bürgerkrieg im übertragenen Sinne]? Wir sollten die Leute unterweisen, wie sie beten und fasten. Wir sollten sie lehren, den Propheten, seine Gefährten, die Imame und die Rechtschaffenen zu lieben. Stattdessen lernen die Jüngeren, wie man eine Fitna anfängt. Wäre es nicht besser für jene, die dem Islam helfen wollen, die Menschen darin zu unterweisen, die Schahada [das doppelte Glaubensbekenntnis] auszusprechen, zu beten und richtig zu fasten?

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Eine Positionsbestimmung der IZ-Redaktion, um die Debatte nach Pegida und Paris sinnvoll zu ordnen

(iz). Der Islam in Deutschland hat in diesen Tagen ein eindrucksvolles Zeichen gesetzt. Unter Verwahrung gegen jede Form der Kollektivschuld, haben führende Repräsentanten des Islam eine klare Linie gegenüber gewaltbereiten […]

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Hochrangig besetzt: Bericht vom Brandenburger Tor über Kundgebung zu den Pariser Anschlägen

(iz). Etwa 10.000 Menschen kamen am Dienstagabend (13. Januar) in Berlin zusammen um ihre Gesichter zu zeigen und zusammenzustehen, wie der gemeinsame Aufruf der Türkischen Gemeinde zu Berlin (TGB) und des Zentralrats der Muslime (ZMD) lautete. Zahlreiche namenhafte Persönlichkeiten aus Politik, Religion und Gesellschaft zierten die große Bühne vor dem, aus Solidarität mit Frankreich, in den Farben der „tricolore“ beleuchteten Brandenburger Tor.

Neben dem angekündigten Redner Bundespräsident Gauck waren unter anderem ebenso Bundeskanzlerin Merkel, Vizekanzler Gabriel, aber auch Bundespräsident a.D. Wulff anwesend. Geistliche der drei monotheistischen Religionsgemeinschaften Berlins standen geschlossen zusammen, als die Kundgebung mit der Rezitation einiger Qur’anverse und der Übersetzung ihrer Bedeutungen begann. Es ist der ruhigste Moment des Abends, die bunte Masse lauscht gebannt.

Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, moderierte den Abend. Seine Anmoderationen sind verlängerte Redebeiträge. Er zeigt sich erfreut über das zahlreiche Erscheinen und die Symbolkraft der vielfältigen Teilnehmer aus der Hauptstadt. Die Muslime in Deutschland ständen unter dem „Schock der brutalen Terroranschläge“ und zeigten ihre Solidarität mit dem französischen Volk, so Mazyek von der Bühne aus, die direkt im Blickfeld der Französischen Botschaft lag. Er rief auf, die Terroristen mit ihrem Fehlverständnis vom Islam nicht siegen zu lassen.

Als Vertreter der der Deutschen Bischofskonferenz appellierte Berlins Weihbischof Matthias Heinrich an die Religionsgemeinschaften, sich nicht gegeneinander aufbringen zu lassen. Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Abraham Lehrer, prangerte nur kurz nach ihm einen „Antisemitismus unter vor allem jungen Muslimen“ an. Er erwarte von der muslimischen Welt ein strengeres Vorgehen gegen Terrorismus und Antisemitismus. Das „Gefahrempfinden der Juden“ erklärte er zum Alarmsignal für die europäischen Gesellschaften. Nur einige Meter von ihm entfernt wehen die israelische und die palästinensische Flagge nebeneinander. Während seiner Rede hallt es immer wieder Rufe nach der „Freiheit Palästinas“.

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Der evangelische Bischof Markus Dröge solidarisierte sich offen mit den Muslimen Deutschlands. Es dürfe nicht sein, dass Extremisten mit dem Missbrauch einer Religion Übergriffe auf Moscheen bewirken, mahnte er. Nun sei es besonders wichtig, aufeinander zuzugehen und für gemeinsame Werte einzustehen. Es ist der lauteste Moment des Abends, die bunte Menschenmenge klatscht und jubelt.

Bundespräsident Gauck soll den Abend abschließen. Er zeigt sich angesichts der Pariser Anschläge „schockiert“ und „traurig“. Dennoch dürfe es nicht zu einer Spaltung der Gesellschaft führen. „So, wie wir hier heute zusammenstehen, so wünsche ich mir den Zusammenhalt in der ganzen Gesellschaft“, ermutigt er. „Wir sind alle Deutschland“, fährt er fort. Um gegen die Radikalisierung junger Europäer vorzugehen, sieht er die muslimischen Verbände klar in der Verantwortung. Die drei größten Verbände (DITIB, IGMG und VIKZ) waren zwar nicht die Mitorganisatoren, aber dennoch mit Vertretern anwesend.

In einem symbolischen Ineinanderhaken der Arme durch die Gäste auf der Bühne – um Zusammenhalt zu demonstrieren – wurde der Abend abgeschlossen.

Muslime in Deutschland und Frankreich reagieren mit einhelliger Abscheu und Ablehnung auf den Pariser Anschlag

„Der schreckliche Anschlag von Paris hat uns alle erschüttert. Dieses abscheuliche Verbrechen ist durch nichts zu rechtfertigen. Unser Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen der Opfer, den Beteiligten und dem französischen Volk.“ (Ali Kizilkaya)

Paris/Berlin (KNA/iz) Nach dem blutigen Terroranschlag auf das französische Magazin „Charlie Hebdo“ haben Islamvertreter zu Demonstrationen gegen den Terrorismus aufgerufen. Bei einem Krisentreffen zahlreicher Islam-Organisationen am Donnerstag in der großen Moschee von Paris forderten sie alle Muslime Frankreichs auf, beim Freitagsgebet eine Schweigeminute für die Opfer des Terroranschlags abzuhalten. Einer der vier französischen Islamgelehrten, die am Mittwoch zu einer interreligiösen Begegnung mit dem Papst nach Rom gereist waren, rief seine Glaubensbrüder in Frankreich zu Massendemonstrationen auf.

Die unter Federführung des französischen Islamrats CFCM stattfindende Versammlung in Paris erklärte, alle Muslime Frankreichs sollten sich der für Samstag angesetzten nationalen Friedensdemonstration anschließen. Dabei sollten sie ihren Wunsch nach einem friedlichen Zusammenleben und nach Respekt für die Werte des Landes zum Ausdruck bringen.

Mohammed Moussaoui, Vorsitzender der Vereinigungen der Moscheen Frankreichs, betonte laut der französischen Zeitschrift „La Vie“ in Rom, die Ereignisse von Paris verstärkten die Notwendigkeit des Dialogs zwischen den Religionen. Den Terroristen warf er vor, den Islam für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.

Trotz mehrfacher Aufrufe von Politikern und Religionsvertretern, Ruhe zu bewahren und keine Racheakte zu verüben, wurden in Frankreich in der Nacht zum Donnerstag mehrere muslimische Einrichtungen angegriffen. Medienberichten zufolge setzte ein Unbekannter am Mittwochabend im südfranzösischen Port-la-Nouvelle mit einer Schrotflinte in einem muslimischen Gebetsraum mehrere Schüsse ab. Da das Gebet bereits beendet und der Saal leer war, wurde niemand verletzt.

Muslime in Deutschland drückten Hinterbliebenen ihr Beileid aus
Binnen 24 Stunden nach dem Anschlag haben die meisten größeren und viele mittlere muslimische Vereinigungen eindeutig auf die Morde in Frankreich reagiert. In einer Pressemitteilung vom Mittwoch, den 7.1.2015, verurteile der amtierende Sprecher des Koordinationsrates der Muslime (KRM), Erol Pürlü vom Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ), den „feigen Anschlag“ im Namen seines Gremiums. „Terror hat keinen Platz in irgendeiner Religion. Wir verurteilen diesen feigen Akt auf das Schärfste. Unser Beileid und tiefstes Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen.“

Auch die einzelnen KRM-Mitglieder gingen am gleichen Tag beziehungsweise am 8.1.2015 an die Öffentlichkeit. Ali Kizilkaya vom Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland zeigte sich „erschüttert“. Dieses abscheuliche Verbrechen ist durch nichts zu rechtfertigen. Unser Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen der Opfer, den Beteiligten und dem französischen Volk.“ Mit diesem grausamen Akt hätten die Attentäter den Propheten Muhammed und die Religion des Islams verhöhnt und beleidigt.

Der deutsche Moscheen-Dachverband Ditib zeigte sich indes besorgt über eine erhöhte Gefahr für islamische Einrichtungen in Deutschland. Man müsse „damit rechnen, dass Neonazis, Pegida-Aktivisten und Islamhasser diesen schrecklichen Terrorakt zum Anlass nehmen, ihre Angriffe zu vermehren“, sagte der Bundesvorstandssprecher der türkisch-islamischen Organisation, Bekir Alboga, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Vom größten Islamratsmitgliedsverband, der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs, meldete sich deren Generalsekretär, Mustafa Yeneroğlu, in einer Erklärung zu Wort. Das Ziel solcher Gewalttaten sei ungeachtet deren Quelle „die Zerstörung des gesellschaftlichen Friedens“. Daher sei es wichtig, „dass wir geschlossen auf diese schockierende Tat reagieren, damit die Angreifer ihr Ziel nicht erreichen können“. Dass seine Befürchtungen nicht unbegründet seien, zeigten drei Übergriffe gegen muslimische Einrichtungen in Frankreich seit gestern.

Noch am gleichen Tag verurteilte der Zentralrat der Muslime die Anschläge in Paris. „Es gibt in keiner Religion und keiner Weltanschauung auch nur einen Bruchteil einer Rechtfertigung für solche Taten. Dies ist ein feindlicher und menschenverachtender Akt gegen unsere freie Gesellschaft. Durch diese Tat wurde nicht unser Prophet gerächt, sondern unser Glaube wurde verraten und unsere muslimischen Prinzipien in den Dreck gezogen.“ Es stehe zu befürchten, dass der Anschlag „neues Wasser auf den Mühlen von Extremisten jeglicher Couleur“ sein werde. „Wir rufen alle dazu auf, dem perfiden Plan der Extremisten nicht auf dem Leim zu gehen, die die Gesellschaft spalten.“

Der Kölner Journalist Eren Güvercin zeigt sich schockiert von der Perversität des Anschlags. Für ihn ist es nun umso wichtiger, dass die muslimische Gemeinschaft die Gefahr modernistischer Sekten erkennt und die Frage nach islamischen Inhalten aufarbeitet. Der Münchener Imam Benjamin Idriz verurteilt das Verbrechen scharf und erinnerte an das prophetische Vorbild des Vergebens. Wenn auch mahnte er zum Respekt vor den Gefühlen der Gläubigen aller Religionen. Er stellt fest, dass die Täter weder zu Europa, noch zum Islam gehören.

Über Facebook, Twitter und Instagram initiierte die Islamische Zeitung den Hashtag #VerteidigeDenPropheten, um einem Missbrauch des Propheten Muhammed durch Hass und Gewalt entgegenzuwirken.

Eine IZ-Leserin begrüßte auf Facebook die Haltung der IZ-Redaktion zu den Pariser Vorgängen: „(…) das lässt immer noch hoffen, dass der Nährboden des Extremismus versalzen werden kann, wenn wir mit Vernunft und Besonnenheit auf Eskalationsversuche verirrter Irrer reagieren.“ „Diese Idioten“, beklagte eine Leserin die Taten, „werden jetzt wieder Millionen friedliche Moslems mit tatkräftiger Unterstützung der Medien in den Schmutz ziehen.(…) Hoffe, dass die Vernunft siegt“.

Die IZ-Redaktion wird das Thema im Rahmen ihrer online- und Druckausgabe weiter begleiten. Alle Leser- und AutorInnen sind eingeladen, sich mich konstruktiven Beiträgen und Leserbriefen zu beteiligen. (sw & ak)



Folgen die Untaten des so genannten Islamischen Staates der Narco-Logik südamerikanischer Netzwerke?

„Als jemand, der sich sonst vor allem mit dem Nahen Osten beschäftigt, meine ich, dass es sich lohnt, die obszönen Grausamkeiten (…) einmal durch andere Prismen zu betrachten: im Nahen […]

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Mazyek fordert gemeinsames Konzept gegen Radikalisierung

Berlin (KNA). Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, räumt Fehler im Umgang mit der Radikalisierung junger Muslime ein. „Wir haben das Phänomen des religiösen Extremismus zu lange unterschätzt“, sagte er am Donnerstag dem Online-Portal der „Bild“-Zeitung. Dasselbe gelte für Schulen, Medien und Politik, ergänzte Mazyek. Nun brauche es ein gemeinsames Konzept, um den Extremismus einzugrenzen.

Diejenigen, die sich mit dem Terror der Miliz „Islamischer Staat“ (IS) identifizierten, seien oft Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl, die „mit der Gesellschaft gebrochen haben, weil sie sich ausgegrenzt fühlen“, so Mazyek weiter. Sie zögen in den Krieg, „um niedere Instinkte zu bedienen“.

Der IS betreibe Missbrauch am Islam, betonte der ZMD-Vorsitzende. Es gebe keine Lehrmeinung im Islam, der Terror rechtfertige. „Wir müssen aufhören, immer wieder im Islam die Begründung für Terror zu suchen, denn damit führen wir nur die Propaganda der Terroristen fort“, so Mazyek.

Können der Ausgangspunkt für Gewalt und Extremismus nicht auch Langeweile und Inhaltsleere sein?

(iz). Der Salafismus dient heute als eine Art der Inkarnation des Bösen und dient inzwischen als „Unwert“, einem absoluten Feindbild. Naturgemäß wird hier schnell vergessen, dass auch dieses Klientel differenziert […]

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Die Berliner DMK-Vorsitzende Iman Andrea Reimann war an den Vorbereitungen für die lokale Friedensaktion beteiligt

Berlin (iz). Die Bundeshauptstadt gehört zu den Orten, an denen die deutschen Muslime auch außerhalb ihrer Moscheen öffentlich ihre Distanz zu gewalttätigen Phänomenen wie dem IS bekunden wollen. Iman Andrea Reimann vom dortigen Deutschsprachigen Muslimkreis gibt Auskunft.

Islamische Zeitung: Liebe Iman Andrea Reimann, Berlin gehört zu den Städten, in denen Muslime sich an der Friedensaktion vom 19. September beteiligen. In welchem Rahmen sind Sie vor Ort eingebunden?

Iman Andrea Reimann: Als erstes möchte ich sagen, dass ich es als wichtig für unsere Stadt Berlin erachte, dass wir uns als Moscheen zusammen tun, unabhängig von der Verbandszugehörigkeit und gemeinsam gegen Hass, Islamfeindlichkeit und Rassismus in unserer Gesellschaft auftreten.

Als Verwaltungsratmitglied der Islamischen Förderation war ich in die Vorbereitungen involviert und werde mit unseren Mitgliedern des DMKs das Freitagsgebet vor der Mevlana Moschee wahrnehmen und an der Mahnwache teilnehmen. An mich wurden Anfragen herangetragen, ob es für politische Vertreter der Stadt und Bundespolitik möglich ist, sich an der Mahnwache zu beteiligen.

Islamische Zeitung: Was ist geplant?

Iman Andrea Reimann: Bundesweit werden sich an die 2.000 Moscheen unter dem Aufruf „Muslime stehen auf gegen Hass und Unrecht“ am Freitag, den 19. September, mit ihren Mitgliedern und Besuchern an den Mahnwachen und Freitagsgebeten beteiligen, was wirklich wunderbar ist. In Berlin werden wir eine große Mahnwache nach dem Freitagsgebet vor der Mevlana Moschee in Kreuzberg abhalten. Darüber hinaus beteiligen sich alle Moscheen des ZMD, der IFB, der DITIB und der VIKZ in Berlin, um in ihren Predigten auf diese Aktion einzugehen und die Muslime für das Thema zu sensibilisieren.

Islamische Zeitung: Mit welcher Motivation nehmen Berliner Muslime daran teil?

Iman Andrea Reimann: Für die Berliner Muslime ist es zum großen Teil eine wichtiger Anlass, Solidarität mit der Mevlana Moschee und darüber hinaus Solidarität mit anderen Bürgern unserer Gesellschaft zu bekunden. Viele meiner Gemeindemitglieder waren kurz nach dem Brand vor Ort beim ersten Freitagsgebet der Mevlana Moschee. Ihre Bestürzung war groß, als sie die Beschädigung des Rohbaus der Moschee gesehen haben. Darüber hinaus hat es uns noch einmal mehr miteinander verbunden.

Islamische Zeitung: Wie reagieren die Muslime in Ihrem lokalen Umfeld auf den Event? Fühlen sie sich eingebunden?

Iman Andrea Reimann: Es ist immer eine Herausforderung, möglichst viele Muslime zu erreichen, um ein Thema, eine Aktion in die Breite zu streuen und einen Effekt der Nachhaltigkeit zu erzielen. Hier können wir uns immer noch verbessern und mehr Geschwister einbeziehen, die über Netzwerke verfügen und umsetzbare Ideen einbringen können. Für mich ist immer das persönliche Gespräch am wichtigsten, um möglichst viele zu informieren und zu mobilisieren.

Islamische Zeitung: Seit Wochen kursieren die Ansichten vermeintlicher Experten, wonach das Problem von Radikalisierung und Extremismus viel drastischer sei und eine deutlich größere Menge an Muslime klammheimlich Sympathien gegenüber gewaltbereiten Extremisten hegt? Können Sie, aus Ihrer jahrelangen Erfahrung heraus, diese Behauptung bestätigen oder verneinen?

Iman Andrea Reimann: Ich finde es erschreckend, wie selbstverständlich jeden Tag neue Zahlen der Radikalen, der Extremisten in die Höhe getrieben wird, ohne eindeutige Belege. Die Methode hat sich seit den Kreuzzügen nicht verändert, wir Muslime werden aufgrund unserer Religion mit schlechten Eigenschaften belegt, um den abendländischen Versäumnissen und Fehlentwicklungen, zu zu spielen.

Dass wir in unseren Moscheen oder im Internet Muslime haben, die eine andere Vorstellung von religiösem Leben und politischer Auseinandersetzung haben, ist nicht zu verneinen. Jedoch immer reflexartig darauf zu reagieren oder zu ignorieren, kann für uns nicht der Weg zur Auseinandersetzung und Weiterentwicklung sein.

Islamische Zeitung: Liebe Iman Andrea Reimann, wir bedanken uns.

Daten Berliner Schwerpunktveranstaltung:
Erwartete Gäste: Nikolaus Schneider, Vorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland; Cem Özdemir (Bündnis 90 / Die Grünen); Gregor Gysi (Die Linke).
Ort: Mevlana Moschee Skalitzer Str. 131-132 10999 Berlin