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Das IGH-Urteil gegen Tel Aviv ist bindend

IGH

Nach Urteil der IGH-Richter im südafrikanischen Eilverfahren hat UN-Generalsekretär Guterres an dessen bindenden Charakter erinnert. (The Conversation/KNA). Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat im Eilverfahren Südafrikas gegen Israel […]

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Zehn Jahre Haft für Imran Khan

imran khan

Der pakistanische Ex-Premier Imran Khan wurde zusammen mit anderen Vertretern seiner Partei PTI wegen Verrat verurteilt

Islamabad (KNA). Knapp zwei Wochen vor der Parlamentswahl wurde der frühere pakistanische Premierminister Imran Khan am Dienstag zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt.

Eine Haftstrafe in gleicher Höhe wurde Medienberichten zufolge auch gegen Shah Mehmood Qureshi verhängt, den Vizepräsidenten der pakistanischen Partei Tehreek-e-Insaf (PTI) und ehemaligen Außenminister der Regierung von Khan.

Beide Männer waren des Verrats von Staatsgeheimnissen beschuldigt worden. Khan verbüßt bereits eine dreijährige Haftstrafe wegen Korruption. Die PTI will Berufung gegen das neue Urteil einlegen.

Imran Khan wegen angeblichem Verrat verurteilt

Während die Wahlkommission Khans Kandidatur für die Wahl am 8. Februar abgelehnt hatte, wurde Qureshi zunächst für eine Kandidatur zugelassen.

Foto: Commons Wikimedia, Jawad Zakariya | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Die nun erfolgte Verurteilung bedeutet jedoch, dass beide für fünf Jahre von der Teilnahme an Wahlen ausgeschlossen sind. Beide Politiker hatten die Anklagen gegen sie als politisch motiviert zurückgewiesen.

Das Urteil fiel neun Tage vor den Parlamentswahlen, bei denen die PTI trotz staatlicher Repressionen antritt. So wurde der PTI die Verwendung eines Cricketschlägers als Parteisymbol auf den Wahlplakaten verboten – Khan war vor seiner politischen Karriere ein gefeierter Cricketstar.

Das Militär macht Druck

Berichten zufolge wurde eine Reihe pakistanischer Journalisten vom Militär angewiesen, während des Wahlkampfes nicht über die PTI zu berichten. Khan hatte sich als Premierminister mit dem Militär überworfen, das ihn bei der Wahl 2018 an die Macht gebracht hatte. 2022 war Khan durch ein Misstrauensvotum abgesetzt worden.

Aussichtsreicher Anwärter auf den Posten des Premierministers ist Nawaz Sharif von der Partei Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N). Sharif, bereits dreimal Premierminister von Pakistan, kehrte im Oktober 2023 nach vier Jahren im Exil in London nach Pakistan zurück. Der Politiker war nach Großbritannien geflohen, um Gefängnisstrafen wegen seiner Verurteilung in mehreren Korruptionsfällen zu entgehen.

Foto: Asianet-Pakistan, Shutterstock

Nach seiner Rückkehr wurde Sharifs letzte Verurteilung wegen Korruption aufgehoben, wodurch er die Berechtigung erhielt, an den Parlamentswahlen teilzunehmen. In einem früheren Verfahren war bereits eine zehnjährige Haftstrafe aufgehoben worden.

Aufgrund von Korruptionsvorwürfen war Sharif 2017 als Premierminister zurückgetreten. Im Jahr 2018 wurde er in Abwesenheit zu insgesamt 17 Jahren Gefängnis verurteilt.

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IGH entscheidet über Genozid-Eilantrag. UN-Chef Guterres erinnert an bindende Urteilswirkung

IGH Urteil Völkermord Völkerrecht

Der IGH hat über den südafrikanischen Eilantrag entschieden und im israelischen Krieg „die Gefahr eines Völkermordes“ festgestellt.

(dpa, iz). „Außergewöhnliche Diskrepanz zwischen Deutschland und der Welt in Bezug auf das Urteil des IGH zum #GazaGenozid. In Berichten deutscher Nachrichtenagenturen wird hervorgehoben, dass das Gericht keinen Waffenstillstand angeordnet hat und dass Israel humanitäre Hilfe zulassen sollte. Was direkt mit ‘Völkermord’ zu tun hat, wird ignoriert oder beschönigt.“ Dominic Johnson, X

Der IGH hat am Freitag eine Gefahr von Genozids im Gazastreifen festgestellt, Tel Aviv aber nicht zum Ende seines Militäreinsatzes gegen die Hamas verpflichtet. Das höchste UN-Gericht in Den Haag beauftragte Israel, mehr Schutzmaßnahmen für Palästinenser zu ergreifen, um Völkermord zu verhindern.

Guterres UN

Foto: UN-Fotos

UN-Chef erinnert an bindende Wirkung des IGH-Urteils

Nach dem IGH-Entscheid hat UN-Generalsekretär António Guterres daran erinnert, dass Urteile des IGH verbindlich sind. Alle Beteiligten müssten sich an den Richterspruch halten, sagte Guterres am Freitag in New York laut Mitteilung.

In der Entscheidung wird unter anderem gefordert, dass Israel bei seinem Militäreinsatz im Gazastreifen die Zivilbevölkerung besser schützen muss. Er sagte, wie von den Regularien vorgeschrieben, werde er nun den UN-Sicherheitsrat dementsprechend informieren.

Das höchste Gericht der Vereinten Nationen hatte zuvor die Gefahr eines Völkermords im Gazastreifen festgestellt. Die Richter entsprachen damit aber nur teilweise einem Eilantrag Südafrikas, das eine sofortige Einstellung der militärischen Handlungen Israels gefordert hatte.

Israel müsse nun aber Schutzmaßnahmen ergreifen, um Völkermord zu verhindern und mehr humanitäre Hilfe zulassen. Das Gericht entschied damit noch nicht endgültig über den Hauptvorwurf des Völkermordes. Das Verfahren kann sich noch über Jahre hinziehen.

EU forderte Umsetzung von Israel

Die EU-Kommission von Ursula von der Leyen und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell haben Israel zur Befolgung der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zum Gaza-Krieg aufgerufen.

„Die EU erwartet, dass die vom IGH angeordneten Maßnahmen vollständig, sofort und wirksam umgesetzt werden“, teilten sie am Freitag mit. Urteile des Internationalen Gerichtshofs seien für die Vertragsparteien verbindlich, das heißt die Vertragsparteien müssten ihnen nachkommen.

Inhaltlich äußerten sich Borrell und die EU-Kommission nicht zu dem Verdikt der Richter. Man nehme die Entscheidung zur Kenntnis, hieß es lediglich. Die EU sichere dem Internationalen Gerichtshof als wichtigstem Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen weiterhin seine Unterstützung zu.

Das Recht jeder Vertragspartei, Argumente in Bezug auf die Zuständigkeit, die Zulässigkeit oder die Begründetheit vorzubringen, bleibe von der Entscheidung über den Antrag Südafrikas auf Anordnung vorläufiger Maßnahmen unberührt.

Angst Eskalation

Screenshot: YouTube

Was wurde verhandelt?

An diesem Freitag ging es zunächst um einen Eilantrag Südafrikas. Das hatte konkrete Maßnahmen gefordert, um die Rechte der Palästinenser zu schützen. Und dazu gehört auch, dass das Gericht das sofortige Ende der militärischen Handlungen anordnen sollte.

Das haben die Richter nicht getan. Sie ordneten aber Schutzmaßnahmen für die Palästinenser an. Israel solle alles tun, um zu verhindern, dass Zivilisten getötet werden und Häuser zerstört würden.

In dieser Phase des Verfahrens haben die UN-Richter noch nicht festgestellt, ob tatsächlich Völkermord verübt wurde. Es ging zunächst darum, ob möglicherweise die Völkermord-Konvention verletzt wird.

Das ist eine niedrige Schwelle für eine Entscheidung. Und die Richter sehen zumindest das Risiko, dass die Konvention verletzt wird. Und sie erkennen auch Hinweise auf eine Absicht, die Palästinenser auszulöschen.

Foto: Palestinian News & Information Agency (Wafa) in contract with APAimages, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Hintergründe zum weiteren Verfahren

Jedes Urteil des UN-Gerichts ist bindend. Die Richter haben zwar keine Machtmittel, um die Durchsetzung zu erzwingen. Doch der internationale Druck auf Israel kann sich erhöhen und eine negative Entscheidung dem Ruf des Landes schaden.

Ein solches Verfahren kann sich über Jahre hinziehen. Außerdem kann Israel zunächst auch die Zuständigkeit des Gerichts anfechten.

Jeder Unterzeichnerstaat der Völkermordkonvention kann eine solche Klage einreichen. Südafrika ist ein Unterstützer der palästinensischen Rechte. Das Land vergleicht seine Apartheid-Vergangenheit mit dem gegenwärtigen israelischen Vorgehen gegen die Palästinenser.

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EuGH-Urteil: Verwaltungen können unter Bedingungen Kopftuch verbieten

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Laut EuGH sind Kopftuchverbote unter Umständen rechtens. EU-Oberrabbiner bezeichnet Urteil als „verstörend“. 

Luxemburg (dpa, KNA, iz). Ein Verbot von Kopftuch, Kippa und Kreuzen in öffentlichen Verwaltungen ist nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) unter Umständen rechtens.

Das sei keine Diskriminierung, solange solche Verbote religiöser Zeichen allgemein und unterschiedslos auf das gesamte Personal der Verwaltung angewandt würden und sich auf das absolut Notwendige beschränkten, teilten die Richter des höchsten europäischen Gerichts am 28. November in Luxemburg mit.

Kopftuch Berlin Schule

Foto: Freepik.com

EuGH: Erlaubt, wenn alle betroffen sind

Hintergrund ist ein Fall aus Belgien. Eine Büroleiterin in der Gemeinde Ans durfte am Arbeitsplatz das islamische Kopftuch nicht tragen.

Die Gemeinde änderte ihre Arbeitsordnung und schrieb strikte Neutralität vor: Das Tragen von auffälligen Zeichen ideologischer oder religiöser Zugehörigkeit war demnach allen Angestellten verboten – auch denen, die wie die Klägerin keinen Publikumskontakt hatten. Sie fühlte sich in ihrer Religionsfreiheit verletzt und klagte sich durch die Instanzen.

Die Richter urteilten nun, dass solche strikten Regeln rechtmäßig sein können, um ein vollständig neutrales Umfeld zu schaffen. Die EU-Staaten haben demnach einen Wertungsspielraum, wie sie die Neutralität des öffentlichen Dienstes ausgestalten wollen. Die Maßnahmen müssen sich aber auf das absolut Notwendige beschränken. Ob dies der Fall ist, müssen die nationalen Gerichte entscheiden.

Der EuGH hatte in den vergangenen Jahren mehrfach entschieden, dass Unternehmen das Tragen religiöser Zeichen am Arbeitsplatz verbieten können.

Bedingung sei, dass das Ziel der Neutralität in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werde und die Mittel zur Durchsetzung sich auf das Nötigste beschränkten. Es sei Sache der nationalen Gerichte, zu prüfen, ob diese Anforderungen erfüllt seien.

Foto: swiss-image.ch / Michael Wuertenberg, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 2.0

Oberrabbiner nennt Urteil gegen religiöse Zeichen verstörend

Der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, Pinchas Goldschmidt, hat das Urteil als verstörend bezeichnet. Dies sei ein „Angriff auf das Grundrecht der Religionsfreiheit“, schreibt der ehemalige Moskauer Oberrabbiner in der „Jüdischen Allgemeinen“.

Zwar sei es im konkreten Fall um ein muslimisches Kopftuch gegangen. Allerdings führe das Urteil zu einem „Kollateralschaden“ unter Juden und Jüdinnen in Europa: „Wenn mit höchstrichterlicher Bestätigung religiöse Symbole selbst aus den Hinterzimmern europäischer Amtsstuben verbannt werden, gilt das auch uns“, so Goldschmidt.

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Neutralitätsgesetz: Berlin erfolglos mit Verfassungsbeschwerde zum Kopftuch

Karlsruhe/Berlin (KNA). Muslimischen Lehrerinnen in Berlin darf nicht pauschal das Tragen von Kopftüchern verboten werden. Das Bundesverfassungsgericht nahm eine Verfassungsbeschwerde des Landes gegen ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Kopftuchverbot „ohne Begründung nicht zur Entscheidung an“. Dies teilte das Gericht am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit. Entsprechend muss nun das Berliner Neutralitätsgesetz geändert werden.

Das höchste deutsche Arbeitsgericht in Erfurt hatte am 27. August 2020 das Berliner Gesetz mit Verweis auf die Religionsfreiheit für grundgesetzwidrig erklärt. Das Land reichte dagegen im Februar 2021 eine Verfassungsbeschwerde ein.

Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags im November 2021 kündigte die Grünen-Politikerin Bettina Jarasch, derzeit Berliner Bürgermeisterin und Umweltsenatorin, eine Änderung des Neutralitätsgesetzes an, falls das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung von 2015 bleibe. Karlsruhe hatte damals entschieden, dass solche Verbote im Bildungsbereich nur zulässig sind, wenn der Schulfrieden konkret gefährdet ist.

Das seit 2005 geltende Neutralitätsgesetz ist die in Deutschland weitestgehende Regelung. Unter Verweis auf die Neutralität des Staates untersagt sie bestimmten staatlichen Beschäftigten im Dienst auffällige religiöse und weltanschauliche Symbole und Kleidung. Unter welchen politischen Verhältnissen das Gesetz nun geändert werden kann, ergibt sich erst nach der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhauses am 12. Februar.

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Hassprediger Eric Zemmour vor Menschenrechtsgericht gescheitert

Straßburg (KNA/iz). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat eine Beschwerde des französischen Rechtsextremisten Eric Zemmour zurückgewiesen, der sich für Hetze gegen den Islam auf die Meinungsfreiheit berufen wollte. Die Richter in Straßburg stellten vielmehr in ihrer Entscheidung fest, die Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung sei in diesem Fall in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, um die Rechte anderer zu schützen.

Der prominente Journalist Zemmour, der 2022 auch für das Amt des französischen Staatspräsidenten kandidierte, hatte 2016 in einer Fernseh-Talkshow die im Land lebenden Muslime generalisierend als „Invasoren“ und „Dschihadisten“ dargestellt und sie vor die Wahl gestellt, sich zwischen dem Islam und Frankreich zu entscheiden. Französische Gerichte verurteilten ihn in mehreren Instanzen wegen Aufstachelung zu Diskriminierung und Hass und erlegten ihm eine Strafe von zunächst 5.000 Euro, dann 3.000 Euro auf.

Der EGMR sah Zemmours Recht auf freie Meinungsäußerung nicht unzulässig beeinträchtigt. Zum einen seien abwertende Behauptungen wie die einer muslimischen „Kolonialisierung“ Frankreichs geeignet, die Gesellschaft zu spalten. Daher hätten nationale Gerichte hier einen weiten Ermessensspielraum. Zum zweiten hätte Zemmour auch als Gast einer TV-Show seinen „Pflichten und Verantwortlichkeiten“ als Journalist Genüge tun und die Wirkung seiner Worte bedenken müssen.

Drittens habe er sich nicht auf Islamkritik beschränkt, sondern zum Ausschluss von Muslimen insgesamt aufgerufen. Insoweit seien der Eingriff in die Meinungsfreiheit durch die französische Justiz gerechtfertigt und die Geldstrafe angemessen, urteilte der EGMR.

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Was ist eine Fatwa?

(iz). Wir leben in einem historischen Augenblick, in dem viele Begriffe, die uns vertraut erscheinen, schleichend aber stetig an Substanz verlieren. Das wirkt sich im Denken wie in der zwischenmenschlichen Kommunikation aus, gilt aber besonders, wenn es um kritische Themen wie „Islam“ geht. Was für Muslime – oder für sachlich gebil­dete Menschen – jahrhundertelang Alltäglichkeit war, ist längst Streitpunkt beziehungsweise zum Augenblick des Schreckens geworden.

Dafür lassen sich viele Beispiele finden, aber eine Sache – prägnant, weil die stetige „Um­wertung aller Werte“ Nichtmuslime und Muslime betrifft – ist die berühmt-berüchtigte „Fatwa (plural Fatawa)“. Angefangen mit der längst ikonisch gewordenen „Fatwa“ des persischen Revolutionsführer Ayatollah Khomenei in der Causa Rushdie, über die virtuell verbreiteten Urteile von Terrorführern in den Bergen Afghanistans oder Jemens bis zu Hobby-Predigern in westlichen Gesellschaften: Sie alle haben den Muslimen mit ihren „Meinungen“ einen Bärendienst erwiesen.

„Traurige Beispiele sind politische oder militärische Bewegungen, die an die Macht kommen, und Muftis ernennen, die Fatawa erlassen, um ihre Handlungen zu rechtfertigen. Dazu gehören auch Muftis, die nicht die nötigen Voraussetzungen erfüllen oder Meinungen veröffentlichen, die Muslime zum Gespött von Nichtmuslimen machen“, meint Malik del Pozo, Lehrer für Qur’an, islamisches Recht und Arabisch. Die Liste zeitgenössischer Meinungen, die in den Augen von Nichtmuslimen sehr skurril erscheinen müssen, ist sehr lang und reicht von erhängten VHS-Kassetten, geht über absurde Rechtsmeinungen, die gelegentlich aus Kairo in unseren Breiten ankommen und endet nicht mit dem Verbot von Mickey Mouse oder dem Fahrverbot für saudische ­Frauen.

Vor Jahren bemerkte ein taz-Autor klug und richtig, dass wir in einer „Diktatur der Meinung“ leben. Wie zutreffend das bei den Fatawa ist (nur selten spricht jemand über die Muftis), kann am inflationären Gebrauch der Fatwa erkannt werden. Jede Selbstentäußerung einer öffentlichen Stimme – ob qualifiziert oder nicht – erhält so einen Status, der ihr im Normalfall nicht zukommen sollte.

Ob es sich um vermeintliche „Lehrzentren“ in der „muslimischen Welt“ handelt (die, laut informierten Stimmen hinter vorgehaltener Hand, auch schon einmal genehme Meinungen äußern) oder um interessierte Politikerinnen, die Privatfatawa zum Fasten in Sommermo­naten von sich geben: Es sind vor allem Meinungen. Gleichzeitig werden diese, wenn unbequem, auch schon einmal dadurch relativiert, dass es sich bei ihnen „nur um eine private Meinung“ handle.

Die Fatwa

Eine Fatwa bezieht sich im Allgemeinen auf ein neues Urteil, das von einer geeigneten Person durch eine Entscheidung gefunden wird – oder auch nicht. Es sollte, so der Gelehrte Dr. Asadullah Yate, „von einem anerkannten Mufti innerhalb einer existierenden Gemeinschaft kommen“ und durch eine akzeptierte Autorität bestätigt werden. ­Unabhängig davon, ob sich ein Richter (arab. Qadi) danach richtet oder nicht, könne es von Leuten als Richtlinie für ihr Verhalten genutzt werden.

Das grundlegende Verständnis einer Fatwa erläutert Malik del Pozo: „Die Notwendigkeit für eine Fatwa ergibt sich aus der Existenz einer Frage, die beantwortet werden muss.“ Der Fakt, dass sich diese Antwort nicht im Qur’an, in den Hadithen oder in den anderen Rechtsquellen finde, impliziere einen Mufti oder mehrere. Diese träfen in Folge eine Entscheidung, „die falsch oder richtig sein kann“.

Es handle sich hier um eine Frage ­großer Verantwortung. Es sei nicht ­selten gewesen, Imam Malik „ich weiß es nicht“ sagen zu hören. Selbst, wenn eine Entscheidung durch einen Mufti notwendig werde, müsse sie immer auf „Qur’an, Hadith und den Rechtsschulen basieren“. Daher brauche ein Mufti ein vertieftes Wissen auf diesen Gebieten. „Eine Fatwa kann sich niemals gegen die Scharia selbst richten.“ Im Falle von Muslimen, die in einem nichtmuslimischen Land leben, könne eine solche Rechtsmeinung auch nicht den dortigen Geset­zen zuwiderlaufen. „In der Scharia gibt es zwei große Oberkategorien für Fatawa: Die erste betrifft die gesamte Umma und ihre Antwort beruht auf Qur’an und Hadith. Die zweite richtet sich nach den Regeln einer bestimmten Rechtsschule (Madh­hab), die dieser eigen sind. Auch wenn dies früher nicht der Fall war, sollten ­allgemeine Fatawa heute von mehreren Muftis oder Gelehrten geschrieben ­werden.“


Foto: Der Mufti von Belarus (2019) in der Moschee von Minsk. (Foto: Santos1992, Shutterstock)

Der Mufti

„Was heute gerne in der Internet-Realität unter dem rechtlichen Begriff des ‘Muftis’ verstanden wird, unterscheidet sich von der historischen Realität des Dar Al-Islam“, meint Dr. Yate. Mit anderen Worten, in jeder funktionierenden, realen muslimischen Gesellschaft, die selbstständig war und sich an Richtlinien des Mittleren Weges orientierte, habe der Mufti bestimmten Bedingungen unterlegen: „Der Mufti ist ein Mudschtahid. Das heißt, er hat den Rang eines Rechtsgelehrten (arab. Faqih) inne, der in der Lage ist, in einer Sache zu einem Urteil zu kommen, die bisher noch nicht entschieden wurde.“ Seine absolute Mindestanforderung bestehe darin, dass er sein Wissen von Angesicht zu Angesicht von anerkannten ‘Ulama genommen habe und, dass er „die ‘Bidaya’ von Ibn Ruschd Al-Hadidh gemeistert hat“.

Ein Mufti gehöre zu einer spezifischen Gemeinschaft und stehe im Verbund mit ihrer Führung; „mit dem Ergebnis, dass seine Entscheidung einen gemeinschaftlichen und sozialen Kontext hat. Auch wenn er unabhängig in seiner Entscheidungsfindung ist, sollte er natürlich zu einem Urteil kommen, dass zum ­Nutzen der Gemeinschaft ist“.
Malik del Pozo beschreibt die Eigenschaften, die jemand haben muss, der eine Fatwa gibt: „Er oder sie braucht tiefes Wissen vom Qur’an, der Hadithwissenschaft, der arabischen Sprache und den Rechtsschulen. Charakterlich muss er gerecht sein, verantwortungsbewusst handeln, vertrauenswürdig sein, intelligent und sich um eine Antwort bemühen. Der entsprechende Mufti muss die Lebensbedingungen des oder der Fragen­den kennen, die in der Suche nach Antwort zu ihm kommen. Das beinhaltet ihre Zeit, ihren Ort und die Frage, ob sie in der Lage sein wird, die Fatwa auch umzusetzen.“ Vielleicht etwas überraschend für Nichtkenner der Materie ist, dass laut Del Pozo auch Frauen Fatwas erstellen können.

Im Gegensatz zu anderen, westlichen Rechtssystemen bereitet eine Fatwa nicht den Boden für ähnliche zukünftige oder verwandte Fragen. Fragen zur gleichen Sache von unterschiedlichen Leuten können zu vollkommenen anderen Fatawa führen. Das heißt, diese Kategorie der Urteile betrifft nicht alle Muslime, sondern ist „persönlich oder optional“.

Das Urteil des Qadis

Im Gegensatz zur „Fatwa“, die in ­aller Munde ist, kommt dem Qadi, der fester Bestandteil der deutschen Sprache ist, und seinem Urteil (Qada oder Hukm) ein klar verbindlicher Rang zu. Der Qadi sei, so Dr. Asadullah Yate, in seiner Entscheidung nicht an die Meinung eines Muftis gebunden.

Die Entscheidung eines Qadi, Hukm, bezieht sich im Allgemeinen auf die klaren rechtlichen Vorschriften, die im Qur’an enthalten sind, oder die durch den Gesandten Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, ausgedrückt wurden.

„Es gibt weitere Rechtsquellen für das Urteil eines Qadi“, so der Gelehrte: Vorschriften, die nicht unmit­telbar klar werden, solche, die durch erweiterte Bedeutungen unterstützt ­werden und die durch das Mittel des Analogieschlusses (arab. Qijas) aus Passagen im Qur’an oder vom Propheten abgeleitet werden können, der Gesamtkörper aller Regelungen, die von den ersten vier Khalifen und den frühen Generationen des Islam stammen, Vorschriften aus der Zeit nach den ersten drei Generationen, über die Einigkeit besteht, anerkannte Bräuche sowie neue Fatawa, die im Laufe der Zeit zu einem festen und anerkann­ten Bestandteil des islamischen Rechts wurden.

Laut Malik del Pozo stellt das Urteil eines Qadis – ebenso wie eine Fatwa – eine gemeinschaftliche Verpflichtung (Fard kifaja) für die gesamte muslimische Gemeinschaft dar. Kommt ihr ein Teil der Muslime nach, dann ist das nicht länger die Verantwortung des Restes. Wird diese Pflicht von niemandem erfüllt, dann hat die gesamte Gemeinschaft einen schwerwiegenden Fehler begangen.

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Bayern: Verfassungsgericht weist AfD-Klage gegen Unterricht ab

München (KNA) Der bayerische Verfassungsgerichtshof hat einen Eilantrag der AfD gegen die Einführung von „Islamischem Unterricht“ an den Schulen des Freistaats abgewiesen.

Das vom Landtag vor der Sommerpause beschlossene Wahlpflichtfach kann demnach zum neuen Schuljahr eingerichtet werden. Wie das Gericht am 27. August in München mitteilte, wurde die von der AfD und einer weiteren Person beantragte vorläufige Außervollzugsetzung abgewiesen.

Im Fall des AfD-Eilantrags machten die Richter auf grundsätzliche Mängel aufmerksam. Die Abgeordneten in der Partei hätten während den Gesetzesberatungen keine verfassungsrechtlichen Zweifel erhoben, sondern lediglich „unspezifische rechtliche Bedenken geltend gemacht sowie politische Vorbehalte gegen den Islamischen Unterricht vorgetragen“. Auch mit Blick auf eine von dem zweiten Antragsteller angekündigte Popularklage äußerte das Gericht „erhebliche Zweifel“ an deren Zulässigkeit.

Der als Wahlpflichtfach nicht nur für muslimische Schüler ausgestaltete Islamische Unterricht „dürfte verfassungsrechtlich grundsätzlich als zulässig anzusehen sein“, heißt es in der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs.

Die Richter konnten demnach weder eine Verletzung des staatlichen Neutralitätsgebots und des Gleichheitsgrundsatzes noch eine Beeinträchtigung individueller Freiheitsrechte von Schülern und deren Eltern erkennen. 

Den „Islamischen Unterricht“ gibt es in Bayern seit dem Schuljahr 2009/10. An dem Modellversuch waren 350 Schulen beteiligt. Etwa 16.500 Schüler nahmen teil. Gegenwärtig stehen bayernweit rund 100 entsprechend ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung. Ab September kann das neue Wahlpflichtfach alternativ zum Ethikunterricht an rund fünf Prozent aller Schulen bis zur 10. Klasse angeboten werden.

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Deutschland schiebt in den Taliban-Vormarsch ab

BERLIN/KABUL (GFP.com). Trotz einer gegenläufigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hält die Bundesregierung an Abschiebungen nach Afghanistan fest. Der EGMR hatte am 3. August eine Abschiebung aus Österreich […]

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Autobiografie von Fereshta Ludin: Eine lehrreiche Odyssee

(iz). Eine Rezension über das neue Buch Fereshta Ludins zu schreiben, gleicht dem Auftrag einer Hommage. „Enthüllung der Fereshta Ludin“, heißt die Biografie über „Die mit dem Kopftuch“. Im Frühjahr […]

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