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Der Krieg in der Ukraine führt in ein Dilemma

Ukraine Demo Solidarität

Zwei legitime Argumentationsketten treffen aufeinander: sich drehen sich um das Recht auf Selbstverteidigung der Ukraine und um die verbreitete Angst vor Selbstzerstörung.

(iz). Robert Oppenheimer dachte an der nach der Zündung der ersten mit Plutonium gefüllten Atombombe 1945 an einen Vers aus der Überlieferung des Hinduismus: „Jetzt bin ich der Tod geworden, der Zerstörer der Welten.“ Die Möglichkeit, den Planeten mit Atombomben zu vernichten, greift fatal in die Schöpfungsgeschichte des Menschen ein.

In der Ukraine kann neuer Schrecken drohen

Nach den Erfahrungen des 20. Jahrhundert droht wieder das Ungeheure, eine nukleare Konfrontation zwischen den Großmächten, nur wenig hunderte Kilometer von Berlin entfernt. Es ist zum Verzweifeln, dass der Zwist um nationale Grenzen in Europa die ganze Welt wieder ins Unglück stürzen könnte.

Wer will angesichts dieser drohenden Katastrophe nicht rebellieren und zum Protest aufrufen? Fakt ist: Die Idee, dass weltstaatliche Institutionen das Potential der Atombomben in der Welt begrenzen, hegen und verwalten ist in Weite ferne gerückt.

Die imaginär vorgestellte Selbstzerstörung trifft in diesen Tagen auf das reale Bemühen der Ukrainer frei von Fremdbestimmung zu sein und fordert nach einer Abwägung. Zwei legitime Argumentationsketten treffen aufeinander: sich drehen sich um das Recht auf Selbstverteidigung der Ukraine und um die verbreitete Angst vor Selbstzerstörung.

Dilemma
Ukraine

Heikler Grat zwischen Solidarität und Vermeidung

Dieser heikle Grat dominiert die Position der Bundesregierung, die Waffen liefert und gleichzeitig keine direkte Konfrontation mit Russland riskieren will. Die öffentliche Debatte nimmt ebenso Fahrt auf, es wird die Frage diskutiert, ob die Atommacht Russland besiegt werden kann: mit welchen Waffen und zu welchem Preis?

Der alte Gegensatz zwischen Krieg und Frieden führt zur Frage, was man in diesem Fall unter Frieden verstehen will. Wer Verhandlungen fordert, muss auch beantworten mit wem, über was und worüber er verhandeln will.

Welche Narrative gelten?

Das Faktum, dass Russland den Krieg zweifellos begonnen hat, ist eine Schlüsselinformation der letzten Monate. Naturgemäß verdrängt sie entscheidende Erzählungen, die die Entstehung des Konflikts und seine Vorgeschichte erklärt.

Hier geht es um die Machtfragen auf dem eurasischen Kontinent und das Schicksal des transatlantischen Bündnisses und langfristig um den Zugang zu wichtigen Energieressourcen. An diesen Machenschaften sind staatliche und nichtstaatliche Akteure involviert. In der Öffentlichkeit wird der Verdacht gestreut, nicht alle Beteiligten wollen den Frieden so schnell wie möglich erreichen.

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Ukraine

Widersprüche dulden

Aus dieser Gemengelage heraus, muss eine freiheitliche Gesellschaft Widerspruch und – jenseits der Persönlichkeiten – den Wettstreit von Argumenten dulden. Im Umgang mit gut formulierten Kontrollfragen entscheidet sich der politische Stil und der Beweis der These, dass man in einer Demokratie seine Meinung vertreten kann, ohne verfemt zu werden. Es beweist sich zusätzlich der Charakter der SprecherInnen: Es ist schwer vorstellbar, eine Krise zu bewerten, ohne Tod, Verzweiflung und Verbrechen in der Ukraine zur Sprache zu bringen. Heldentum und Zivilcourage zeigen sich alleine in der Ukraine – nicht an den Schreibtischen, nicht in der Ferndiagnose und auch nicht auf Demonstrationen.

Wo sind wir Muslime?

Muslime begrüßen sich jeden Tag mit dem Friedensgruß. Wie definiert sich unsere Position zu dem Krieg in der Ukraine, wo ist die Stimme der muslimischen Gelehrsamkeit zu dem oben beschriebenen Dilemma? Klar ist, dass die Allmachtsphantasien, die mit atomarer Zerstörung und der Drohung mit ihr einhergehen, kein gläubiger Mensch akzeptieren kann.

Zweifellos verbietet sich nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte mit dem russischen Imperialismus – von Tschetschenien, über die Krim, bis hin nach Syrien – eine Romantisierung der Rolle Moskaus. Der verbreitete anti-amerikanische Reflex in der muslimischen Weltgemeinschaft erklärt nicht, wie eine künftige Friedensordnung, mitbestimmt von Indien, China oder Russland funktionieren soll. Der Sieg über die kritisierten Doppelstandards des Westens wird kaum mit Mächten gelingen, die überhaupt keine Standards akzeptieren.

Vor Staatsbesuch: Verfolgte Rohingya in Myanmar sehen in US-Präsident Obama als letzte Rettung. Ein Bericht von Simon Lewis

Die muslimischen Rohingya werden im buddhistischen Myanmar gehasst und verfolgt. Sie setzen alle Hoffnung auf US-Präsident Obama. Setzt er als Fürsprecher der Entrechteten andere US-Interessen aufs Spiel?

Rangun (dpa). Für US-Präsident Barack Obama ist Myanmar nur eine Durchgangsstation von einem Gipfel zum anderen. Doch in dem südostasiatischen Land wird ihn ein von der Welt vergessener Konflikt einholen: Die von Staats wegen verfolgte muslimische Minderheit der Rohingya fürchtet um ihr Leben. Seit Mitte Oktober seien bis zu 16.000 auf vollgepferchten und oft kaum seetüchtigen Booten Richtung Thailand und Malaysia geflüchtet, sagt Chris Lewa, Koordinatorin der Hilfsorganisation Arakan Group.

Die Behörden betrachten die meisten Rohingya als illegale Einwanderer aus dem Nachbarland Bangladesch, verweigern ihnen die Staatsbürgerschaft, drohen mit Abschiebung und halten 140 000 hinter Stacheldraht in Internierungslagern fest. Ihre Anführer setzen alle Hoffnung auf den Friedensnobelpreisträger Obama. „Für uns heißt der Obama-Besuch: alles oder nichts“, sagt Kyaw Min, Präsident der Rohingya-Partei „Menschenrechte und Demokratie“. „Wenn er die Rohingya-Frage nicht ernst nimmt und nicht aufwirft, werden wir hier Zielscheibe bleiben, bis zur Vernichtung.“

Doch für Obama ist die Sache schwierig. Er kann einerseits als Verfechter der Menschenrechte nicht schweigen, will aber auch nicht die Reformregierung brüskieren. Er braucht das Ohr von Präsident Thein Sein, weil die USA die 2011 angefangenen Reformen hin zu einer offenen demokratischen Gesellschaft unbedingt vorantreiben wollen. Obama schreibt sich den friedlichen Wandel dort auch auf die eigene Fahne. Er war einer der ersten, der nach dem Ende der Militärdiktatur 2012 kam und dem einstigen Junta-General Thein Sein die Hand reichte.

Nicht nur aus Selbstlosigkeit: Myanmar – früher Birma – liegt strategisch zwischen den aufstrebenden Mächten Indien und China. Da wollen die USA eine starke, offene demokratische und gerne US-freundliche Gesellschaft sehen. Zudem ist Myanmar nach Jahrzehnten Abschottung auch ein Markt mit 51 Millionen Verbrauchern.

„Die USA sind als Gegengewicht zu China unerlässlich“, schreibt das Institut für Strategische und Internationale Studien (CSIS) in Washington. „Die USA haben viel investiert, und das wird erst richtig Früchte tragen, wenn wir am Ball bleiben.“

//1//Viele Rohingya sind schon im 19. Jahrhundert mit dem britischen Kolonialherren in die Rakhine-Region in Westmyanmar gekommen und leben seit Generationen dort. Animositäten mit der buddhistischen Bevölkerungsmehrheit gab es immer. 2012 kam es zu blutigen Zusammenstößen, ausgelöst durch das Gerücht einer Vergewaltigung. Dutzende Menschen kamen ums Leben, Hunderttausende Rohingya wurden aus ihren Dörfern vertrieben. Zu den Aufrührern gegen die Rohingya gehören auch buddhistische Mönche.

Schätzungsweise 300.000 Rohingya, also fast ein Drittel, sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ wurde aber aus der Rakhine-Region im Frühjahr ausgewiesen. „Die Regierung tut nichts, um die Übergriffe zu stoppen“, meint Lewa vom Arakan Projekt. „Sie schicken nur mehr Sicherheitskräfte, aber die schüren noch die Gewalt gegen Rohingya.“ Die Behörden weisen das zurück.

Die Regierung treibt die Lösung der Rohingya-Frage voran. Wer die Staatsbürgerschaft will, muss mindestens 60 Jahre Ansässigsein schriftlich nachweisen. Das können die wenigsten der oft bitterarmen Wanderarbeiter. Wer das nicht kann, soll ausgewiesen werden. Deshalb die Flüchtlingswelle. Viele hoffen, ins muslimische Malaysia zu gelangen, wo die Rohingya bislang stillschweigend geduldet werden.

Nach einer Untersuchung der Organisation „Fortify Rights“ müssen Flüchtende Soldaten und Polizisten schmieren, um auf kaum seetüchtigen Booten zu größeren Transportern aufs Meer hinausgebracht zu werden. Die Flucht kostet viele ein Vermögen, wie sie der Organisation berichteten. Auf hoher See warten oft Schlepper, die sie als billige Arbeitskräfte an Fischtrawler verschachern.

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