Der Verband Islamischer Kulturzentren (VIKZ) erklärte im November, nicht Teil des KRM sein zu wollen, den er selbst mitbegründete. (KNA/IZ). Ein Sprecher des Verbands der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) hat den […]
Schlagwort: vikz
Interview: Imam Benjamin Idriz über die Zukunft der Community und seiner Pläne in München
(iz). In den letzten Monaten häuften sich Meldungen und Stellungnahmen über Meinungsverschiedenheiten zwischen Mitgliedern des Koordinationsrates der Muslime. Dabei ging es nicht nur um Personalien oder Einzelinteressen, sondern auch um Grundfragen der zukünftigen Ausrichtung.
Wir sprachen mit Imam Benjamin Idriz über Fragen der muslimischen Selbstorganisation, zukünftige Möglichkeiten der deutschen Community sowie sein Großprojekt in München. Idriz ist seit Längerem Imam der erfolgreichen, multikulturellen Gemeinde im bayrischen Penzberg und plant derzeit den Bau eines großen Zentrums in der Landeshauptstadt München.
Islamische Zeitung: Lieber Benjamin Idriz, heute, mehrere Jahre nach Einweihung der beeindruckenden Moschee im bayrischen Penzberg, streben Sie und Ihr Team den Bau eines wesentlich größeren Zentrums in der Landeshauptstadt München an. Wo steht das Projekt derzeit und was sind die größten Hindernisse, die Sie überwinden möchten?
Benjamin Idriz: Zunächst einmal sind es nicht die Hindernisse, sondern die Unterstützung, die das Projekt erfährt, die ich für ausgesprochen bemerkenswert halte. Diese Unterstützung kommt nämlich nicht nur von Muslimen (wo sie selbstverständlich sein sollte), sondern aus der ganzen demokratischen Gesellschaft, aus verschiedenen Religionsgemeinschaften, aus Verbänden, von den Medien und aus allen Fraktionen des Münchner Stadtrats.
Nachdem eine extremistisch-islamfeindliche Minipartei über mehrere Jahre hin versucht hat, Unterschriften gegen das Projekt zu sammeln um damit einen Volksentscheid dagegen herbeizuführen, hat der Stadtrat dies als unzulässig abgelehnt, weil die islamfeindlichen Hetzer nachweislich mit falschen Behauptungen gearbeitet hatten. In derselben Sitzung hat der Stadtrat stattdessen eine Resolution „Solidarität mit den Muslimen in unserer Stadt“ beschlossen!
Das derzeit einzige Hindernis liegt in der Finanzierung. Es wäre natürlich schön, ein solches Projekt mit Spenden von Muslimen (und Nichtmuslimen) aus Deutschland zu realisieren. Für die Grundstücks- und Baukosten wird es aber, wie es scheint, nicht ohne einen oder mehrere Großspender aus der Golfregion gehen. Unsere Anfragen laufen in mehreren Ländern (Oman, Katar, VAE) – hier brauchen wir jetzt dringend baldige Antworten – sonst wird die Chance auf ein repräsentatives und zentral gelegenes Grundstück vergeben.
Islamische Zeitung: In der Vergangenheit haben Sie den Gedanken entwickelt, mit einem eventuellen Zentrum in München auch die Möglichkeit einer, mit anderen europäischen Einrichtungen vernetzt, Ausbildung einheimischer Imame anzubieten. Steht dieser Punkt noch im Blickpunkt Ihrer Bemühungen?
Benjamin Idriz: Das war von Anfang an einer der Hauptgedanken bei diesem Projekt. Dass inzwischen in Deutschland universitäre Zentren für islamische Theologie eingerichtet worden sind, ist eine ausgesprochen positive Entwicklung und entspricht dem, was wir die ganze Zeit befürwortet haben, auch wenn bisher dort ja noch keine Ausbildung für Imame stattfindet. Mit solchen Zentren, und falls möglich auch mit anderen europäischen Einrichtungen, wird unser „Münchner Forum für Islam“ gerne kooperieren – zum gegenseitigen Nutzen. Denn Imam wird man nicht allein durch Bücher und in Hörsälen. Hier braucht es die Einbindung in das „richtige Leben“ einer Gemeinde, die Erdung durch die tagtägliche Praxis. Das MFI könnte hier zum Beispiel die Möglichkeit von Praktika anbieten, die die universitäre Ausbildung (wenn es sie einmal für Imame geben wird) ergänzen.
Islamische Zeitung: Im Rahmen der aktuellen Debatte zur muslimischen Gemeinschaft wurde auch gefordert, Finanzierungen aus dem Ausland, analog zum österreichischen Gesetz, abzuschaffen. Ganz unabhängig davon, dass das sicherlich nicht beim Kampf gegen Radikalisierung helfen dürfte, lässt sich ein Riesenprojekt wie Ihres überhaupt ohne ausländische Hilfe realisieren?
Benjamin Idriz: Hier muss man unterscheiden, für den Erwerb des Grundstücks und für die Baukosten wird es, wie gesagt, ohne ausländische Großspender nicht gehen. Was aber dann den Betrieb des Zentrums angeht, werden Einflussnahmen von außen ausgeschlossen. Es ist ein wesentlicher Bestandteil des Selbstverständnisses dieses Projekts, dass Islam am Hier und Jetzt orientiert sein soll, also da, wo Menschen sich entschlossen haben, ihr Leben zu verbringen und die Zukunft ihrer Kinder und Enkel liegt. Die Bindung an Herkunftsländer war eine notwendige Phase in den ersten Jahrzehnten muslimischer Einwanderer in Deutschland. Aber jetzt muss etwas Neues entstehen, sonst blockieren wir die Zukunft des Islam in Deutschland.
Islamische Zeitung: Gibt es einen Druck auf öffentlich auftretende Gelehrte wie Sie, Rhetorik und Inhalte eines politisch-korrekten Diskurses zu übernehmen?
Benjamin Idriz: Meine Rhetorik und die Inhalte dessen, wofür ich stehe, was ich denke, sage und lebe, entstammen dem Qu’ran und der Sunna. Es geht darum, unsere Quellen in unsere heutige Wirklichkeit zu übertragen und uns ununterbrochen zu fragen: was bedeutet diese oder jene Aussage für uns hier und heute? Daraus resultiert eine sehr weitgehende Übereinstimmung zwischen dem Islam und den Werten einer demokratischen Gesellschaft. Mit Druck von woher auch immer hat das nichts zu tun.
Was wir allerdings schon spüren, ist der ständige Druck, sich gegenüber den nicht enden wollenden Verbrechen zu distanzieren, die im Namen unserer Religion begangen werden. Hier ist es schmerzlich, dass Politik und Gesellschaft nicht wahrhaben, dass uns als Muslime diese Verbrechen genauso selbstverständlich entsetzen, wie andere auch; oder sogar noch mehr, denn es ist schließlich unsere Religion, die von den Verbrechern missbraucht wird. Das eigentliche Problem ist dabei aber nicht der Druck sich zu distanzieren – sondern die Tatsache, dass solche Verbrechen immer wieder verübt werden.
Islamische Zeitung: Sind Sie mit der Rolle zufrieden, die Gelehrte heute in der innermuslimischen Debatte spielen? Es ließe sich ja kaum behaupten, dass diese – und ihr Wissen – einen nennenswerten Einfluss auf die Entscheidungsbildung hätten…
Benjamin Idriz: In den letzten drei Jahren können wir Muslime durchaus ein starkes religiöses Autoritätsdefizit wahrnehmen. Die traditionellen Azhar-Gelehrten sind entweder entmachtet oder stehen unter politischem Druck, wie die Persönlichkeiten Al-Qaradawi oder Al-Tayyib. Hier in Europa war der ehemalige Großmufti von Bosnien Mustafa Ceric eine Stimme, auch er ist nicht mehr in der Position, in der er war. In Syrien ist Said Ramadan Al-Bouti grausam ermordet worden, und so sind in den letzten Jahren die bekanntesten Gelehrten von der Weltszene verschwunden. Leider gehen positive Stimmen, wie die von Mehmet Görmez, dem Religionsoberhaupt der Türkei, in dem großen Trubel unter.
Wo keine Autorität – dort herrscht Chaos. Und dieses Vakuum füllen heute selbsternannte Pseudo-Gelehrte. In Deutschland stehen wir nicht anders da. In dem Maß, in dem neu ausgerichtete Zentren wie eben unser MFI in Deutschland entstehen werden, kann auch das, was an den Universitäten stattfindet, viel mehr an die Basis und in die Gemeinden dringen. Diese Entwicklung kommt gerade erst in Gang, aber sie ist, glaube ich, auf die Dauer sicher nicht aufzuhalten.
Islamische Zeitung: In der Vergangenheit haben Sie sich skeptisch in Sachen des „organisierten Islam“ geäußert. Was hat Ihren Sinneswandel, den Beitritt zum Zentralrat der Muslime, hervorgerufen?
Benjamin Idriz: Meine Gemeinde in Penzberg ist multiethnisch und hat aus dem Zusammenwirken von Menschen mit unterschiedlichen Wurzeln ungeheuer profitiert. Genau das möchte der Islam ja von uns! Deshalb kann sich die Gemeinde als Ganzes keinem ethnisch oder national orientierten Verband anschließen. Der Zentralrat vertritt meines Erachtens eine Ausrichtung, die dem entspricht.
Organisierte Strukturen für die Muslime in Deutschland habe ich schon immer befürwortet; in dem von mir mit herausgegebenen Buch „Islam mit europäischem Gesicht“ wird ein entsprechendes Modell entworfen. Es sollte aber nicht aus mehreren parallelen und womöglich konkurrierenden Verbänden bestehen, sondern aus einer umfassenden, anerkannten Institution.
Islamische Zeitung: Nachdem der KRM an die Wand gefahren scheint, sehen Sie Alternativen für die Zukunft? Wenn ja, welche?
Benjamin Idriz: Wir haben in den letzten Monaten erlebt, dass endlich eine muslimische Stimme in Deutschland sehr viel mehr wahrgenommen wurde, als das früher der Fall war. Das haben wir Muslime doch seit langem ersehnt und auch gefordert. Sollten wir nicht dankbar sein, dass das jetzt zu gelingen scheint und alle gemeinsam den- oder diejenigen nach Kräften unterstützen, die sich mit Erfolg darum bemühen?
Wenn manche diese Entwicklung gerade jetzt torpedieren, ist das ein verheerendes Signal an die Politik und an die Öffentlichkeit: Ihr könnt die Muslime weiterhin ignorieren, ihr braucht sie weiterhin nicht ernst zu nehmen und nicht einzubinden, sie werden sich auf absehbare Zeit selbst blockieren. Hier müssten wirklich alle muslimischen Entscheidungsträger ihre Verantwortung ernster nehmen, als ihre jeweiligen Einzelinteressen.
Islamische Zeitung: Es gibt eine Vielzahl von Aspekten, die im Denkschemata des politisch organisierten Islam nicht vorhanden sind – was sich auch als „muslimische Zivilgesellschaft“ bezeichnen ließe. Wie könnte diese Zivilgesellschaft zukünftig angemessen Beachtung finden?
Benjamin Idriz: Viele Muslime halten sich von Moscheen fern, weil deren Ausrichtung oder Orientierung an andere Ländern sie nicht anspricht. Hier brauchen wir neue Angebote. Diese Angebote können und sollten aber über die Gebete hinausgehen. Seit wir in München einen provisorischen Sitz für das MFI eröffnet haben, ist aus dem Stand eine sehr vitale Gemeinde entstanden, die Muslime anspricht, die teilweise seit vielen Jahren auf so etwas gewartet haben. Dazu gehören nicht nur die Freitagsgebete, sondern soziale Angebote, Vorträge und Diskussionen, die kritisch und offen gehalten werden, sodass sich auch solche angezogen fühlen, die der Religion bisher vielleicht eher noch distanziert gegenüber stehen.
Islamische Zeitung: Ihre Penzberger Gemeinde ist seit Jahrzehnten multikulturell geprägt und bietet umfassende Aktivitäten an. Handelt es sich dabei um das Modell der Zukunft?
Benjamin Idriz: Es wird wohl auch in Zukunft solche Muslime geben, die emotional an der Bindung an frühere Herkunftsländer festhalten wollen, und das kann ja auch sehr wertvolle Aspekte beinhalten. Aber die Zukunft des Islam in Deutschland wird nicht dominant türkisch, bosnisch oder arabisch sein – sonst wäre er tatsächlich kein Teil Deutschlands. Der Prophet Muhammad hat nicht Mekka nach Medina verpflanzt, sondern nach der Hidschra in Medina etwas Neues geschaffen.
Islamische Zeitung: Lieber Imam Benjamin, wir bedanken uns für das Gespräch.
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Der neue Vorsitzende des Islamrats, Burhan Kesici, steht vor zahlreichen Aufgaben. Von Malik Özkan
„Unter den Muslimen in Deutschland war Kizilkaya wegen seiner bescheidenen Art und eher stillen Amtsführung beliebt, die durchaus als Gegenmodell zur einer zu offensiven Medienarbeit verstanden wurde.“
Köln (iz). Burhan Kesici (42) ist der neue Vorsitzende des ältesten Spitzendachverbands der Muslime in Deutschland. Er löst damit Ali Kizilkaya (52) ab, der nach 13 Jahren nicht mehr kandidiert hatte. Kesici ist vor allem Berliner Muslimen ein Begriff und auch Vizepräsident der Islamischen Föderation Berlin.
Der aus Berlin stammende Kesici studierte dort Politikwissenschaften. Danach wurde er Mitglied und später Vizepräsident der Islamischen Föderation Berlin. Er gehört auch dem von der nordrhein-westfälischen Landesregierung berufenen Beirat für islamischen Religionsunterricht an und unterrichtet das Fach selbst in Berlin. In verschiedenen Fernsehauftritten hat Kesici schon bewiesen, dass er sachlich und klug argumentieren kann.
Ali Kizilakya hatte über ein Jahrzehnt lang die Geschicke des Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland geleitet. Unter den Muslimen in Deutschland war Kizilkaya wegen seiner bescheidenen Art und eher stillen Amtsführung beliebt, die durchaus als Gegenmodell zur einer zu offensiven Medienarbeit verstanden wurde. Seine Position war nicht immer leicht; lange Zeit war der Islamrat und sein Vorsitzender, trotz persönlich einwandfreier Integrität, wegen seiner Nähe zur oft kritisierten Milli Görüs (IGMG) in der Öffentlichkeit eher verfemt. Der Kölner Verband ist das weitaus größte Mitglied des Islamrats.
Erst in den letzten Jahren hat sich das Bild langsam verändert und Kizilkaya wurde als verlässlicher Dialogpartner stärker wahrgenommen. Er musst allerdings immer wieder gegen eine fragwürdige Assoziationslogik ankämpfen, die ihn in die Nähe eines der Milli Görüs immer wieder pauschal unterstellten Antisemitismus oder angeblicher Demokratiefeindlichkeit brachte. In der Logik von so genannten konservativ-organisierten gegen liberal-individuellen Muslime hatte er auch bei vielen Medien nicht immer einen leichten Stand.
Der Islamrat wurde 1986 gegründet und hat ein großes Potential. Ihm gehören etwa 37 Mitgliedsvereine mit schätzungsweise rund 150.000 Mitgliedern an. Viele der Mitgliedsorganisationen agieren im Umfeld des größten Mitgliedsverband, der IGMG. Der Islamrat ist auch Mitglied des im März 2007 gegründeten Koordinierungsrats der Muslime (KRM). In der öffentlichen Wahrnehmung ist der große Islamrat allerdings deutlich weniger präsent als der kleinere Zentralrat der Muslime.
Für den neuen Vorsitzenden Kesici dürften die anstehenden Aufgaben durchaus vielfältig werden. Es geht in erster Linie um ein neues, klares Profil des Verbandes. Er selbst erklärte nach seiner Wahl, für den Verband habe Priorität, den Dialog und die Einheit unter den islamischen Verbänden zu fördern. In den letzten Monaten war der Koordinationsrat allerdings nicht sehr einheitlich aufgetreten. Wie genau die künftig „Einheit der Muslime“ aussehen soll und wie er die Rolle des ZMD und der DITIB im KRM sieht, blieb noch offen.
Der Islamrat solle sich, jedenfalls nach dem Willen Burhan Kesicis, auch künftig konstruktiv an der Deutschen Islamkonferenz beteiligen und sich der gesellschaftlichen Themen im Zusammenhang mit dem Islam annehmen. Darüber hinaus muss er sicherlich auch die ethnische Vielfalt und Offenheit des Verbandes stärken und auch dem Eindruck entgegenwirken, der Verband sei als Dachverband nicht wirklich eigenständig.
Viele Mitglieder erwarten von dem neuen Vorsitzenden einerseits eine klare Positionierung in Deutschland, ohne andererseits die traditionellen Verbindungen zur Türkei zu verleugnen.
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Der KRM scheint vor der Auflösung – ist das Teil eines Problems, oder eher die Lösung?
(iz). Vor jeder Reflexion oder Kritik am organisierten Islam in Deutschland, muss natürlich für alle beitragenden Akteure zunächst die Selbstkritik stehen. Salopp gesagt, „nobody is perfect“ und es ist für den neutralen Beobachter immer leichter zu kritisieren, als selbst aktiver Teil einer positiven Lösung zu sein. Natürlich ist es aber auch für uns Muslime legitim, sich an den inhaltlichen Debatten zu beteiligen und auch öffentlich auf diverse Widersprüche hinzuweisen. Kein Verband darf sich heute noch ernsthaft über dieses Phänomen beklagen, gerade auch, weil sich viele Verbandsvertreter selbst inzwischen gerne in den Medien positionieren. Eine ganz andere Frage ist es, ob eine echte innerislamische Debatte – im Vergleich zum kühlen Austausch von Pressemitteilungen – immer noch der bessere Weg wäre, um gemeinsam auf dem Teppich zu bleiben.
Wer sollte aber so einen konstruktiven Austausch organisieren? Beinahe ironisch klingt es heute, wenn man hier zunächst an einen „Koordinationsrat der Muslime“ denken sollte. Mit diesem Anspruch, eine Vertretung der Muslime zu sein – und großen Hoffnungen – ist der KRM 2007 an den Start gegangen. Der erste KRM-Sprecher, Ayyub Axel Köhler, erklärte damals selbstbewusst der „Mitteldeutschen Zeitung“: „Wir vertreten viel mehr Leute, als bei uns Mitglied sind.“ Der damalige Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, pries ausdrücklich die „Handlungsfähigkeit“, welche die Muslime mit der Gründung des KRM bewiesen hätten. Das war gestern. Die Macher zeichnen sich in diesen Tagen eher durch Wortkargheit gegenüber ihrer eigenen Basis aus und klären kaum öffentlich auf, was die Lage des Rates wirklich ist.
Heute, einige Jahre nach der vollmundigen Ankündigung einer neuen Einheit der Muslime, scheint der KRM nach internen Querelen jedenfalls kaum noch handlungsfähig. Vielleicht wird er künftig nur noch den jährlichen Ramadankalender und eine Pressemitteilung zum Eid-Fest veröffentlichen. Will man verstehen, warum das so ist, muss man sich zunächst über die Konstruktionsfehler des Über-Verbandes klar werden. Tatsächlich ist das Scheitern des zentralen Koordinierungsgremiums der Muslime auf Grundlage des kleinsten gemeinsamen Nenners nicht wirklich überraschend. Dies hat weniger mit den involvierten Persönlichkeiten zu tun, sondern eher mit den oft unreflektierten Techniken der Macht, an die uns der politische Islam über die Jahre gewöhnt hat.
Es wäre tatsächlich ein Feld für sich, über Phänomene wie „islamischer“ Staat und „islamischer“ Verein und den aus diesen Formen entstehenden Habitus grundsätzlich nachzudenken. Hierher gehört auch die Historie der beteiligten Verbände; oft von Immigranten gegründet, die im deutschen Vereinsrecht zunächst die einzige mögliche Organisationsform für ihre muslimischen Anliegen vorfanden. Es ist keine Nebensächlichkeit, dass das eigentlich zentrale Anliegen politischer Formation im Islam, die lokale und unmittelbare Verteilung der Zakat, in dieser Rechtsform gerade nicht nach altem Vorbild umgesetzt wurde. Über Jahrhunderte war die Erhebung und gerechte Verteilung der Zakat die Legitimationsbasis politischer Führung überhaupt. Den organisierten Islam interessierte die korrekte, dezentrale Umsetzung dieser Säule des Dins weniger. Er strebte durch Mitgliedsbeiträge, Zakat-Zahlungen ins Ausland und durch die Mehrung der Vereinsmitglieder in erster Linie nach dem profanen Machtzuwachs, der mittels Vereinsrecht erreichbar schien. Das unterschwellige Machtkalkül der Verbände stellte aber auch die Idee einer echten Einheit der Muslime von Beginn an in Frage.
Da muslimische Vereine sich gerade ihrer inneren Struktur nach und nur über die eigene Machtsteigerung definieren, war die Idee einer politischen Einheit der Verbände von jeher fragil. Bisher war es für jede Organisationen unausgesprochen klar, dass eine Zeitung, die Schule oder die Moschee die „eigene“ sein müsse.
Die Idee einer offenen Infrastruktur dagegen – zum Beispiel Stiftungen, die den Muslimen an sich gewidmet ist und außerhalb der eigenen Machtstruktur verortet wird – blieb diesem Denken naturgemäß fremd. Im Organisationsmuster wurde die Lehre dem politischen Willen der Verbände untergeordnet und die „ökonomischen Akteure“ – zum Beispiel die erfolgreichen muslimischen Geschäftsleute – organisatorisch ausgegrenzt.
Es gab aber noch andere Probleme, die der Koordinationsrat von Beginn an nicht überwinden konnte. Die unterschiedlichen Mitgliederzahlen der Beteiligten hätten jeden demokratischen Prozess in dieser politischen Einheit ad absurdum geführt. Die Folge war ein lähmendes Vetorecht des größten beteiligten Verbandes, der DITIB. Eine starke, gar den Verbänden übergeordnete Führungsebene des Koordinationsrates war aber auf dieser Grundlage des Politischen von vornherein undenkbar; hätte sie doch von einer übergeordneten Ebene aus agieren können. Unter diesen Umständen durfte der KRM weder finanziell, noch personell wirklich erstarken.
Vielleicht wäre es immer noch möglich, etwas guten Willen vorausgesetzt, diese Konstruktionsprobleme durch eine kleinere, aber effektive Agenda zu überwinden. Natürlich könnte zum Beispiel eine würdige Repräsentanz der Muslime in Berlin wünschenswert sein. Nach wie vor gibt es einigen Koordinationsbedarf und nach wie vor gilt das Argument, dass ein Untergang des KRM letztlich auch die gesellschaftlichen Ansprüche der Muslime schwächen würde. Es ist schon jetzt absehbar, das kleinere Verbände leichter gegeneinander ausgespielt werden können. Tatsächlich scheint diese pragmatische Möglichkeit einer pro forma Einheit nun auch durch persönliche Konflikte erschwert.
Der Streit um den agilen, an sich aber relativ kleinen „Zentralrat“ der Muslime (ZMD) unter Führung seines Vorsitzenden, Aiman Mazyek, zeigt hier das aktuelle Dilemma. Seine Stärke sind weniger die großen Mitgliedszahlen, als das „symbolische Kapital“, das sich der Vorsitzende Mazyek über jahrelange Medienarbeit hart erarbeitet hat. Während die türkischen Verbände nur langsam und mühsam eine Sprache für den Diskurs fanden, hat Mazyek längst schon viele unterschiedliche Themenfelder auf öffentlicher Bühne besetzt.
Nicht immer ist der Entscheidungsprozess dabei transparent und oft wirkt es für Außenstehende, als würde hier sogar im Namen aller Muslime gesprochen. In der letzten Pressekonferenz des ZMD – aufgeschreckt durch Angriffe der Partnerverbände, die den Vorwurf lanciert hatten, der ZMD würde sich auf Kosten aller Muslime profilieren – stellte Mazyek dann klar, dass man keinen Anspruch auf Vertretungsmacht aller Muslime stelle und sich zunächst eben alleine entwickeln wolle. Und – etwas gönnerhaft – fügte die Vizechefin des ZMD Soykan hinzu, es könnten ja auch die anderen Verbände die öffentliche Bühne suchen.
So tritt Mazyek weiter auf, hält Festreden auf der Dresdner Opernbühne, diskutiert mit dem DFB, bekommt das „Seniorensiegel“ verliehen und ist so beinahe täglich in den Medien präsent. Spätestens seit seinem Ausflug mit Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, einem Duzfreund Mazyeks, in die Golfregion, begegnet dem umtriebigen ZMD-Chef dabei auch des Öfteren Neid und Missgunst. Sachlicher wirkt die Kritik, dass er – übrigens ähnlich wie SPD-Chef Gabriel – recht sprunghaft Positionen und Themen wechselt. So war bei seinem heftig kritisierten Vorstoß für ein Islamgesetz nach österreichischem Vorbild schnell nicht mehr klar, ob er denn ursprünglich dafür oder dagegen war. Allerdings wirkte sein Seitenhieb gegen die Fremdfinanzierung türkischer Imame dann schon wie das bewusste Durchtrennen der Freundschaftsbande mit den türkischen Partnern.
Es ist keine Frage, dass Aiman Mazyek immer wieder die muslimische Sache wortgewaltig vertritt. Sein Gespür für die Situation, zum Beispiel bei der Organisation der Berliner Mahnwache gegen den Terrorismus, die er mit Unterstützung großer Parteien perfekt inszenierte, rechtfertigt noch keine Ablehnung. Er hat auch Recht, wenn er postuliert, dass Muslime in Deutschland endlich ankommen müssen. Es wäre sogar logisch und für alle Muslime naheliegend, dass er mit seinen Talenten auch dem Koordinationsrat etwas mehr Leben verleiht. Nur, auch hier holt ihn eben die Logik der Machtansprüche wieder ein.
Die türkischen Verbände fürchten, dass ein agiler KRM-Sprecher oder selbstbewusster Generalsekretär inhaltliche Fakten schaffen könnte. Gleichzeitig hört man aus den Reihen der DITIB, dass man an einem zentralen Verband sowieso wenig Interesse habe; man befürchte eine Art kirchliche Struktur, die dem pluralen Charakter des Islam eben nicht entspreche. So sagt man wohl in diplomatischen Worten Adieu zu den Bemühungen, übergeordnete Koordination weiter gedanklich zuzulassen.
Im Ergebnis wird wohl jeder wieder für sich bleiben und ZMD-Boss Mazyek wird so künftig – wie bereits angekündigt – in erster Linie den Ausbau des Zentralrats vorantreiben. Im schlimmsten Fall wird er dabei als geschickter Stratege, und mit entsprechender Medienunterstützung, das Markenzeichen „liberal“ für seinen Verband beanspruchen und die antiquierte Dialektik „Konservative gegen Liberale“ für sich und seine Organisation nutzen. Die so überfällige wie mühsame Einebnung der destruktiven Logik von „Liberalen gegen Konservative“ wäre damit „politisch“ wieder aufgehoben.
Was also tun? Vielleicht ist es de facto einfach ehrlicher, die plurale Struktur unserer Gemeinschaften zu akzeptieren. Zumindest das Ausloten gemeinsamer Interessen sollte dies natürlich nicht ausschließen. Es droht damit die weitere Verödung der innerislamischen Diskussionen, schon jetzt drehen sich die Verbände viel zu sehr um sich selbst. Andererseits, ist es vielleicht auch einfach an der Zeit, die gewohnte Bevormundung durch politische Vereine und den facettenreichen politischen Islam an sich in Frage zu stellen. Es erinnern sich viele schließlich an die zeitlose islamische Weisheit: „Wer die Macht für sich will, ist dafür am Wenigsten geeignet.“
Für nicht wenige Muslime sind es bereits heute die anderen, unverzichtbaren Elemente islamischen Zusammenlebens – wie Stiftungen, NGOs und unabhängigen Gemeinden –, die Querverbindungen zwischen den Muslimen herstellen, sich bewusst dem Machtspiel entziehen und wichtiger geworden sind, als der ewige Tanz um die Macht.
Eine anderer Trend kündigt sich ebenso an. Viele junge Muslime an der Basis können mit dem Zentralismus der 1980er Jahre wenig anfangen. Sie sind in Deutschland zu Hause und leben auch nicht mehr mit der Logik ethnischer Trennlinien. Sie wollen etwas vor Ort tun, keine Bürokratie aufbauen und nicht nur Befehlsempfänger sein. Als Organisationsmodell der Basis, die den höchsten gemeinsamen Nenner sucht, wie die Zakat, bietet sich von jeher das Umfeld lokaler Moscheegemeinden an. Den jungen Leuten geht es dort weniger um Repräsentation, als um die alltäglich gelebte und immer mögliche Erfahrung der Einheit im Rahmen überzeugender Wissensvermittlung. Wenn sie Parteiatmosphäre erleben wollen, dann gehen sie eben gleich in die Politik. Eine starke, „verjüngte“ Basis wird auch ohne Mühe die Verhältnisse umkehren; also von unten nach oben ermächtigen, statt von oben nach unten dominiert zu werden.
Ersin Özcan: „Ich halte die Diskussionen für sehr unglücklich“
(iz). Die Debatten rund um das Islamgesetz in Österreich haben in den letzten Wochen auch Muslime und Politik in Deutschland beschäftigt. Forderungen nach einem ähnlichen Gesetz wurden auch hier laut. […]
Muslime in Deutschland und Frankreich reagieren mit einhelliger Abscheu und Ablehnung auf den Pariser Anschlag
„Der schreckliche Anschlag von Paris hat uns alle erschüttert. Dieses abscheuliche Verbrechen ist durch nichts zu rechtfertigen. Unser Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen der Opfer, den Beteiligten und dem französischen Volk.“ (Ali Kizilkaya)
Paris/Berlin (KNA/iz) Nach dem blutigen Terroranschlag auf das französische Magazin „Charlie Hebdo“ haben Islamvertreter zu Demonstrationen gegen den Terrorismus aufgerufen. Bei einem Krisentreffen zahlreicher Islam-Organisationen am Donnerstag in der großen Moschee von Paris forderten sie alle Muslime Frankreichs auf, beim Freitagsgebet eine Schweigeminute für die Opfer des Terroranschlags abzuhalten. Einer der vier französischen Islamgelehrten, die am Mittwoch zu einer interreligiösen Begegnung mit dem Papst nach Rom gereist waren, rief seine Glaubensbrüder in Frankreich zu Massendemonstrationen auf.
Die unter Federführung des französischen Islamrats CFCM stattfindende Versammlung in Paris erklärte, alle Muslime Frankreichs sollten sich der für Samstag angesetzten nationalen Friedensdemonstration anschließen. Dabei sollten sie ihren Wunsch nach einem friedlichen Zusammenleben und nach Respekt für die Werte des Landes zum Ausdruck bringen.
Mohammed Moussaoui, Vorsitzender der Vereinigungen der Moscheen Frankreichs, betonte laut der französischen Zeitschrift „La Vie“ in Rom, die Ereignisse von Paris verstärkten die Notwendigkeit des Dialogs zwischen den Religionen. Den Terroristen warf er vor, den Islam für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.
Trotz mehrfacher Aufrufe von Politikern und Religionsvertretern, Ruhe zu bewahren und keine Racheakte zu verüben, wurden in Frankreich in der Nacht zum Donnerstag mehrere muslimische Einrichtungen angegriffen. Medienberichten zufolge setzte ein Unbekannter am Mittwochabend im südfranzösischen Port-la-Nouvelle mit einer Schrotflinte in einem muslimischen Gebetsraum mehrere Schüsse ab. Da das Gebet bereits beendet und der Saal leer war, wurde niemand verletzt.
Muslime in Deutschland drückten Hinterbliebenen ihr Beileid aus
Binnen 24 Stunden nach dem Anschlag haben die meisten größeren und viele mittlere muslimische Vereinigungen eindeutig auf die Morde in Frankreich reagiert. In einer Pressemitteilung vom Mittwoch, den 7.1.2015, verurteile der amtierende Sprecher des Koordinationsrates der Muslime (KRM), Erol Pürlü vom Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ), den „feigen Anschlag“ im Namen seines Gremiums. „Terror hat keinen Platz in irgendeiner Religion. Wir verurteilen diesen feigen Akt auf das Schärfste. Unser Beileid und tiefstes Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen.“
Auch die einzelnen KRM-Mitglieder gingen am gleichen Tag beziehungsweise am 8.1.2015 an die Öffentlichkeit. Ali Kizilkaya vom Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland zeigte sich „erschüttert“. Dieses abscheuliche Verbrechen ist durch nichts zu rechtfertigen. Unser Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen der Opfer, den Beteiligten und dem französischen Volk.“ Mit diesem grausamen Akt hätten die Attentäter den Propheten Muhammed und die Religion des Islams verhöhnt und beleidigt.
Der deutsche Moscheen-Dachverband Ditib zeigte sich indes besorgt über eine erhöhte Gefahr für islamische Einrichtungen in Deutschland. Man müsse „damit rechnen, dass Neonazis, Pegida-Aktivisten und Islamhasser diesen schrecklichen Terrorakt zum Anlass nehmen, ihre Angriffe zu vermehren“, sagte der Bundesvorstandssprecher der türkisch-islamischen Organisation, Bekir Alboga, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Vom größten Islamratsmitgliedsverband, der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs, meldete sich deren Generalsekretär, Mustafa Yeneroğlu, in einer Erklärung zu Wort. Das Ziel solcher Gewalttaten sei ungeachtet deren Quelle „die Zerstörung des gesellschaftlichen Friedens“. Daher sei es wichtig, „dass wir geschlossen auf diese schockierende Tat reagieren, damit die Angreifer ihr Ziel nicht erreichen können“. Dass seine Befürchtungen nicht unbegründet seien, zeigten drei Übergriffe gegen muslimische Einrichtungen in Frankreich seit gestern.
Noch am gleichen Tag verurteilte der Zentralrat der Muslime die Anschläge in Paris. „Es gibt in keiner Religion und keiner Weltanschauung auch nur einen Bruchteil einer Rechtfertigung für solche Taten. Dies ist ein feindlicher und menschenverachtender Akt gegen unsere freie Gesellschaft. Durch diese Tat wurde nicht unser Prophet gerächt, sondern unser Glaube wurde verraten und unsere muslimischen Prinzipien in den Dreck gezogen.“ Es stehe zu befürchten, dass der Anschlag „neues Wasser auf den Mühlen von Extremisten jeglicher Couleur“ sein werde. „Wir rufen alle dazu auf, dem perfiden Plan der Extremisten nicht auf dem Leim zu gehen, die die Gesellschaft spalten.“
Der Kölner Journalist Eren Güvercin zeigt sich schockiert von der Perversität des Anschlags. Für ihn ist es nun umso wichtiger, dass die muslimische Gemeinschaft die Gefahr modernistischer Sekten erkennt und die Frage nach islamischen Inhalten aufarbeitet. Der Münchener Imam Benjamin Idriz verurteilt das Verbrechen scharf und erinnerte an das prophetische Vorbild des Vergebens. Wenn auch mahnte er zum Respekt vor den Gefühlen der Gläubigen aller Religionen. Er stellt fest, dass die Täter weder zu Europa, noch zum Islam gehören.
Über Facebook, Twitter und Instagram initiierte die Islamische Zeitung den Hashtag #VerteidigeDenPropheten, um einem Missbrauch des Propheten Muhammed durch Hass und Gewalt entgegenzuwirken.
Eine IZ-Leserin begrüßte auf Facebook die Haltung der IZ-Redaktion zu den Pariser Vorgängen: „(…) das lässt immer noch hoffen, dass der Nährboden des Extremismus versalzen werden kann, wenn wir mit Vernunft und Besonnenheit auf Eskalationsversuche verirrter Irrer reagieren.“ „Diese Idioten“, beklagte eine Leserin die Taten, „werden jetzt wieder Millionen friedliche Moslems mit tatkräftiger Unterstützung der Medien in den Schmutz ziehen.(…) Hoffe, dass die Vernunft siegt“.
Die IZ-Redaktion wird das Thema im Rahmen ihrer online- und Druckausgabe weiter begleiten. Alle Leser- und AutorInnen sind eingeladen, sich mich konstruktiven Beiträgen und Leserbriefen zu beteiligen. (sw & ak)
Lassen sich aus den Brandanschlägen Bedeutungen für die muslimische Gemeinschaft ableiten?
(iz). Nach einer Brandstiftung durch Unbekannte auf eine Bielefelder Moscheegemeinde am 11. August kam es am Morgen vom 18. August zu einem weiteren Anschlagversuch auf eine andere Lokalität. Laut Berichten […]
Neues Konzept zur Islamkonferenz bis Mitte März
Berlin (KNA). Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) will bis Mitte März ein Konzept zur Fortsetzung der Islamkonferenz vorlegen. Das kündigte der Minister am Montag in Berlin nach einem ersten Gespräch mit Vertretern muslimischer Verbände an. Bei der Unterredung habe man sich auf Inhalte konzentriert „und gemeinsam diskutiert, wie wir unseren Dialog ergebnisorientiert und nach vorne schauend fortsetzen können“, sagte der Minister. Die Gespräche würden in den kommenden Wochen fortgesetzt, um sich über Ziele, Themen, Struktur und Aufbau der Konferenz verständigen.
Nach Angaben des Ministeriums nahmen sieben Verbände an dem Treffen teil, darunter die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) und der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD). Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, zeigte sich nach dem Gespräch optimistisch. „Heute haben wir tatsächlich ergebnisoffen, auch formatsoffen und inhaltsoffen gesprochen“, sagte Mazyek der Deutschen Welle. Es gehe darum, den Islam als Teil der Gesellschaft in Deutschland zu verstehen.
Nach Ansicht des Wissenschaftlers Bülent Ucar sollte bei einer Neuausrichtung die gleichberechtigte Anerkennung des Islam als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Mittelpunkt stehen. „Weil diese Frage auf Landesebene zu klären ist, müssen die Bundesländer viel stärker in die Islamkonferenz einbezogen werden“, sagte der Direktor des Instituts für islamische Theologie an der Universität Osnabrück der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag). Nur durch eine rechtliche Gleichstellung der islamischen Gemeinden mit anderen anerkannten Religionsgemeinschaften in Deutschland lasse sich ein Dialog auf Augenhöhe führen.
Ucar lobte zugleich die Initiative de Maizieres, auf die islamischen Verbände zuzugehen und den Austausch zu suchen. Er appellierte an die Verbände, die sich in der Vergangenheit aus der Islamkonferenz zurückgezogen hatten, sich auf einen erneuten Dialog einzulassen. „Besonders wichtig ist es, dass der Islamrat und der Zentralrat der Muslime an der nächsten Islamkonferenz teilnehmen“, sagte der Islamwissenschaftler. „Diese beiden großen Verbände müssen die Bereitschaft zeigen, mitzuwirken.“
Die Linke bezeichnete unterdessen die Islamkonferenz als Symbolpolitik. Statt ihre gesellschaftliche Anerkennung zu fördern, habe die Konferenz Muslime bislang eher als problematische Gruppe erscheinen lassen, erklärte die migrationspolitische Sprecherin der Links-Fraktion, Sevim Dagdelen. „Integration ist eine soziale, keine religiöse Frage“, so Dagdelen. Es müsse um die soziale und politische Teilhabe aller hier lebenden Menschen gehen – unabhängig von ihrer sozialen, kulturellen oder religiösen Herkunft. Dazu bedürfe es „keiner Konferenzen oder Kommissionen, sondern einer anderen Politik mit praktischen Schritten zu rechtlicher und sozialer Gleichstellung“.
De Maiziere trifft sich ab Montag mit muslimischen Verbänden
Berlin (KNA). Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) will sich bereits am Montag mit muslimischen Verbänden treffen. Dann soll über die Zukunft der Deutschen Islamkonferenz (DIK) beraten werden, wie der Berliner „Tagesspiegel“ (Samstag) berichtete. De Maiziere hatte vor wenigen Tagen angekündigt, er wolle die Islamkonferenz nicht in der bisherigen Form fortsetzen.
Nach Informationen der Zeitung wurde auch der Islamrat zu den Gesprächen eingeladen. De Maiziere hatte ihn während seiner ersten Amtszeit als Minister von der Konferenz mit der Begründung ausgeschlossen, dass gegen hohe Mitglieder der Vereinigung Milli Görüs, die dem Islamrat angehören, ermittelt werde.
Das Ministerium hatte auf Anfrage der Zeitung aber nur die Einladung an die aktuell vertretenen Organisationen bestätigt. Dazu gehören die türkisch-islamische DITIB, die Alevitische Gemeinde, der Verband der islamischen Kulturzentren VIKZ, die Türkische Gemeinde, die Vertretungen von bosnischen und marokkanischen Muslimen und der Zentralrat der Muslime (ZMD). Der Islamrat sei für Gespräche am Mittwoch eingeladen, so die Zeitung weiter.
Bundesinnenminister sucht nach Alternativen für Islamkonferenz
Frankfurt (KNA). Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) will laut einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ die Deutsche Islamkonferenz in ihrer alten Form nicht wiederaufleben lassen. „Eine reine Wiederholung angesichts der Debatten in den vergangenen Jahren halte ich nicht für sinnvoll“, zitiert das Blatt in seiner Mittwochsausgabe den Minister. Er wolle, so de Maiziere, die muslimischen Verbände in Deutschland zu einem Gespräch einladen, „um ihre Meinung zu hören“. Noch im Januar werde ein solches Treffen stattfinden.
Bei der Gelegenheit will de Maiziere die Verbände darum bitten, ihre Vorstellungen darüber zu präsentieren, was sie sich von einer Fortsetzung der Konferenz erwarten und welche Themen sie dabei im Auge haben. Wenn es eine neue Konferenz geben sollte, müsse sie nicht unbedingt Islamkonferenz heißen. „Wie wir das nennen, müssen wir dann sehen.“
Die erste Sitzung der Deutschen Islamkonferenz fand im September 2006 unter dem damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) statt. Im Mai vergangenen Jahres war die Konferenz unter de Mazieres Amtsvorgänger Hans-Peter Friedrich (CSU) auf ihrer letzten Sitzung im Streit darüber auseinandergegangen, ob die Konferenz weiter vom Innenministerium geführt werden solle und ob Sicherheitsfragen und Extremismus im Vordergrund stehen dürften.