Inmitten einer unrühmlichen politischen Elite ist der beliebte Imran Khan eine seltene Ausnahme. Viele hoffen auf seinen Sieg bei den kommenden Wahlen und auf ein Ende der Korruption.
(iz). Pakistan steht am Abgrund. Das ist keine Übertreibung. Innenpolitisch ist das zweitgrößte muslimische Land zerrissen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Parteien und Anhänger der mächtigen Bhutto- und Sharif-Clans streiten um die armseligen Ressourcen dieser großartigen muslimischen Nation. Gleichzeitig befindet sich Pakistan im Fadenkreuz westlicher Strategen und ein zukünftiger Konflikt mit Washington ist nicht ausgeschlossen.
Ökonomisch liegt das Land zwischen Hindukusch und Indus am Boden. Nach der verheerenden Flut stehen die Dinge so, dass die Überweisungen der Auslandspakistanis (ca. sechs Millionen) dem gesamten Bruttoinlandsproduktes entsprechen. Augenblicklich nimmt das Land den letzten Platz bei globalen Korruptionsstatistiken ein. Kaum ein anderes Land darf sich rühmen, dass sein Präsident (Asif Zardari, Witwer der ermordeten Benazir Bhutto) als „Mister 10 Prozent“ bekannt ist, weil ihm 10 Prozent sämtlicher, wichtigen Geschäftsabschlüsse zufließen sollen. Bhuttos 23-jähriger Sohn wurde zum Erben der Familienpartei PPP gemacht.
Inmitten dieses Chaos, erwächst im Zentrum der größten Not ein Mann, der in den Augen vieler mit nichts Geringerem als mit „Hoffnungsgestalt“ bezeichnet werden kann: Imran Khan. Lahore, die ehemalige Kaiserstadt und jahrelanges Zentrum der Partei des diskreditierten Nawaz Sharif, wurde von einem menschlichen „Tsunami“ getroffen. Eine Welle nach der anderen flutet auf den Platz des Minar-e-Pakistan. Mit sich führen sie die grün-rote Fahne der Tahreek-e-Insaaf, der neuen, erfolgversprechenden Partei unter Führung des charismatischen Khans, der 1952 als Nachkomme des respektierten Niazi-Stammes im Punjab zur Welt kam. Zwei Wochen später sammelten sich ebenfalls hunderttausende in Karatschi um den dynamischen Imran Khan, der den unterschiedlichsten Menschen als einziger Ausweg gilt. „Ich verspreche euch, dass wir die große Korruption binnen 90 Tagen ausschalten“, rief er der Menge zu. Laut einer Umfrage vom Ende Dezember gilt er bei Weitem als die beliebteste politische Figur im Land. 81 Prozent der Befragten bezeichneten ihn als die Person, die ihr Land führen kann.
„Meine Zeit ist gekommen“, sagte Imran Khan im Gespräch mit der britischen Tageszeitung „The Daily Telegraph“. Jahrelang wurde er von Journalisten abgeschrieben, weil seine Partei eine Wahlniederlage nach der anderen einstecken musste. Im Vorfeld der kommenden Wahlen surft er aber auf einer Welle der populären Unterstützung. Nichtsdestotrotz sei ihm bewusst, dass es auch zu Schmutzkampagnen gegen seine Person kommen werde. „Sie werden alles mögliche gegen mich einsetzen“, war seine realistische, wie stoische Einschätzung gegenüber der britischen Zeitung.
Der Volksheld Imran Khan, dessen Beliebtheit damit begann, als er Pakistans Cricketteam zum Weltmeistertitel führte, gründete später eine gemeinnützige Krebsklinik und sammelte deutlich mehr Spenden für die Flutopfer als Ministerpräsident Gilani. Khan reist – in einem Land mit gewohnheitsmäßigem politischen Terrorismus – übrigens in ungepanzerten Fahrzeugen. Es werde keinen Selbstmordanschlag auf seine Autos geben, erklärte er dem „Telegraph“. Die Leute wissen, „dass ich ein stolzer, pakistanischer Nationalist bin – und keine amerikanische Marionette.“
Die Stimmung auf jeder Versammlung in Lahore, Karatschi und anderen Orten verweist auf eine Führungsgestalt, der die Leute vertrauen, so wie sie ihm früher als pakistanischem Teamchef vertrauten. Heute ist er für sie die einzige Hoffnung, nachdem sie Jahrzehntelang allein gelassen wurden. Diese Unterstützung der Menschen wird durch Hoffnung beflügelt: Sie glauben an ihn, denn er hat den hartnäckigen Willen zum Erfolg. Das beste Maß eines Mannes in Pakistan ist das seines Glaubens.