Tempelberg: Trump-Plan birgt Sprengstoff

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Mit einem am 28. Januar vorgestellten Plan will US-Präsident Trump den Frieden zwischen Israelis und Palästinensern fördern. Mit Blick auf Jerusalem und den Tempelberg birgt das Konzept jedoch gefährlichen Sprengstoff. Von Andrea Krogmann

Washington/Jerusalem (KNA). Wer darf auf dem Tempelberg was? An dieser Frage haben sich in der Vergangenheit immer wieder gewalttätige Spannungen zwischen Palästinensern und Israelis entzündet. Diesen Streit droht der am 28. Januar vorgestellte Nahost-Friedensplan von US-Präsident Donald Trump erneut zu befeuern, indem er Gebetsrechte für alle fordert. Waren der Status Quo und seine Einhaltung bisher Garanten für eine fragile Ruhe an dem für Juden und Muslime gleichermaßen heiligen Ort, birgt der mit Spannung erwartete US-amerikanische Ansatz die Gefahr erneuter Konflikte an einer der sensibelsten Stelle des Nahostkonflikts.

Zwar fordert das Papier mit dem Titel „Frieden für Wohlstand“, an den bestehenden Hoheiten und Abläufen rund um die heiligen Stätten festzuhalten. Israel werde „eng mit einem wunderbaren Menschen, dem König von Jordanien zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der Status Quo des Tempelbergs aufrechterhalten wird“, sagte Trump bei der Vorstellung des Plans in Washington.

Der Wortlaut des Plans ist in Sachen Status Quo allerdings weniger eindeutig. Im Glossar verweist das Dokument bezüglich muslimischer heiliger Stätten auf das israelisch-jordanische Friedensabkommen von 1994. Danach liegt die Verwaltung des Tempelbergs, arabisch „Haram al-Scharif“ (edles Heiligtum) in den Händen der islamischen Wakf-Behörde mit Jordanien als Verwalter. Der Tradition nach brach hier, am Standort von Felsendom und Al-Aksa-Moschee, der Prophet Mohammed zu seiner Himmelsreise auf.

Die Verantwortung für den Schutz aller heiligen Stätten Jerusalems, liest sich Trumps Plans weiter, habe mit dem Sechstagekrieg 1967 Israel übernommen. Es folgt eine Liste von Orten, die „ohne Einschränkung“ in diese israelische Verantwortung fallen sollen, allen voran: der Tempelberg. Anders als „viele frühere Mächte“ in Jerusalem, „die heiligen Stätten anderer Glaubensrichtungen zerstört haben“, sei Israel für deren Erhalt sowie den Erhalt eines religiösen Status Quo zu loben. An dieser Praxis, so Trumps Plan, solle angesichts der „lobenswerten Bilanz seit mehr als einem halben Jahrhundert“ sowie der „extremen Sensibilität“ in Bezug auf einige dieser Stätten festgehalten werden.

„In den gestrigen Kommentaren haben wir sehr deutlich gemacht, dass der Status quo erhalten bleibt und Jordaniens besondere Rolle in Bezug auf Haram al-Sharif bekräftigt wird“, erklärte ein US-Vertreter in Washington auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Ein Bruch mit dem Status Quo ist gleichwohl wörtlich im Trump-Plan festgeschrieben. „Menschen jeden Glaubens sollte es gestattet sein, auf dem Tempelberg/Haram al-Sharif in einer Weise zu beten, die ihrer Religion voll und ganz entspricht, wobei die Zeiten der Gebete und Feiertage jeder Religion sowie andere religiöse Faktoren zu berücksichtigen sind.“ An genau dieser Forderung – Gebetsrechte für Juden – entzündete sich in den letzten Jahren immer wieder Gewalt. Gegenwärtig dürfen Nichtmuslime den Tempelberg zu bestimmten Zeiten betreten. Das öffentliche Gebet ist wie das Betreten des Felsendoms und der Al-Aksa-Moschee Muslimen vorbehalten.

Eine besondere Bedeutung innerhalb der christlichen Gruppen hat der Tempelberg für viele, oft Israel nahestehende evangelikale Christen, die wie nationalreligiös-jüdische Gruppen über die Einschränkung der Gebetsfreiheit an der Stätte klagen. Das Neue Testament berichtet mehrfach von Jesus im Tempel. Der Tempelberg wird damit zu einem von Jesus besuchten Ort, der sich anders als viele andere neutestamentarische Orte zweifelsfrei lokalisieren lässt.

Auch die zahlreichen christlichen heiligen Stätten von der Grabeskirche über die Via Dolorosa bis zu etlichen Gotteshäusern in Ostjerusalem fehlen nicht in der Trumpschen Auflistung der von Israel zu schützenden Heiligtümer – auch dies eine Rolle, die nach bestehendem Status Quo Jordanien als Schutzmacht zukommt.

Ohne die Zustimmung der beiden Völker, Israelis und Palästinenser, könne „kein Vorschlag und keine ernsthafte Perspektive erreicht werden“, reagierten die katholischen Bischöfe im Heiligen Land (Assemblee des Ordinaires Catholiques de Terre Sainte/AOCTS) in einer Stellungnahme von Mittwochnachmittag auf den US-Plan.

Diese Vorschläge müssten „auf Gleichberechtigung und Würde beruhen“. Bedingungen, die „Frieden für Wohlstand“ nicht erfülle, weil der Plan „den Palästinensern keine Würde und Rechte gibt“. Dieses Konzept, so die Bischöfe, „wird keine Lösung bringen, sondern zu mehr Spannungen und wahrscheinlich zu mehr Gewalt und Blutvergießen führen“.