„Terminator Planet“: Der barbarische Einsatz von Killerdrohnen ist zu einem Synonym unserer Zeit geworden. Von John Feffer

Ausgabe 205

(IPS). Wie Nick Turse und Tom En­gelhardt in alternierenden Kapiteln ihres erschre­ckenden, neuen Buches „Terminator Planet“ schreiben, waren die Drohnen und ihr Einsatz von Beginn an ein Teil des amerikanischen Sonderwegs. Eingeführt wurden sie in den späten 1990er Jahren, um während des Kosovokriegs Überwachungen durchzuführen. Bald sollten sie zu einem wichtigen Element der US-Dominanz über die Lufträume werden. Wie die beiden Autoren zeigten, hatten die US-Piloten bereits vor Einführung der unbemannten Flugkörper eine überwältigende Lufthoheit. Der damalige Penta­gonchef Robert Gates konnte 2011 in einer Rede behaupten, die USA hätten in den letzten 40 Jahren kein Luftgefecht oder einen Soldaten durch die Attacke eines feindlichen Flugzeugs verloren.

Die anhaltende Wirtschaftskrise hat das Pentagon gezwungen, seine ­Ausgaben immer mehr zu beschränken. Die Drohnen wurden so zu einer preisgünstigen Methode, um die militärische Dominanz der USA aufrechtzuerhalten und damit auch den Status der Vereinigten ­Staaten als die einzige globale Supermacht. Engelhardt ist der Ansicht, dass Drohnen ein fester Bestandteil für den „billigen und heimlichen Schutz des Imperiums durch die CIA“ seien.

Aber die Drohnen haben eine ­weitere Schlüsselrolle bei der Fortsetzung des US-amerikanischen Sonderwegs gespielt. Die Regierung unter Barack Obama hat von ihrem Vorgänger das Programm zur Terrorabwehr geerbt und weitete den Drohneneinsatz zur Tötung von Al Qaida- und Talibanführern aus. „Keine vergifte­ten Regenschirmspitzen, wie bei ­früheren KGB-Operationen, oder vergiftete Zigarren, wie bei der CIA – heute nicht, da diese Tötung als eine alltägliche, ganzjährliche Aktivität in die Luft gegangen ist“, schreibt Engelhardt.

In ihrer Sammlung von Essays, die ursprünglich auf der Webseite TomDispatch erschienen, zeichnen Turse und Engelhardt eine lesbare Landkarte der neuen Drohnenwelt, wie sie vom Penta­gon und der CIA geschaffen wurde. Die „Reapers“, „Predators“ und „Global Hawks“ starten von Luftstützpunkten wie al-Udeid (Katar), Incirlik (Türkei) und Sigonella (Italien), aber auch von neuen Basen in Dschibuti, Äthipien, den Seychellen, in ganz Afghanistan und heute sogar in Asien.

Das Militär verlässt sich mehr und mehr auf die neue Technologie. Heute ist eines von drei militärischen Flugzeugen ein Roboter. 2004 flogen die Reaper-Drohnen 71 Stunden. 2006 stieg die Zahl auf 3.123 Stunden. Und 2009 erhöhte sich die Menge der Flugstunden auf 25.391.

Da viele Kräfte in Afghanistan gebun­den sind, sich Proteste gegen US-Stützpunkte gegen große Konzentrationen von US-Soldaten im Ausland wenden und die Washingtoner Bürokraten verzweifelt nach Einsparungsmöglichkeiten suchen, erscheinen die unbemannten Flugkörper als attraktive Alternative. „Wir bewegen uns immer weiter in Richtung einer größeren Auslagerung des Kriegs auf Dinge zu, gegen die man nicht protestieren kann, gegen die man nicht abstimmen kann, und für die es keine ‘Heimatfront’ oder noch nicht einmal eine Heimat gibt“, beobachtet Engelhardt.

Die globale Unzufriedenheit mit dem Drohneneinsatz leitet sich im Wesentlichen aus seiner Fehleranfälligkeit ab. Die Piloten und Bildschirmkrieger, die die Videobilder in der Sicherheit ihrer Stützpunkte in den Vereinigten Staaten beo­bachten, machen viele Fehler und töten am Ende viele Zivilisten. Davon alleine hunderte in Pakistan und beinahe 200 ­Kinder.

Bisher zeigten sich die US-Bürger immun gegenüber den Folgen dieser Drohnen. Ihnen wurde von der Obama-Regierung versichert, dass die Flugkörper chirurgisch den Krebs entfernen würde und das umgebende, gesunde Gewebe intakt ließe.

Darüber hinaus bleiben die USA führend in der Aufrechterhaltung ihres technologischen Vorsprungs bei Forschung und Entwicklung der Drohnen. Das Risiko eines Drohnenangriffs auf die USA bleibt gering. Und das, obwohl die Regie­rung unter George Bush den Angriff auf den Irak zum Teil mit ihrer Überzeugung begründeten, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen gegen die USA mit Hilfe von Drohnen einsetzen wollte. Wie eine aktuelle PEW-Studie zeigt, haben die Attacken der unbemannten Flugkörper beträchtliche antiamerikanische Stimmungen hervorgerufen. Der gescheiterte Attentäter vom New Yorker Time Square im Jahr 2010 wurde stellenweise durch die Drohnenangriffe der USA auf Pakistan motiviert.

Auch andere Staaten – Israel, Russland, China und sogar der Iran – sind in das Geschäft mit den Drohnen eingestiegen. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bevor die USA ihren dominanten Marktanteil verliert. Das Autorenduo Turse und Engelhardt ist sich uneins in der Frage, ob die Drohnen eine fundamentale Revolution des Militärs darstellen oder einfach nur eine Fortsetzung früherer Trends in Richtung Lufthoheit sind. „Solche ­Maschinen sind natürlich keine fortgeschrittenen Cyborgs“, schreibt Engelhardt. „In mancherlei Hinsicht sind sie noch nicht einmal modern.“ Hinzu kommt, dass moderne Luftverteidigungssysteme solche Drohnen relativ leicht abschießen können. Ihr Einsatz war bisher nur an ­jenen Orten effektiv, wo es keine entsprechende Technologien gibt.

Andererseits: Auf die ­gleiche Art und Weise, wie das exponentielle Wachstum des Internets nicht nur die Kommunikation verwandelte, sondern auch das menschliche Denken, ­könnten die Drohnen auch eine Veränderung bewirken, wie die Vereinigten Staaten – und zunehmend auch der Rest der Welt – über Krieg und nationale Grenzen denken. Die beiden Autoren spekulieren über futuristische Szenarien, in denen programmierte Drohnen am Ende gegeneinander kämpfen werden.

In einem dieser Szenarien, dass aus dem Pentagon-Dokument „Unmanned Systems Integrated Roadmap, FY 2011-2036“ abgeleitet wurde, spüren US-Drohnen andere Drohnen auf, die eine unterseeische Pipeline vor der westafrikanischen Küste sabotieren wollen, und zerstören diese. Dieser Blick in die Zukunft der Drohnen geht davon aus, dass die Vereinigten Staaten ihre Führung bei der Drohnentechnologie aufrechterhalten werden.

Das Pentagon setzt auf dieses Konzept. Turse und Engelhard sorgen sich darum, dass ein naiver Glaube in die Technologie, die anhaltende Vorstellung eines US-amerikanischen Sonderwegs und die exponentielle, globale Ausbreitung der Drohnen eine Welt hervorbringen könnte, die immer mehr den Alpträumen Hollywoods wie „Terminator“ mit Arnold Schwarzenegger ähnelt.