Ramadan 2012: Muslime in aller Welt bereiten sich auf die gesegnete Zeit des Fastens vor. Von Laila Massoudi

Ausgabe 205

(iz). In Zeiten der Krise und eines drohenden, neu entfachten Nationalismus – wie das Beispiel Griechen­land belegt – brauchen wir dringender denn je Dinge, die uns über die diversen Gräben hinweg verbinden. Ein gutes Beispiel ist der Beginn des kommenden Ramadans. Ab dem letzten Drittel im Juli – für einen Monat – enthalten sich Muslime in aller Welt zwischen Morgendämmerung und Sonnenuntergang des Essens, des Trinkens, des Rauchens und des Geschlechtsverkehrs.

Dieses Fasten, dass vielen in Zeiten der permanenten Verfügbarkeit über die Dinge der Welt archaisch erscheinen mag, ist aber viel mehr als nur eine ­bloße Übung in Enthaltsamkeit. Der Verzicht auf die scheinbar unerlässlichen Gewohn­heiten der materiellen Welt erschließt in einem wesentlich größeren Umfang als sonst ­unser Potenzial für eine Infragestellung sicher geglaubter Gewissheiten und für die Erweckung unserer spirituellen Wirklichkeit. Über diese inneren Eigenschaften des Menschen sagte der Prophet Muhammad: „Ich wurde nur entsandt, um guten Charakter zu perfektionieren.“

Die Fastenden werden im Augenblick des Fastenbrechens – das in Gemeinschaft verbracht zu einer täglichen Feier ihrer sozialen Realität wird – daran erinnert, dass es Allah ist, von dem unsere Versorgung kommt und nicht die Dinge dieser Welt. Warum aber, so möchte man salopp fragen, tun sich die Muslime das an – vor allem, weil die Sommermonate das Fasten für manche nicht einfacher machen? Es muss ja eine grundlegende Absicht geben. Fehlt diese beim Fasten, dann haben die Gläubigen nach den Worten des Propheten nichts als ­Hunger für ihr Fasten und Müdigkeit wegen ihrer nächtlichen Gebete.

Allah gibt im Qur’an die entsprechende, grundlegende Antwort: „Ihr, die ihr glaubt, euch ist das Fasten vorgeschrieben, wie es denen vorgeschrieben war, die vor euch waren, auf dass ihr gottesfürchtig seid.“ (Al-Baqara, 183)

Einer unserer Autoren beleuchtet (auf Seite 11) einen weiteren, faszinierenden Aspekt des Fastenmonats: Es sei nicht das Fasten, das den Ramadan zu einer besonderen und – vor allem – gesegneten Zeit mache, sondern Allah bestimmte den Ramadan wegen seines besonderen Charakters zu dem Monat, in dem die Muslime zum Fasten verpflichtet sind. Immerhin, der Ramadan ist keine Zeit der vermeintlichen Askese, sondern auch des Qur’ans, in dem Muslime ihn durch gemeinsame und persönliche Lektüre, Rezitation und Reflektion zu einer leben­digen Wirklichkeit machen. Und, der Fastenmonat ist die Zeit der Barmherzig­keit, der Vergebung unserer falschen Taten und des Schutzes vor dem Feuer. Was will man also mehr?