Todesurteile sind zum beliebten Instrument des Staates geworden. Von Deirdre Fulton

Ausgabe 240

Dank seiner unangefochtenen Unterstützung im Westen und Osten kann es sich die alte Elite in Kairo leisten, mit größtmöglicher Härte gegen ihre Gegner, die Muslimbruderschaft, vorzugehen. Dabei scheint die Todesstrafe ein Mittel in der politischen Auseinandersetzung geworden zu sein. Beobachter halten die Verfahren für eine reine Farce.

(CDN/CCL 3.0.). Ein ägyptisches Gericht verurteilte am 16. Mai den gestürzten Ex-Präsidenten Mohammed Mursi sowie 100 weitere Angeklagte für ihre Beteiligung an einem massenhaften Gefängnisausbruch im Jahre 2011 zum Tode. Der Politiker, erster demokratisch gewählter Staatschef, wurde im Juli 2013 aus dem Amt getrieben. Dem gingen tagelange Straßenproteste von Demonstranten voraus, die wegen Mursis umstrittender Amtsführung seinen Rücktritt forderten. Der Putsch löste eine Unterdrückungswelle gegen die Muslimbruderschaft aus, in der hunderte Menschen starben. Tausende wurden inhaftiert.

Im letzten Monat wurde der Ex-Präsident gemeinsam mit 14 anderen Angeklagten zu 20 Jahren Gefängnis in einem Hochsicherheitsgefängnis verurteilt. Mursi wurde beschuldigt, die Tötung von Demonstranten befohlen zu haben, die 2012 vor seinem Palast ums Leben kamen. Der Sender Al Jazeera berichtete, dass an diesem Tag viele Angeklagte in Abwesenheit ebenfalls eine Strafe erhielten. Dazu gehörte der einflussreiche Yusuf Al-Qaradawi, der in Katar lebt.

Nach Angaben von Nachrichtenagenturen riefen „Anhänger von Mursi sowie der mittlerweile verbotenen Muslimbruderschaft ’nieder, nieder mit der Militärherrschaft', als das Urteil im Gerichtssaal verkündet wurde. Der Prozess fand in einem umgebauten Vortragssaal der nationalen Polizeiakademie in einem östlichen Vorort Kairos statt“. Darüber hinaus bezeichneten Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International das Verfahren als „grob ungerecht“. Es sei bezeichnend für den „erbärmlichen Zustand in der Strafjustiz des Landes“.

Nach Bekanntwerden der Entscheidung vom 16. Mai erklärte Said Boumedouha, stellvertretender Amnesty-Direktor für den Nahen Osten und Nordafrika: „Das Todesurteil für Muhammad Mursi nach einem extrem unfairen Verfahren, dokumentiert die komplette Missachtung der Menschenrechte. Die Prozesse gegen ihn wurden schon untergraben, bevor er einen Fuß in den Verhandlungssaal setzen konnte. Er saß vier Monate isoliert in Haft, ohne Zugang eines Rechtsbeistandes. Kein Anwalt konnte ihn während der Untersuchung vertreten. Dieser Fakt demaskiert die Prozesse als Farce. Sie basieren auf einem ungültigen Vorgehen. Die Todesstrafe wurde zum Lieblingswerkzeug der ägyptischen Behörden, um die politische Opposition auszuschalten. Die meisten der von den Gerichten zum Tode Verurteilten waren Mursi-Unterstützer. Der Deal scheint wie folgt zu sein: Unterstützt den Ex-Präsidenten und lasst euch hinrichten, oder zu Jahren hinter Gittern verurteilen. Stattdessen ist Ägypten verpflichtet, die Sicherheit und Unparteilichkeit der Justiz zu gewährleisten. Die Verantwortlichen der schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“

Amr Darrag rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich einzumischen und die Exekution zu unterbinden. Der Mitbegründer der aufgelösten Partei für Freiheit und Gerechtigkeit, dem parlamentarischen Arm der Muslimbruderschaft, sagte gegenüber Reuters in Istanbul: „Das ist ein politisches Urteil. Es repräsentiert ein Mordverbrechen, dessen Ausführung bevorsteht.“

Nach ägyptischem Recht geht der Fall jetzt an den führenden muslimischen Gelehrten des Landes (oder Mufti) für eine unverbindliche Meinung. Das ist eine verpflichtende Prozedur, bevor ein Strafgericht formal die Todesstrafe bekannt geben kann. Werden er und die Mitangeklagten bei der finalen Verkündung am 2. Juni zum Tode verurteilt, besteht die Möglichkeit, ihre Strafe vor dem höchsten Gericht, dem Berufungsgericht anzufechten.“

Folgt uns für News auf:
https://www.facebook.com/islamischezeitungde

und:
https://twitter.com/izmedien

Noch kein IZ-Abo? Dann aber schnell!
http://www.islamische-zeitung.de/?cat=abo