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Türkei als Teil der Lösung

Foto: European Parliament | Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0

München (KNA). Dem Deutschland-Chef des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) Ralf Südhoff zufolge sind syrische Flüchtlinge in der Türkei aus Geldnot zum Teil gezwungen, ihre Kinder arbeiten zu schicken. Betroffen seien die zwei Millionen Flüchtlinge, die nicht in den gut ausgestatteten Flüchtlingscamps unterkämen, sagte Südhoff Focus Online am Donnerstag im Interview.
„Viele Familien müssen sich beispielsweise auf verlassenen Baustellen feuchte Räume mieten. Diese kosten bis zu 100 Euro pro Monat, ohne Heizung“, so Südhoff. Die hohen Mieten zwängen manche Familie dazu, ihre Kinder zum Arbeiten zu schicken. „Das große Problem ist, dass die erwachsenen Flüchtlinge nicht arbeiten dürfen. Wenn das Geld weg ist, das sie mitgebracht haben, schicken sie notgedrungen ihre jüngsten Kinder zum Arbeiten.“
Trotz der schwierigen Verhältnisse außerhalb der Flüchtlingscamps sieht Südhoff die Türkei als Teil der humanitären Lösung der Flüchtlingskrise. „Das große Ziel der Hilfen für die Türkei ist, dass wir den Menschen außerhalb der Camps eine bessere Hilfe geben können. Durch das Welternährungsprogramm können wir derzeit nur 50.000 der rund zwei Millionen Menschen helfen“, so Südhoff. „Diese Hilfen müssen wir schnell ausbauen, dann kann die Türkei ein sehr wichtiger Teil der Lösung sein.“
Südhoff beklagte die schwierige Situation für humanitäre Helfer im Bürgerkriegsland Syrien und in von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kontrollierten Gebieten. „Über vier Millionen Menschen leben in umkämpften oder besetzten Gebieten wie dem IS-Territorium, denen wollen wir auch helfen“, so Südhoff. Der IS wolle jedoch, „dass wir die Hilfs-Lkws an die Grenze bringen und dann deren Händen überlassen, ohne Monitoring oder Einflussmöglichkeiten. Unter solchen Bedingungen können wir keine Hilfe leisten, das wäre unverantwortlich.“
In Syrien werde der Hunger als Waffe eingesetzt. „Alle Konfliktparteien belagern Städte der Gegner, schneiden sie von der Außenwelt ab und verhindern, dass Nahrung, Medikamente und Wasser hineingelangen können“, so Südhoff. Truppen wie Menschen sollten so „ausgehungert und zermürbt werden“, bis die Städte geräumt werden müssten. „Das widerspricht allen völkerrechtlichen Vereinbarungen.“
Südhoff lobte die Bundesregierung, die für das laufende Jahr 1,2 Milliarden Euro für die Syrien-Hilfe zugesagt habe. Jetzt müssten weitere Staaten diesem Beispiel folgen. Je früher das Welternährungsprogramm Zusagen erhalte, desto geringer seien die Kosten für die humanitäre Organisation.