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Über die Medizin des Herzens

Ausgabe 274

Foto: The Eye in Islam

(iz). La ilaha illa‘Llah (es gibt keinen Gott außer Allah) ist das Beste, das geäußert werden kann. Und es war das, was die Gesandten Allahs gesagt haben. Das ist die Essenz der Lehren aller Gesandten – Tauhid. Die Anbetung Allahs, Des Einzigen, ist der Grund unserer Existenz und das ist, wozu wir erschaffen wurden: Ihn allein anzubeten. Dies ist der Zweck der Schöpfung und das niedrigere Niveau dieser Erkenntnis ist das Bewusstsein, dass Er uns sieht. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir von Ihm gesehen werden. Das ist der Anfang des Themas. Eine Kenntnis, wonach wir nicht das Zentrum des Universums sind und es in seiner Gänze nicht fassen können. Er sieht das gesamte Universum und wir sind nur ein winziger Staubkorn darin.
Das Ende der Angelegenheit ist, dass die Perfektion und Exzellenz der ‘Ibada eine solche Höhe erreicht, dass wir Ihn anbeten, als ob wir Ihn sehen könnten, wie es im berühmten Hadith von Dschibril erklärt wird. Das ist unsere Daseinsbegründung und „La ilaha Illa’Llah“ ist das Beste, was die Gesandten von sich gaben sowie der Kern ihrer Lehren.
Wieso dann noch „Muhammadan Rasulullah (Muhammad ist der Gesandte Allahs)“? Die Verkörperung unserer Überzeugung ist nicht nur der erste Teil des Glaubensbekenntnisses. Es hat einen zweiten Teil. Und sie ist nicht korrekt, und wird nicht angenommen, wenn der zweite Teil fehlt. Das Schönste, was dazu gesagt werden kann, habe ich in einer Aussage des Meisters der Schadhili-Tariqa gefunden, Abdussalam ibn Maschisch, möge Allah mit ihm zufrieden sein. Er sagte: „Hätte es nicht diesen Vermittler gegeben, hätten wir niemals das Ziel erreicht.“ Allah hat uns in Seiner unendlichen Gnade Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, gegeben. Ohne ihn können wir „Es gibt keinen Gott außer Allah“ nicht verstehen. Er hätte uns auf jede Art, die Ihm gefällt, die Botschaft überbringen können, wonach „La ilaha illa’Lllah“ unsere Pflicht ist. Aber in seiner unendlichen Gnade schickte Er uns die großartigste und höchste Manifestation seiner Barmherzigkeit – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden. Durch ihn und mit ihm können wir die göttliche Einheit verstehen und Allah auf die Weise anbeten, auf welche er angebetet werden muss.
Wir können bezeugen, dass Muhammad der Gesandte Allahs ist. Aber wir haben ihn nicht gesehen. Wir haben nicht mit ihm zusammengesessen. Wir hatten nicht das Privileg, den Segen und das Geschenk, welches seine Gefährten (arab. Sahaba), möge Allah mit ihnen zufrieden sein, erhielten. Sie lebten zur gleichen Zeit und konnten davon Nutzen ziehen, mit ihm zusammen zu sein. Was ist also unser Weg? Wie können wir dennoch Allah durch Muhammad erkennen? Man könnte sagen, wir haben doch heute alle Informationen, die wir brauchen. Wir haben die Berichte über ihn, die auf sorgfältige Weise überliefert und erhalten wurden. Das kann niemand leugnen, es ist eine objektive Realität. Dennoch reicht es nicht, um die Realität von ­„Muhammadan Rasulullah“ zu verstehen. Das ist etwas, was nur verstanden werden kann, wenn wir mit dem sitzen, der mit dem saß, der mit dem saß, der mit dem saß… der mit dem Gesandten, Allahs Friede und Segen auf ihm, saß.
Dieses Licht kann nicht auf irgendeine mündliche Art übertragen oder durch einen Text vermittelt werden. Dieses Licht drang in die Herzen ein, indem man in der Gegenwart des Gesandten Allahs war und dieses Licht wurde bis in unsere Zeit weitergetragen.
Der Gesandte Allahs sprach über diejenigen, die stets in der Wahrheit gefestigt sein werden – durch verschiedene Übermittlungen von ihm – und die dadurch das Nur Muhammadi (Licht Muhammads) in ihren Herzen tragen werden. Unter ihnen gibt es jene, die eine spezielle Erlaubnis (arab. idhn) haben, es weiterzugeben. Diese Autorisierung ist nichts, was durch eine Art Vertrag geregelt wird. Sie wird von den Herzen erkannt. Sobald man seine Augen auf diesen Menschen richtet, wird das Herz an den Gesandten Allahs erinnert.
Diese sind die Lehrer der Tazkija, die Ärzte der Herzen, die sich um die Krankheiten der Herzen kümmern und sie behandeln. Das ist Tazkija. Darin liegt die Lehre, dass nichts nützen wird, außer am Tag der Auferstehung mit einem reinen Herzen zu Allah zu gelangen. Das ist die Realität, in der wir uns befinden. Nichts außer dieser Begegnung mit Allah, und wie wir Ihm in diesem Moment gegenüberstehen werden, ist von Bedeutung. Nichts wird uns nützen. Kein Geld, keine Kinder, außer dem Herz, das unversehrt (arab. salim) ist. Ist das nicht der Fall, dann befindet sich das Herz im Desaster, es ist verloren. Das gesamte Leben war für nichts, wenn das Herz nicht in dem Moment heil ist, an dem es auf Allah trifft. Doch hat das Leben eine Bedeutung, wenn diese Reinigung der Herzen stattfindet. Sie wendet das Herz und macht es gesund.
Wenn wir körperliche Probleme ­haben, gehen wir zum Arzt. Wenn das Problem schwerwiegend ist, nehmen wir es auch ernst, und folgen allen Anweisungen. Möge Allah uns vor Krankheit schützen. Wir alle kennen Leute, die Schwierigkeiten durchmachten und deren Leben darin bestand, den ärztlichen Instruktionen zu folgen – und das für einen Körper, den wir hier zurücklassen werden. Was ist mit unseren Seelen, die wir mitnehmen werden, die alles in sich tragen, was wir hier getan haben und für die wie die Konsequenzen im Jenseits ­tragen? Die Seelen (arab. arwah) sind weitaus bedeutender als die Körper. ­Wieso messen wir ihnen also nicht die gebührende Bedeutung zu und gehen zu den Ärzten der Herzen?
Das ist schon immer eine Praxis der Umma von Muhammad gewesen, Allahs Segen und Friede auf ihm. Die Leute gingen zu den Schaikhs, um die Krankheiten des Herzens zu beseitigen. Allah wird uns nie ohne sie zurücklassen. Es ist dieselbe Methode, die der Prophet mit den Sahaba angewandt hat, bis sie zu den leuchtenden Sternen wurden, welche die Menschheit leiten. Liest man über sie, egal welchen, findet man Leben mit Wirkung auf den Intellekt und das Herz. Bei jedem einzelnen von ihnen. Wieso? Weil sie vom Propheten, Allah Segen und Friede auf ihm, gereinigt wurden. Es gibt nichts wichtigeres als das. Die Gelehrten sagen deshalb, dass derjenige, der keinen Schaikh hat, Schaitan als Schaikh hat.
Wenn man irgendwo hingehen möchte, wo man sich angemessen kleiden muss, schaut man zunächst in den Spiegel. Man braucht ihn. Darin sieht man, ob man das Richtige angezogen hat oder nicht. Also verbessert man etwas, wenn es notwendig ist. Oder jemand, der vor einem steht, gibt einem den Rat, etwas zu verändern. Und hier geht es nur um das ­äußere Erscheinungsbild. Wie wichtig ist also der Spiegel für das Innere?! Und ­dieser Spiegel ist ein Schaikh. Wenn wir in ihn anschauen und etwas Falsches an ihm finden, dann deshalb, weil es in uns selbst ist.
Allein mit den Schülern eines solchen Lehrers zu sitzen, wandelt sich das Herz. Ihr gutes Benehmen zu beobachten, sie nachzuahmen und ihnen zuzuhören, ist der Beginn der Tazkija. Der Mensch wird regelrecht zum Gesandten hingeschubst. Dort beginnt der Wandel des Herzens. Wenn ein solcher Mensch noch voller Sorgen und weltlichen Beschäftigungen ist, die ihn von Allah trennen, wird er durch das Sitzen mit denen, die frei von allem außer Allah sind, an das erinnert, was ihm fehlt und an das, was er in noch verändern muss. Es ist eine subtile Belehrung.
Dies ist das Fundament zur Transformation des Menschen und der Gesellschaft. Das Zusammensein mit ihm, seine Ratschläge und ihre Befolgung sind die Dinge, die uns nutzen werden. Und wir müssen Geduld haben. Wenn er mit uns schimpft, dann schimpft er um unseretwegen. Aber wenn wir denken, niemand könne uns etwas sagen oder etwas beibringen, werden wir uns nie verbessern. Denn damit ein Krug gefüllt werden kann, muss er sich zunächst auf den Grund des Brunnens hinunterbegeben, damit Wasser in ihn gelangen kann. Das ist das Geheimnis von „und Muhammad ist Sein Gesandter“. Das Zusammensein, die Akzeptanz des guten Ratschlags und die Verkörperung dieser Methode, die der Gesandte Allahs mit den Sahaba anwandte, ist eine Kette der Erlaubnis, die bis zu uns gelangte. Sie bringt Leben und Licht in das Herz und transformiert den Menschen. Und dies wiederum wandelt die ­Gesellschaft.
Allah hat uns den Heilende sowohl für das Äußere (arab. dhahir) als auch das Innere (arab. batin) gegeben. Und die Heilung für unsere Herzen ist Dhikrullah – das Gedenken Allahs.