Und was ist mit Da’wa?

Ausgabe 292

(iz). Zu den Nebenwirkungen der heutigen Entwicklung gehört es, dass lautstarke Randgruppen wesentliche Kernkonzepte des Islam in Misskredit bringen und ihre Benutzung unmöglich machen. Dazu zählten der Miss­brauch des „Khalifats“, des Tasawwuf sowie der „Scharia“, wenn gewalttätige Männer ihre kranken Bestrafungsfantasien an Wehrlosen – vorzugs­weise Frauen und Mädchen – ausleben.

Neben der Problematisierung der spirituellen Lebensweise rückte die Da’wa (Einladung zum Islam) ins Blickfeld der Aufmerksamkeit. Gerade weil die Mitte der praktizierenden Muslime bisher kein übermäßiges Interesse an der Einladung anderer zum ­Islam hatte, ­konnten sich hier Randgruppen profilieren.

Was aber ist Da’wa? Manche betonen im interreligiösen Dialog immer wieder, dass der Islam keine Mission kenne. Aber er kennt durchaus die Einladung zum Islam. Je nach Standpunkt gilt sie einigen als persönliche Pflicht (arab. fard ‘ain), anderen als gemeinschaftliche Obligation (arab. fard kifaja). Im Qur’an und in der prophetischen Lebens­wei­se finden sich dafür viele Aussagen und Vorbilder.

Allah sagt im Qur’an „Sprich: Das ist mein Weg: Ich rufe zu Allah aufgrund eines sichtbaren Hinweises, ich und diejenigen, die mir folgen. Preis sei Allah! Und ich gehöre nicht zu den Götzendienern“ (Jusuf, Sure 12, 108) und „rufe zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung, und streite mit ihnen in bester Weise“ (An-Nahl, Sure 16, 125). „Weisheit“ bedeutet, dass man weiß, wer vor einem steht und dasjenige sagt, was der Person und der Situation an­gemessen ist.

Der Gesandte Allahs, möge Allah ihn ­segnen und ihm Frieden geben, entsandte Mu’adh ibn Dschabal mit den folgenden Worten nach Jemen: „Lade die Menschen zur Bezeugung ein, dass niemand das Recht auf Anbetung hat, außer Allah und dass ich ­Allahs Gesandter bin. Wenn sie dir in dem folgen, lehre sie, dass Allah ihnen fünf Gebete an jedem Tag und in jeder Nacht (das heißt, binnen 24 Stunden) vorgeschrieben hat. Wenn sie dir darin folgen, lehre sie, dass Allah ihnen die Zahlung der Zakat von ihrem Vermögen zur Pflicht gemacht hat. Sie wird von ihren Wohlhabenden genommen und den Armen gegeben.“

Es gibt nichts nützlicheres für eine Person als dies. Durch ihn wird jede seiner Handlungen, die zuvor zurückgewiesen wurde, angenommen. Und vor ihm liegt eine Ewigkeit bei Allah und keine Ewigkeit im Feuer. Unser Din ist ein Geschenk, dass weitergegeben werden muss. Er ist kein  Privatbesitz und gehört nicht nur Arabern, Pakistanern oder anderen. Allah sandte Seine Propheten mit dem Islam als Barmherzigkeit für alle Welten. Wären die Vorfahren gebürtiger Muslime nicht zum Islam eingeladen worden, dann würden diese heute weder beten noch fasten.

Es gibt nichts Besseres als diese Beschäftigung. Der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sagte: „Dass Allah eine Person durch euch zum Islam führt, ist besser als alles, über was die Sonne aufgegan­gen ist.“ Ibn Kathir interpretierte die Bedeutung: „Besser als all dies zu besitzen und es auf dem Wege Allahs auszugeben.“ Denn nichts in dieser Welt kommt dem gleich, was einer Person die Nächste Welt garantiert.

Als ob dies nicht genug wäre, sagte der Gesandte Allahs: „Wer eine Person zur Rechtleitung aufruft, erhält die Belohnung von ­jedem, der ihr folgt – ohne dass deren Belohnung in irgendeiner Weise weniger würde.“ Jedes Mal, wenn sie beten, fasten, von ihrem Besitz geben und sich an Allah erinnern, erhält man die gleiche Belohnung wie sie. Wir dürfen nicht vergessen, dass unsere Aufgabe nur die Vermittlung ist. Die Rechtleitung obliegt der Allmacht Allahs. Selbst der Prophet konnte trotz seiner ­wiederholten Einladungen seinen Onkel Abu Talib nicht zum Islam führen.