US-Muslime haben nicht nur für Biden gestimmt

Foto: Emgage, Instagram

Washington (iz). Während die Stimmauszählung zur US-Präsidentschaftswahl noch in einigen Bundesstaaten weiterläuft, beginnt die Aufarbeitung der Ergebnisse. Dazu gehört immer auch die Frage nach den WählerInnen und ihrer Herkünfte.

Am 3. November veröffentlichte der öffentlich-rechtliche Sender NPR in Bezugnahme auf die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) einen ersten Überblick auf seiner Webseite. Demnach liege der Anteil der US-Muslime an der Wählerschaft unter ein Prozent. Von diesen hätten rund 65 Prozent für Joe Biden gestimmt, der Rest für den Amtsinhaber Donald J. Trump. Laut einer Befragung nach der Wahlabgabe (Exit poll) des Rates für Amerikanische-Islamische Beziehungen (CAIR) hätten mindestens eine Million Muslime an der Wahl teilgenommen.

Wahlprognosen des in Dearborn ansässigen Instituts für Sozialpolitik und Verständigung vor der Abstimmung deuteten darauf hin, dass 51 Prozent der muslimischen Wähler sich den Demokraten zuwandten. Währenddessen stieg die Unterstützung für Donald Trump von nur 13 Prozent im Jahr 2018 auf 16 Prozent im Jahr 2019 auf 30 Prozent im Jahr 2020.

Der Politikwissenschaftler Youssef Chouhoud erklärte die relativ hohe Zustimmung für den Amtsinhaber mit einem Vergleich zu weißen Wählern und damit, dass sich derzeit rund 21 Prozent aller US-Muslime als „weiß“ einstufen würden. Chouhoud erklärt damit die Rate bei Muslimen unter anderem mit der ethnischen Identität. Er räumte allerdings auf Nachfrage dieses Autors ein, dass diese Identität eine subjektive sei, weil sich Menschen in den Vereinigten Staaten selbst bestimmten Gruppen zuordnen könnten.

Genau wie bei den Latinos, von denen sich die Demokraten deutlich höhere Zustimmung erhofften, seien Muslime in den Vereinigten Staaten ebenfalls „kein Monolith“. Vielmehr seien sie in Hinblick auf Ethnizität die vielfältigste Religionsgemeinschaft im Lande. Diese Vielfalt seit umso bemerkenswerter, als „rassische“ oder „ethnische Identität“ zusehend maßgebend ist für die politischen Neigungen vieler Bürger. Das Ergebnis könne aber auch nicht überraschen, dass es heute so viele muslimische Republikaner gäbe wie in den letzten fünf Jahren nicht.

Foto: CAIR, Emgage

Detaillierte Umfragen in einzelnen Staaten ergeben ein differenzierteres Bild. Einer davon ist Michigan. Hier leben seit über einem Jahrhundert Muslime auf dem Nahen Osten, der Levante und dem Balkan. Arabischstämmige und muslimische Bürger Michigans könnten nach ersten Meldungen zu jenen gewesen sein, die den Demokraten zum Sieg verholfen haben. Manche Stimmen schätzen, dass der muslimische Wähleranteil in Michigan zwischen 2,75 und 5 Prozent aller abgegeben Stimmen lag. Im Detroiter Vorort Dearborn stellen arabische US-Amerikaner beinahe die Hälfte der Einwohner.

„Die beträchtliche Fähigkeit der muslimischen Gemeinschaft zur Beeinflussung von Wahlergebnissen im ganzen Land sei landesweit von Kandidaten und Medien zur Kenntnis genommen worden“, erklärte CAIR-Direktor Nihad Awad.

Dieser nach Awad erkennbare Einfluss schlägt sich darin nieder, dass mehr Muslime in öffentliche Ämter gewählt wurden. So wurden in San Francisco sechs amerikanische Muslime in kommunale Ämter gewählt. Nach Angaben sowohl von CAIR als auch von den NGOs Jetpack und MPower Change hätten von den 110 muslimischen Amerikanern, die bei den verschiedenen Wahlen des 3. Novembers kandidierten, 57 entweder gewonnen oder dürften siegreich aus den Wahlen hervorgehen.

Organisationen wie CAIR beglückwünschten nicht nur die zukünftige Biden-Administration. Sie riefen sie zur Förderung von Bürgerrechten, Rassengleichheit, einer gerechten Außenpolitik und der Einbeziehung amerikanischer Muslime in die Regierung auf. „Der gewählte Präsident Joe Biden hat versprochen, das Einreiseverbot für Muslime am ersten Amtstag aufzuheben, Muslime auf jeder Ebene seiner Regierung einzubeziehen und Fragen wie rassistische und religiöse Diskriminierung anzugehen“, erklärte CAIR-Direktor Awad.