VAE: Junge Muslime entdecken die digitale Frömmigkeit. Von Burkhard Jürgens

Abu Dhabi (KNA). Dass Syed Muhammad Mussadir ein besserer Muslim geworden sei, verdanke er seinem BlackBerry. Es lehre ihn Verse des Qur'an auf Arabisch und in englischer Übersetzung, während er morgens in Dubais U-Bahn zur Arbeit fahre. Es läute zum Gebet, es zeige ihm die Richtung nach Mekka und zum nächsten Restaurant mit islamischer Küche. „Lob und Segen den Entwicklern“, sagt Mudassir.

Der 19-jährige gebürtige Emirati pakistanischer Herkunft pries im Gespräch mit der in Abu Dhabi erscheinenden Zeitung „The National“ die Segnungen der Technik, denn sie würden ihm zu einem „frommen Leben“ verhelfen. Mudassir ist Vertreter einer neuen Generation, deren Wege durch die digitale Welt führen.

Mehr als die Hälfte von 23.000 Befragten im Nahen Osten und in Nordafrika erklärten laut „The National“ in einer aktuellen Erhebung, ihre Informationen über den Ramadan zuerst aus dem Internet zu ziehen. Dabei geht es nicht nur um Beginn und Ende des Fastenmonats, sondern auch um Tipps für das traditionelle Fastenbrechen (Iftar), Glückwünsche via Facebook und geistliche Weisung.

„Schlüsselinformationen zum Ramadan auf der Hand zu haben, wird immer wichtiger“, sagt Bashar Hafez. „Unser Leben ist geschäftiger, komplexer und internationaler als je zuvor.“ Hafez ist in Schaumburg geboren, hat in London und Washington studiert und ist inzwischen als Product Manager für das Orient- und Afrika-Geschäft von Motorola Mobility zuständig. Er weiß, wie wichtig ein zeitgemäßer Zugang zum Glaubensgut für eine immer globalere islamische Community ist.

Kernfeatures für religionsbezogene Anwendungen, so Hafez laut der Zeitung, sind die Möglichkeit, den Qur'an zu lesen, zu hören oder erklärt zu bekommen, ebenso Handreichungen zu traditionellen religiösen Weisungen (Hadith) oder zum persönlichen Gebet (Du'a). Dazu andere praktische Sachen: Eine lernende Anwendung wie „Smart Actions“ sorgt dafür, dass sich das Mobiltelefon automatisch ausschaltet, wenn man die Moschee betritt.

Hunderte solcher Progrämmchen gibt es allein für den Ramadan. Der Bedarf steigt, das Angebot ist billig. 1,99 Dollar kostet die App „Ramadan Recipes“ – damit lassen sich die besten Fastenrezepte herunterladen. Auch über den heiligen Monat hinaus bleiben für viele junge Muslime Smartphone und Tablet-Computer Begleiter. Kalenderprogramme konvertieren beispielsweise nicht nur die westliche Datumszählung in das islamische System, sondern zeigen auch Fest- und Fastentage an.

Selbst im Unterhaltungssektor entsteht eine eigene Sparte für den religiösen Kundenkreis: youtube.com/ramadan bietet auf rund 100 Kanälen Kurzweiliges und Erbauliches. Viele TV-Sender stellen ihre Ramadan-Shows direkt mit der Ausstrahlung online. So wächst eine ansehnliche Mediathek – abrufbar mit jedem internetfähigen Gerät in jedem Winkel der Erde.

Elektronik- und Online-Handel im arabischen Raum spüren bereits eine religionsspezifische Konjunktur: Die Nachfrage nach High-Tech-Kommunikationsgeräten ziehe in den letzten Tagen des Ramadan an, berichtet „The National“ unter Berufung auf einen Branchenvertreter. Dann werden Geschenke für das Eid-Fest gekauft – und was früher ein neues Hemd für den Sohnemann war, ist heute ein Laptop. Während des Fastenmonats selbst steige hingegen der Absatz von Apps und religiösen E-Books.

So fand auch die Journalismus-Studentin Ayesha Almazroui zur digitalen Heiligen Schrift. „Im Ramadan lese ich den Qur'an eher häufiger“, sagte sie „The National“. Auf die Offenbarungen greift sie jeden Tag über eine Gratis-App zu. Das sei bequemer, als ein kompaktes Buch mit sich herumzuschleppen. Von dem Angebot erfuhr sie über Twitter.