Zentralafrika: Heimkehrende Muslime und die enteignete Heimat

Ausgabe 266

Foto: SSgt Ryan Crane | DoD | Public Domain

Lokalpolitiker und zivilgesellschaftliche Aktivisten in der Zentralafrikanischen Republik räumen ein, dass Gerechtigkeit und Rückerstattung nötig sein werden für einen sozialen Zusammenhang.
(AJE). In der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) gelten noch mindestens 400.000 Menschen als vertrieben, 500.000 mussten in Nachbarländer ausweichen. Die Regierung hat ihren Willen bekundet, den Heimkehrern zu ihrem rechtmäßigen Eigentum und Landbesitz zu verhelfen.
Ali ist einer dieser Menschen. Vor Gewalt und Terror in den Straßen Banguis floh er im Januar 2014 in den Tschad. Zuvor war er Besitzer von fünf Häusern und 13.000 Quadratmeter in einem Vorort der Hauptstadt. Sein Besitz ist mittlerweile reduziert auf eine Jeans und ein kurzärmeliges Hemd. Ali berichtet, wie er Zeuge wurde, als die Leichen junger muslimischer Männer durch die Straßen der Hauptstadt geschleift wurden. Sie wurden vor der lokalen Moschee abgeladen. Für ihn was es ein Signal, dass sich die Geschicke der Muslime im Land gewandelt hatten. Er hatte Recht.
Im frühen Januar 2014 wurden Muslime in mehreren Distrikten Banguis gejagt, verstümmelt, lebendig verbrannt und auf den Straßen zurückgelassen. Muslime aus mehreren Städten flohen, als sich eine antimuslimische Miliz dank ihrer Terrorherrschaft in den Regionen des Nordwestens und Südwestens ausbreitete. Ali packte seine Familie und floh in den benachbarten Tschad.
Als sich 2016 die Unruhen in Bangui legten und Wahlen ausgerufen wurden, optierte Ali für die Rückkehr. Aber er wusste, dass ihm nach der Heimkehr ein neuer Kampf bevorstand. „Ich wusste, dass meine Häuser und mein Land, dass alles genommen wurde“, berichtete der 45-jährige. Als Folge des 2013 erfolgten Staatsstreiches wurden unzählige Menschen in der Zentralafrikanischen Republik getötet. Beinahe eine Million flohen aus ihren Häusern aus Angst, ins Kreuzfeuer zu geraten oder Opfer gezielter Tötungen zu werden. Amnesty International warnte damals vor einem „muslimischen Exodus historischen Ausmaßes“. Und als die Muslime gingen, wurden Häuser, Besitz und Ländereien beschlagnahmt, verkauft oder besetzt.
Im Juni 2016 wurden unter internationaler Beobachtung Präsidentschaftswahlen abgehalten. Unter Präsident Faustin-Archange Touadera wurde eine neue Regierung ins Amt berufen. Sicherheit kehrte nach Bangui zurück. Auch dank erheblicher friedensschaffender Maßnahmen der UN kamen Tausende wie Ali in die Bezirke Banguis und seines Umlands zurück.
Humanitäre Organisationen in Bangui sind besorgt, dass illegale Besetzung und Beschlagnahmung von Häusern und Eigentum zum Antrieb für erneute Konflikte werden können. „Die Lösung der Fragen Wohnung, Land und Besitz sind eine entscheidende Komponente einer nachhaltigen, friedensschaffenden Maßnahme“, erklärt Ingrid Beauqui, Sprecherin des Norwegischen Flüchtlingsrates (NRC) in Bangui.
Der NRC arbeitet mit der Lokalregierung bei der Lösung der Besitzrechte der geflohenen Menschen zusammen. Die NGO will den Prozess der Heimkehr zum eigenen Besitz und Land ermöglichen. Die Ergebnisse sind allerdings durchwachsen. Von allen 475 Fällen, bei denen die Norweger bisher vermittelt haben, konnten nur 18 erfolgreich gelöst werden.
Inmitten von Massenvertreibung, Unsicherheit und einer Legitimationskrise der Behörden ist die Regierung schlicht nicht in der Lage, die Frage nach Wohnraum, Land und Besitzrechten zu einer Priorität zu machen.