Weder rechtlich noch theologisch möglich

Ausgabe 284

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(iz). Das Thema Finanzierung von Moscheegemeinden ist kein neues Thema. Es ist ein Thema, dass seit mindestens einem Jahrzehnt diskutiert wird. Die Diskussionen haben auf Grund der Verhältnisse zwischen Deutschland und der Türkei Aufwind erhalten. Dabei wird auf Seiten der ­Politik in Deutschland das Ziel verfolgt, Auslandsfinanzierungen und damit indirekt Einflüsse von ausländischen Staaten zu verhindern.
Daher wird nach Lösungen und ­Optionen gesucht. Der Vorschlag eine Moscheesteuer analog zur Kirchensteuer einzuziehen, ist aber weder juristisch noch theologisch möglich. Deshalb ­werden die gegenwärtigen Diskussionen nur in eine Sackgasse führen.
Juristisch ist das Unterfangen einer Moscheesteuer nicht möglich, da der ­Islam keine Körperschaft des öffentlichen Rechts darstellt. Dies ist aber eine Voraussetzung dafür, eine solche Steuer überhaupt erheben zu können. Die Frage nach der Körperschaft muss zunächst ­geklärt werden, bevor über eine Steuer gesprochen wird. Die muslimischen Religionsgemeinschaften erhalten gegenwärtig die Anerkennung als Körperschaft nicht, da sie Kriterien wie Mitgliedsstrukturen nicht erfüllen.
Angenommen, dass sie akzeptiert ­würden, so stünden wir vor einer theologischen Problemstellung. Eine ­Moscheesteuer entspricht dem Selbstverständnis des Islams nicht. Denn der Islam kennt keine Institutionen oder Mitgliedsstrukturen wie die Kirchen. Ein- und Austritt aus der Religion ist nicht wie bei der Institution Kirche an die Moschee gebunden. Nirgends werden Muslime registriert. Wie soll es unter diesen ­Umständen möglich sein, Muslime zu erfassen und von ihnen zusätzlich Steuern einzuziehen?
Eine Orientierung an den Mitgliederlisten der Moscheegemeinden ist ebenfalls nicht möglich. Denn ein Muslim könnte in keiner oder auch in 10 verschiedenen gleichzeitig Mitglied sein. Demnach sind die Mitgliederzahlen der Gemeinden unerheblich. Dies zeigt: Es herrschen hier andere Strukturen als in der Kirche.
Die muslimische Community kritisiert bei all diesen Diskussionen die mangelnde Betrachtung auf Augenhöhe und Gleichbehandlung. Denn es ist bekannt, dass beispielsweise Kirchen und kirch­liche Einrichtungen im Ausland von Deutschland aus finanziert werden. Gleichzeitig gibt es in Deutschland einige Religionsgemeinschaften, die, ähnlich wie muslimische Gemeinden, aus dem Ausland finanziert werden und auch ihre Geistlichen aus dem Ausland holen. Hier fehlt eine Klarstellung seitens der Politik darüber, dass das Verbot von Auslandsfinanzierungen nicht nur Muslime betref­fen darf. Dies hätte zur Bedeutung, dass sie aufgrund einer Sonderregelung diskriminiert werden. Denn grundsätzlich regeln die verschiedenen Religions­gemeinschaften die Ausbildung ihrer Geistlichen und die Finanzierung ihrer Gemeinschaften autonom.
Das Thema der Finanzierung ist keinesfalls neu. Seit vielen Jahren wird dies innerhalb der muslimischen Community diskutiert. Die Frage wird parallel mit der Frage danach diskutiert, ob man ­Imame, die in Deutschland geboren, ­­sozialisiert und ausgebildet wurden, in Moscheegemeinden einsetzen kann.
Eine realistische Bestandsaufnahme zeigt auf, dass nicht annähernd genügend Imame für die Moscheen in Deutschland zur Verfügung stehen. Daran würde auch eine Moscheesteuer nichts ändern. Es gibt ca. 2000 Moscheen in Deutschland, von denen ca. 1000 ihre Imame aus dem Ausland beziehen. Das Studium der ­Islamischen Theologie, das einer Aus­bildung zum Imam gleichkommt, ist seit knapp 10 Jahren in Deutschland möglich. Nüchtern betrachtet folgt daraus, dass es noch eine Weile dauern wird, bis in Deutschland ausgebildete Imame in den Moscheegemeinden tätig sein ­können.
Doch nicht nur die Politik, auch die muslimischen Gemeinden verfolgen eben dieses Ziel. Zu den Optionsvorschlägen für Finanzierungen, die in der musli­mischen Community seit Längerem diskutiert werden, gehört die Gründung von Stiftungen. Diese Form der Finanzierung war – dies lehrt die Historie der muslimischen Gemeinschaften – realisierbar. Aus diesem Grund kommt diese Option gegenwärtig auf. Während es bei Stiftungen zumindest keine theologischen Schwierigkeiten geben würde, steht jedoch die Frage im Raum, ob die Ressourcen der muslimischen Community genügen alle Moscheen zu finanzieren.
Ein weiterer Optionsvorschlag ist die Zakat-Abgabe (2,5 Prozent des Gesamtvermögens muss ein Muslim jedes Jahr an Bedürftige spenden). Diese Option eröffnet jedoch eine große theologische Diskussion darüber, ob die Zakat auch an Einrichtungen fließen darf, da sie eigentlich bedürftigen Individuen zusteht. Angenommen, dass Moscheen durch die Zakat finanziert würden: Dies könnte dazu führen, dass sich in einigen Jahrzehnten die Zakat inhaltlich wandelt und sie tatsächlich nur noch an Einrichtungen wie Moscheen fließt. Die Versorgung von bedürftigen Individuen könnte von ihrer großen Bedeutung einbüßen. Man hätte eine andere Qualität von Zakat. Dies ist eine theologische Fragestellung, die noch nicht abschließend geklärt ist.