Wichtig: Gerade neue Muslime brauchen eine Gemeinschaft

Ausgabe 203

(OnIslam.net). Es fließt ein stetiger Strom von Euro­päern, aber auch anderen Menschen, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen für den Islam entscheiden. Ganz besonders – in der Vergangenheit, aber auch heute – bezeugen Frauen ihren Islam. Das Thema der Hochzeit ist aber mittlerweile in den Hinter­grund getreten.
Wie diejenigen wissen, die sich um diese „neuen“ Muslime kümmern be­ziehungsweise solche in ihrem Bekanntenkreis haben, stellen sich gerade zu Beginn viele Fragen. Fehlt ihnen Ge­meinschaft, dann fehlt ihnen ein essenzieller Zugang zu islamischem Wissen und seiner Praktizierung. Der folgende Text der britischen Muslimin Amal Stapley beschäftigt sich mit Fragen und Herausforderungen neuer Musliminnen, aber auch, was sie ihnen anzubie­ten versucht.
Als ich in meinem wöchentlichen Gesprächskreis neuer Musliminnen wissen wollte, was „die größte Herausforderung nach eurer Schahada“ war, erhielt ich eine überraschende Antwort. Folgende Antworten schwebten mir vor: Lernen, wie man betet; die Begegnung mit der Familie, nachdem man Muslim geworben ist; der Wechsel zu einer Halal-Diät; Gefühle der Isolation, mögliche Kleidungsfragen usw.
Natürlich sprachen sie auch über solche Dinge, aber die erste Antwort überraschte mich. Zwei Frauen meinten beinahe gleichzeitig: „Damit aufzuhören, meine Augenbrauen [was bei den meis­ten Muslimen als verpönt gilt, Anm. d. Red.] zu zupfen!“ Warum war dies eine solch große Herausforderung? Weil es solch ein integraler Bestandteil der bishe­rigen Lebensweise ist, über den man nicht nachzudenken braucht.
Die neuen muslimischen Schwestern wollen zumeist die bestmöglichen Muslime sein. Also durchforsten sie alle möglichen Webseiten nach islamischen Inhalten, wo sie auf minutiöse Detailfragen sto­ßen, die zum Thema vieler Gespräche werden. Das normalisiert sich, wenn sie andere finden, die die gleichen Dinge praktizieren, die dann für sie zur Norma­lität werden.
Das Gebet
Die erste Herausforderung für die ­meisten neuen Muslime ist das ­Erlernen des Gebets. Dabei handelt es sich nicht nur um eine Frage des Lernens der Be­deutung und der Rezitation von Qur’ansuren beziehungsweise -versen auf Arabisch. Es gibt zusätzliche Herausforderungen für MuslimInnen, die noch bei ihren Eltern leben, oder wissen wollen, ob sie an ihrem Arbeitsplatz das Gebet verrichten können.
Bei unserem Gesprächskreis, dem Sheffield New Muslim Projekt, helfen Musliminnen das Erlernen des Gebets mit Hilfe eines Informationspakets, dass alle neuen Muslime erhalten. Dazu ge­hö­ren eine CD mit arabischen Rezitatio­nen, sowie ein Handbuch, das sie durch die verschiedenen Stadien des Gebets führt. Sollte einen Schwester weder eine Freundin, noch einen Ehemann haben, die ihr beim Gebet helfen können, erhält sie einen Mentor zugeteilt.
Weil das Gebet der Eckpfeiler des Glau­­­bens ist, brauchen die neuen Muslime Hilfe und Ermutigung, sich das tägliche Ritual anzueignen.
Wie sag’ ich’s der Familie?
Der nächste Schritt für die Mehrheit der neuen Schwestern ist die Art und Weise, wie sie es ihrer Familie darlegen, dass sie den Islam angenommen haben. Insbesondere heute, wo Islam und Muslime eine schlechte Presse haben, ahnen viele eine Berg- und Talfahrt, wenn sie es ihren Familien erzählen.
Es gibt keine Einheitslösung dafür. Jede Familie ist einzigartig – wie ihre zwischenmenschlichen Beziehungen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es loh­nenswertesten ist, wenn sich die neuen Musliminnen unserer Gruppe mit jenen austauschen, die diese Erfahrung bereits gemacht haben. Die eine möchte erst einmal eine Wissensgrundlage aufbauen, damit sie sich zu erwartenden Fragen stellen kann. Die andere lässt subtile Hinweise fallen, bis ihre Familie realisiert, was passiert ist, ohne dass man es ihr erklären muss. Es gibt aber auch Frauen, die ihre Familien insgesamt an ihrer spirituellen Reise beteiligen.
Jeder neuen Schwester, die bisher über keine Gemeinschaftsanbindung verfügt, kann ich nur empfehlen, sich einem örtlichen Kreis für neue Muslime anzuschließen. Manchmal hilft es auch, sich an eine lokale Moschee (oder gar ein muslimisches Geschäft) zu wenden, um An­schluss zu bekommen.