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Wie leben in ­Zeiten des Virus?

Ausgabe 298

Foto: deepspace, Shutterstock

(islam21c.com). Seit einiger Zeit beschäftigt sich die Welt mit dem Coronavirus und seiner Ausbreitung in vielen Ländern. Das beeinträchtigt das Leben einer beachtlichen Anzahl von Menschen, und bedeutet den Tod anderer.

Hier gibt es viele Gedanken, die den Verstand eines Muslims beschäftigen sollten, wenn er oder sie von Dingen wie diesen hört. In Folge möchte ich mich mit einigen Punkten beschäftigen, die wir kennen und verinnerlichen müssen, wenn wir dergleichen sehen oder von ihnen hören.

Prüfungen und ­Beschwernisse
Beide Dinge sind Teil des Lebens. Allah hat uns über sie informiert und vor ihnen gewarnt, sodass wir, wenn wir betroffen sind, uns daran erinnern, dass Allah am Ende unsere Angelegenheiten kontrolliert. Er ist es, Der Hilfe gibt und Sein Wissen von unseren Dingen übersteigt unseren begrenzten Geist. Hierzu sagt Er in Seinem mächtigen Qur’an: „Oder meint ihr etwa, dass ihr in den (Paradies)garten eingehen werdet, noch bevor Gleiches über euch gekommen ist, wie über diejenigen, die vor euch dahingegangen sind? Not und Leid widerfuhr ihnen, und sie wurden erschüttert, bis daß der Gesandte und diejenigen, die mit ihm glaubten, sagten: ‘Wann kommt Allahs Sieg?’ Aber wahrlich, Allahs Sieg ist nahe.“ (Al-Baqara, Sure 2, 214)

Und Er sagt an anderer Stelle: „Und Wir werden euch ganz gewiss mit ein wenig Furcht und Hunger und Mangel an Besitz, Seelen und Früchten prüfen. Doch verkünde frohe Botschaft den Standhaften, …“ (Al-Baqara, Sure 2, 155)

Und wie sollen wir uns inmitten der Beschwernis verhalten? Allah teilt uns das im direkt folgenden Vers mit: „… die, wenn sie ein Unglück trifft, sagen: ‘Wir gehören Allah, und zu Ihm kehren wir zurück.’“ (Al-Baqara, Sure 2, 156)

Ein Muslim sollte in diesem Moment geduldig sein. Er oder sie weiß, dass Allah einen niemals aufgeben wird. Noch wird Allah uns mit einer Prüfung belegen, die unsere Tragfähigkeit übersteigen wird.

Nichts Neues
Erreger wie der Coronavirus sind nichts Neues. Das Gleiche gilt für den Fakt, dass Menschen von Krankheiten befallen werden. Seine Gefährten fragten den Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben: „O Gesandter Allahs, wer unter den Leuten wird am meisten geprüft?“ Der Gesandte Allahs entgegnete: „Die Propheten, dann die Nächstbesten und dann deren Nächstbeste.“

Wir wissen, dass der große Prophet ­Ajjub, Friede sei mit ihm, mit einer großen Krankheit geprüft wurde. Seine Geschichte ist gleichbedeutend mit Geduld. Er verlor alles: Familie, Besitz und Gesundheit. Einige Überlieferungen berichten, dass er 18 Jahre lang bettlägerig war, mit schwerer Krankheit geprüft wurde; doch gab er niemals sein Vertrauen auf Allah auf und wandte sich in diesem Zustand Allah zu. Einige Gelehrte glauben, dass seine Krankheit so heftig war, dass sein Fleisch vom Körper fiel und nichts als Muskeln und Knochen blieb. Allah ­berichtet uns von Ajjubs Geschichte im Edlen Qur’an: „Und (auch) Ayyub, als er zu seinem Herrn rief: ‘Mir ist gewiss Unheil widerfahren, doch Du bist der Barmherzigste der Barmherzigen.’ Da erhörten Wir ihn und nahmen das Unheil, das auf ihm war, von ihm hinweg, und gaben ihm seine ­Angehörigen und noch einmal die gleiche Zahl dazu, aus Barmherzigkeit von Uns und als Ermahnung für diejenigen, die (Uns) dienen.“ (Al-Anbija, Sure 21, 83-4)

Die Geschichte des Propheten Ajjub ist gefüllt mit Lektionen, damit wir über sie nachdenken können. Die Tugend der Geduld wird durch ihn verkörpert – in einer der schlimmsten Situationen, die man überhaupt durchleben kann.

Schicksal
Es ist für Muslime wichtig, Vorherbestimmung zu begreifen. Kommt es zu Ereignissen wie dem Coronavirus, sollte ein Muslim wissen, dass Allah dieses vor der Schaffung der Welt bestimmt hat. Hierzu sagte der Gesandte Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben: „Allah hatte die festgelegten Maßnahmen (und angemessenen Verhältnisse) der Schöpfung fünfzigtausend Jahre vor der Erschaffung der Himmel und der Erde geschrieben.“ Alles Gute und Schlechte ist von Allah, wie es in einer Überlieferung von Dschabir heißt: „Kein Sklave Allahs wird echtes Vertrauen in Allah haben, bis er an das Schicksal glaubt – das Gute und das Schlechte darin. Und bis er weiß, dass jenes, was ihn befallen hat, ihn nicht verpassen wird, und dass das, war ihn verpasst hat, ihn nicht befallen wird.“

Allah wird uns niemals schaden oder wollen, dass uns Übles befällt. Wegen unserer beschränkten Sicht auf das Leben wird uns manches als schlecht erscheinen, aber es gibt Gutes in jeder Lage. Allah sagt uns, dass wir möglicherweise eine Sache hassen, die eigentlich gut für uns ist; und vielleicht gefällt uns etwas, wo es doch schlecht für uns ist. Aber Allah weiß, während wir nicht wissen!

Ein/e Gläubige/r hat zwei Positionen, wenn es um das Geschick geht. Eine bevor, und eine, nachdem eine Sache geschieht. Zuvor sucht sie/er Hilfe bei Allah, bittet Ihn und verlässt sich auf Ihn. Wir bitten um ein gutes Ergebnis. Danach, wenn ihre Folge positiv war, dankt die Person Allah. Im Negativfall ist sie geduldig, denn sie weiß, dass Allah sie niemals verlassen wird – auch bei einer negativen Folge. Denn Allah ist der beste Planer.

Maßnahmen
Als Muslime sollten wir nicht überreagieren. Zur gleichen Zeit dürfen wir eine solche Lage auch nicht ignorieren und nichts tun. Notwendige Mittel zu ergreifen und dann auf Allah zu vertrauen, wird im Islam betont.

Bei Tirmidhi findet sich folgender Bericht: „Eines Tages bemerkte der Prophet Muhammad, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, wie ein Beduine sein Kamel zurückließ, ohne es anzubinden. Er fragte: ‘Warum hast Du Dein Kamel nicht festgemacht.’ Der Beduine sagte: ‘Ich vertraue auf Allah.’ Darauf entgegnete der Prophet: ‘Binde Dein Kamel zuerst an und vertraue dann auf Allah.’“

‘Umar ibn Al-Khattab reiste während seiner Zeit als Kalif mit einer Gruppe Gefährten. Sie näherten sich einer Stadt, in der es eine ansteckende Krankheit geben sollte. Er befragte die Gruppe, ob man weiterreisen oder (nach Medina) heimkehren solle. Die Mehrheit sprach sich für eine Rückkehr aus. Dann sprach einer der Männer, dass er einen Bericht des Propheten kenne: „Wenn ihr von einer Krankheit in einem Land hört, dann bereist es nicht.“ Also entschied sich ‘Umar zur Rückkehr. Ein anderer Gefährte wollte von ihm wissen, ob er vor dem Geschick fliehe. ‘Umar entgegnete ihm, dass sie sich von einem zu Qadr zu einem anderen fortbewegten.

Wann immer es ein Problem, eine ­Herausforderung oder eine Schwierigkeit gibt, die wir beseitigen, überwinden, lösen oder minimieren können, müssen wir dies tun. Moderne Gesundheitsrichtlinien sind eigentlich normale Handlungen für Muslime:

1. Händewaschen ist ein Teil der Gebetswaschung. Ein mehrmaliges, tägliches Ritual der Reinigung.

2. Allgemeine Sauberkeit ist Teil der Religion. Der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sagte: „Sauberkeit ist Teil des Dins.“ Die ­Ordnung unserer Umgebung, das eigene Aufräumen oder das Sauberwischen von Oberflächen sind alles Aspekte der ­Reinheit, an denen wir in solchen Lagen festhalten müssen.

3. Mund zu beim Niesen. Der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, bedeckte den Mund beim Niesen. Diese grundlegende Höflichkeit kann eine Rolle bei der Unterbindung der Verbreitung von Erregern spielen. „Wenn der Prophet nieste, bedeckte er den Mund mit seiner Hand oder einem Tuch.“

4. Quarantäne in Zeiten der Virulenz. Der Gesandte Allahs gab Anweisungen, was zu tun sei bei einem Ausbruch. Abdarrahman ibn ‘Auf sagte: „Ich hörte den Propheten sagen: ‘Wenn ihr davon (einer Seuche) in einem Land hört, dann geht dort nicht hin. Und wenn sie in einem Land ausbricht, in ihr seid, dann verlasst es nicht, um vor ihr zu fliehen.’“

Positivität
Ungeachtet der Lage, in der wir uns befinden, sollten wir immer einen positiven Ausblick haben. Das lehrte uns der Gesandte Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, wenn er uns sagte: „Erstaunlich sind Angelegenheit der Gläubigen. Wahrlich, all seine Angelegenheiten sind gut und dies gilt nur für ihn. Wenn ihm etwas Gutes oder Glückliches widerfährt, ist er dankbar und das ist gut für ihn. Wenn ihm Schaden widerfährt, ist er geduldig und das ist gut für ihn.“ Er sagte auch: „Es gibt keine Vorzeichen, aber das Beste davon ist Optimismus.“

Betrachten wir das prophetische Leben, dann war er häufig optimistisch in einer drängenden Lage. Und auch bei gedrückter Stimmung war der Prophet, möge ­Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, zuversichtlich. So glaubten seine Gefährten, möge Allah mit ihnen allen zufrieden sein, während einer Belagerung Medinas, dass es keinen Ausweg gäbe. Und in diesem Moment sah er, wie sich Allahs Din über die Grenzen Arabiens nach Damaskus, Persien und Jemen ausbreitete.

Wir sollten auch andere nicht beschuldigen oder verspotten, weil sie aus einem bestimmten Land stammen oder aus einem Teil der Welt kommen, der vom Coronavirus betroffen ist. Leider haben wir physische Angriffe auf Menschen gesehen, rassistische Äußerungen wurden gemacht und reißen Witze über die Lage anderer.

Schlussfolgerung
Das Coronavirus erinnert uns an unseren schwachen Zustand. Unabhängig von unserer Stellung und unserer finanziellen Situation sind wir hilflos. Allah sagt in Seinem Edlen Qur’an: „Und der Mensch wurde schwach erschaffen.“ (An-Nisa, 4, 28)

Situationen wie diese erinnern uns daran, uns erneut Allah zuzuwenden. Er kontrolliert alles und ist Derjenige, Der uns von unseren Schwierigkeiten befreien kann. Wir müssen zu Allah zurückkehren und um Seinen Schutz bitten.