Yusra Mardini: Flüchtling, Lebensretterin, Olympionikin

Foto: IOC

(iz). Heute ist sie Berlinerin und vertritt fast 60 Millionen Menschen bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro. Yusra Mardini gehört zum Team Refugee, einer Auswahl aus zehn Athleten, die alle Menschen, die derzeit gezwungen sind, aus ihrer Heimat zu fliegen, auf der großen Bühne repräsentieren soll.
2015 machte sie sich auf die Reise ins Ungewisse. Weil es in Syrien immer unsicherer wurde und der Krieg ein normales Leben unmöglich machte, entschlossen Yusra Mardini und ihre Schwester sich gemeinsam mit ein paar Verwandten, über den Libanon und der Türkei nach Griechenland zu flüchten.
Die heute 18-Jährige ist Schwimmsportlerin, das ehamals vielversprechendste Talent Syriens. Mit gerade einmal 14 Jahren stellte sie bei den Kurzbahnweltmeisterschaften 2012 in Istanbul den Landesrekord über 400m Freistil auf. Wenig später eskalierte die Situation in ihrer Heimat immer mehr. „Manchmal schwammen wir in Becken, über denen die Dächer weggebombt wurden”, erzählt sie „The Indipendent”.
Ihr Talent sollte in naher Zukunft Leben retten.
Die Heimat im Chaos hinter sich gelassen, stieg sie in ein Boot, das sie von der Türkei nach Griechenland bringen sollte. Nach nur 30 Minuten fiel der Motor aus. Er hielt die Last nicht aus. Sie waren 20 Menschen auf einem Boot für sechs. Auch nachdem die Insassen damit begannen, ihr Gepäck ins Wasser zu werfen, drohte das Boot weiter zu sinken. Fast niemand konnte schwimmen. Yusra Mardini und ihre Schwester, die auch Leistungsschwimmerin ist, sprangen ins Meer. Mit einem Seil befestigt schleppten sie schwimmend das Boot Richtung der griechichen Insel Lesbos.
Sie schafften es. Sie retteten mehreren Menschen das Leben. Nach einer Odyssee durch Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich, erreicht sie ihr Ziel: Berlin. Der Traditionsverein „Wasserfreunde Spandau 04″ gab ihrer Leidenschaft eine neue Heimat. „Ich hatte nichts, als ich zum ersten Mal zum Training meines Berliner Schwimmvereins kam”, sagt Mardini auf einer der mittlerweile zahlreichen Pressetermine. „Sie haben mich mit allem ausgestattet, der Klub ist zu meiner Familie geworden.”
Sie trainiert am frühen Morgen zwei Stunden, geht dann zur Schule und trainiert nachmittags weiter. Ihr Trainer Sven Spannekrebs erkannte schnell das Potenzial des neuen Vereinsmitglieds und wollte sie auf die Olympia 2020 in Tokio für die deutsche Auswahl vorbereiten.
Zeitgleich entwickelte das Olympische Komittee aber die Idee eines Flüchtlingsteam, das in Rio unter neutraler Flagge mitmachen soll. Neben neun anderen Flüchtlingen aus Syrien, dem Südsudan, Kongo und Äthiopien wird auch Yusra Mardini nominiert. Sie vertritt nun Millionen Vertriebene im olympischen Becken beim 100 Meter Schmetterling, 100 und 200 Meter Freistil.
“Ich möchte zeigen, dass Flüchtlinge nicht nur Opfer sind. Wir können etwas leisten und erreichen. Wir sind jemand”, zeigt sie sich im „Handelsblatt” zielsicher. Noch zählt sie nicht zu den Anwertern für eine Gold-Medaille, Publikumsliebling ist sie aber bereits.