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Zwischen Hoffnung und Furcht

Ausgabe 303

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(iz). „Ruft euren Herrn in Demut und im verborgenen an. Wahrlich, Er liebt die Übertreter nicht.“ (Al-’Araf, Sure 7, 55)

Allah vereinte Furcht und Hoffnung, damit Seine Diener furchtsam und voller Hoffnung sind, wie Er, der Erhabene, im Qur’an sagt: „(…) und hoffen auf Sein Erbarmen und fürchten Seine Strafe.“ (Al-Isra’, Sure 17, 57)

Was für die Furcht notwendig ist, ist die Anerkennung der Kontrolle Allahs und die Stärke Seiner Bestrafung. Und was für Hoffnung nötig ist, ist die Anerkennung Seiner Barmherzigkeit und die Weite der Belohnung durch Ihn. Er, gepriesen sei Er, sagt im Qur’an: „Verkünde Meinen Dienern, dass Ich wahrlich der Allverzeihende, der Barmherzige bin, und dass Meine Strafe die schmerzliche Strafe ist.“ (Al-Hidschr, Sure 15, 49-50)

Wer das Geschenk von Allah kennt, der hofft darauf, und wer Seine Strafe kennt, der fürchtet sie – in diesem Sinne wurde ebenfalls ein Hadith überliefert. Wenn Furcht und Hoffnung des Mumins abgewogen würden, dann wären sie gleichwertig. Es ist aber für den Sklaven Allahs empfehlenswert, dass seine Furcht seine Hoffnung übersteigt, sodass ihn dies zu Handlungen des Gehorsams und zum Verlassen von falschen Taten antreibt. Jedoch sollte er im Augenblick seines Todes von der Hoffnung bestimmt werden, denn der ­Prophet sagte: „Niemand von euch sollte sterben, es sei denn mit einer guten Meinung von Allah.“

Furcht hat drei Stufen
Zuerst ist sie schwach, erscheint nur im Herzen und hat keine Auswirkung auf das Innere oder das Äußere. In diesem Zustand ist es, als würde sie nicht bestehen.

Zweitens wird sie so stark, dass sie den Diener von seiner Nachlässigkeit erweckt und ihn dazu bewegt, aufrechter zu sein.

Drittens wird sie so stark, dass sie sich in Verzweiflung und Verlust von Hoffnung steigern kann, und dies ist nicht erlaubt. Dies entspricht auch dem Rat von Ja’qub an seine Söhne: „O meine Söhne, zieht aus und forscht nach Jusuf und seinem Bruder und zweifelt nicht an Allahs Erbarmen; denn an Allahs Erbarmen zweifelt nur das ungläubige Volk.“ (Al-Yusuf, Sure 12, 87)

Die beste aller Angelegenheiten ist jene, die sich auf dem Mittleren Weg bewegt. Es gibt drei Stufen der Furcht. Die Furcht der Allgemeinheit ist die vor falschen Handlungen. Genauso wie falsche Handlungen aus Akten des Ungehorsams bestehen können, so ­können sie auch in Auslassungen bestehen. Als Beispiel dafür mag die Aussage von Ibn Mas’ud herhalten: „Der Mumin sieht seine falschen Handlungen, als ob sie ein Berg wären, der über ihm zusammenbrechen kann. Die verdorbene Person sieht ihre falschen Handlungen, als wäre sie eine Fliege über ihrer Nase.“ (Al-Bukhari)

Die Furcht der Elite unter den Muminun ist vor dem Siegel (des Schicksals), und aus diesem Grund gibt es das Bittgebet der Rechtschaffenen um ein gutes Siegel ihres Schicksals. Das heißt, dass wir im Zustand des Tauhid oder der richtigen Handlung, und nicht im Zustand von Kufr, Zweifel und falscher Handlung sterben. Der Gesandte Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sagte in einem Hadith von Ibn Mas’ud überliefert: „Bei Allah, ein Mann wird Handlungen der Leute des Gartens vollziehen, bis ihn nur noch eine Kleinigkeit davon trennt, dann wird ihn das Schicksal einholen und er wird die Handlungen der Leute des Feuers vollziehen und darin eingehen. Und ein Mann wird Handlungen der Leute des Feuers begehen, bis ihn nur noch eine Kleinigkeit davon trennt. Dann wird ihn das Schicksal erreichen, er wird Handlungen der Leute des Gartens vollziehen und darin eintreten.“ (Al-Bukhari)

Die Furcht der Auserwählten der Elite ist jene vor dem vorherbestimmten Schicksal, denn das Siegel des Schicksals beruht darauf. In einem Hadith über die Erschaffung des Menschen im Schoße seiner Mutter heißt es: „Dann entsendet Allah einen Engel zu ihm und ihm sind vier Dinge aufgetragen: die Aufzeichnung seiner Versorgung, seiner Lebenszeit, seiner Handlungen und ob er glücklich oder traurig sein wird.“ Das heißt, glücklich wegen seiner Anwesenheit im Garten oder traurig wegen seiner Anwesenheit im Feuer.

Analog zur Furcht gibt es auch Stufen der Hoffnung. Die erste ist die Hoffnung auf die Barmherzigkeit Allahs gemeinsam mit jenen Dingen, die die Ursache für ihre Erreichung sind wie Handlungen des Gehorsams und die Aufgabe des Ungehorsams. Dies ist eine lobenswerte Form der Hoffnung. Die zweite ist die Hoffnung, die übermäßiges Verhalten und Handlungen des Ungehorsams begleitet. Sie ist Selbst-Betrug. Sie wird manchmal Amal genannt im Gegensatz zu ‘Amal, was Handlung, Arbeit und Tat bedeutet. Die dritte Form ist, wenn die Hoffnung eines Menschen so stark wird, dass man einen Sinn von Sicherheit erlangt. Dies ist verboten. „Sind sie denn sicher vor dem Plan Allahs? Aber niemand kann sich vor dem Plan Allahs sicher fühlen, außer dem Volk der Verlierenden.“ (Al-’Araf, Sure 7, 99)

Menschen haben drei Stationen in Hinblick auf die Hoffnung. Die Stufe der Allgemeinheit ist Hoffnung auf Belohnung von Allah. Der Rang der Elite ist die Hoffnung auf die Zufriedenheit Allahs. Und aus diesem Grund gibt es das entsprechende Bittgebet: „O Allah, ich bitte um Deine Zufriedenheit und den Garten und was immer mich mit Worten und Handlungen Dir näher bringt. Ich suche bei Dir Zuflucht vor Deiner Unzufriedenheit und dem Feuer und was immer an Worten und Taten mich dem näher bringt.“ Der Zustand der Auserwählten unter der Elite besteht in der Hoffnung auf die Begegnung mit Allah wegen der Liebe zu Ihm und der Sehnsucht nach Ihm.

„Sprich: ‘Ich bin nur ein Mensch wie ihr, doch mir ist offenbart worden, dass euer Gott ein Einziger Gott ist. Möge denn derjenige, der auf die Begegnung mit seinem Herrn hofft, gute Werke tun und keinen anderen einbeziehen in den Dienst an seinem Herrn.’“ (Al-Kahf, 110)